Tauchstation
Das jedenfalls will uns der Monitor des Seitenortungssonars weismachen.«
»Der Abgrund ist auf jeden Fall erheblich tiefer als zwei oder drei Meter«, stellte Suzanne fest.
»Ganz meine Meinung«, stimmte Donald ihr zu.
»Jetzt hören Sie mir gefälligst zu!«, verlangte Perry erneut. »Sie machen mir allmählich Angst.«
Suzanne wandte sich kurz zu ihm um. »Wir wollen Ihnen keine Angst einjagen. Uns ist nur im Moment etwas schleierhaft, was mit unseren Geräten los ist.«
»Ich kann mir nur eins vorstellen«, versuchte Donald ei ne Erklärung. »Hier am Rand der Felsformation muss es ei ne irrsinnige thermische Schicht geben. Sonst müsste das Sonar doch irgendetwas orten!«
»Könnten Sie das vielleicht mal für einen Otto-Normalverbraucher übersetzen?«, knirschte Perry.
»Extreme Temperaturgefälle können die Schallwellen ab lenken«, erwiderte Suzanne. »Vielleicht haben wir es mit ei nem solchen Phänomen zu tun.«
»Um die Tiefe bis zum Grund messen zu können, müs sen wir drei bis fünf Meter runtergehen«, erklärte Donald. »Ich verringere unseren Auftrieb ein wenig, aber zunächst nehme ich eine kleine Kursänderung vor.«
Er betätigte mehrmals die Bugstrahlruder an der Steuer bordseite und manövrierte die Oceanus stückchenweise über die Längsachse des Lochs. Dann erhöhte er den Ballast ein wenig, und das Boot begann allmählich zu sinken.
»Vielleicht sollten wir lieber umkehren«, drängte Perry. Er sah nervös zwischen dem Bullauge und dem Monitor des Seitenortungssonars hin und her.
In diesem Moment knatschte es aus den Lautsprechern der UQC-Anlage, und Larry meldete sich. »Tauchstation an Oceanus. Die Tauchglocke wird in diesem Augenblick von der Deck-Dekompressionskammer abgedockt. In etwa zehn Minuten passieren die Taucher die Einhundertundfünfzig Meter-Marke.«
»Roger, Tauchstation«, informierte Donald. »Wir befin den uns etwa dreißig Meter westlich des Bohrlochs und prüfen, ob wir hier innerhalb einer Felsformation auf eine extreme thermische Schicht gestoßen sind. Jedenfalls sieht es stark danach aus. Unter Umständen sind wir vorüberge hend nicht erreichbar, aber wir sind rechtzeitig an Ort und Stelle, wenn die Taucher unten ankommen.«
»Verstanden«, knatschte Larrys Stimme aus den Lautsprechern.
»Sehen Sie sich nur diese glänzenden Felswände an!«, rief Suzanne entzückt, als das U-Boot langsam in das riesige Loch hinabsank. »Sie sind vollkommen glatt. Als ob sie aus Obsidian wären!«
»Schluss jetzt mit diesen Experimenten!«, befahl Perry. »Lassen Sie uns endlich zum Bohrloch zurückkehren.«
»Ob wir womöglich auf den Krater eines erloschenen Vulkans gestoßen sind?«, fragte Donald. Über sein ansons ten so strenges Gesicht huschte ein Lächeln.
»Durchaus denkbar«, stimmte Suzanne ihm juxend zu. »Allerdings muss ich gestehen, dass ich noch nie von einer derart geradlinigen Caldera gehört habe.« Sie musste über ihre eigenen Worte lachen. »Irgendwie erinnert mich unser Abtauchen in dieses Loch an Jules Vernes ›Die Reise zum Mittelpunkt der Erde‹.«
»Warum?«, fragte Donald.
»Haben Sie das Buch gelesen?«
»Ich lese keine Romane«, stellte Donald angewidert klar.
»Stimmt ja, das hatte ich ganz vergessen. Egal, jedenfalls betreten die Protagonisten des Romans durch einen erlo schenen Vulkan eine bisher unberührte Welt in den Tiefen der Erde.«
Donald schüttelte den Kopf und ließ dabei die Anzeige des Thermistors nicht aus den Augen. »Was für eine Zeit verschwendung, so einen Mist zu lesen. Dabei gibt es so viele interessante technische Fachzeitschriften. Da kann man doch nicht auch noch in Romanen schmökern!«
Suzanne setzte zu einer Antwort an, doch dann überlegte sie es sich anders. Was Literatur und die Kunst im Allgemei nen anging, war Donald ein Starrkopf, und jeder Versuch, ihn eines Besseren zu belehren, war ohnehin zwecklos.
»Ich will Ihnen ja nicht auf die Nerven fallen«, meldete sich Perry erneut zu Wort. »Aber ich...«
Das Ende des Satzes blieb für ewig unausgesprochen, denn auf einmal sackte die Oceanus wie ein Stein in die Tie fe. Donald schrie: »Gott Allmächtiger!«
Perry krallte sich mit solcher Kraft an seinem Sitz fest, dass seine Knöchel weiß wurden. Dass sie immer schneller in die Tiefe sanken, versetzte ihn ohnehin schon in Panik, aber noch mehr beunruhigte ihn der untypische Gefühls ausbruch des U-Boot-Kommandanten. Wenn sogar der un erschütterliche Donald Fuller aus der Ruhe geriet,
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