Tauchstation
Erdbeben?«, platzte Perry entgeistert heraus.
»Vielleicht erwacht auch gerade dieser alte Vulkan zu neuem Leben«, rätselte Suzanne. »Wäre es nicht der absolu te Wahnsinn, wenn wir Zeugen eines solchen Schauspiels würden?«
»Oje!«, stöhnte Donald. »Irgendwas stimmt hier nicht!«
»Wo ist das Problem?«, fragte Suzanne und ließ wie Do nald schnell ihren Blick über die Messinstrumente, Anzei gen und Monitore in ihrem unmittelbaren Sichtfeld schwei fen. Hier befanden sich die wichtigsten Geräte zum Manövrieren des U-Boots. Alles schien in Ordnung.
»Das Echolot!«, platzte Donald mit ungewohnter Dring lichkeit heraus.
Suzannes Augen schossen zu der Digitalanzeige hinunter, die sich zwischen den Sitzplätzen der beiden U-Boot- Führer in Bodennähe befand. Die angezeigten Meter bis zum Grund fielen in alarmierender Geschwindigkeit.
»Was ist passiert?«, fragte sie. »Meinen Sie, die Lava in dem Schacht steigt?«
»Nein!«, stöhnte Donald. »Wir sinken! Dabei habe ich bereits jede Menge Luft in die Ballastzellen geblasen! Wir haben überhaupt keinen Auftrieb mehr!«
»Aber sehen Sie sich die Druckanzeige an!«, wandte Su zanne aufgeregt ein. »Sie steigt nicht! Wie können wir da sinken?«
»Dann funktioniert sie eben nicht«, entgegnete Donald angespannt. »Es besteht nicht der geringste Zweifel, dass wir sinken. Sehen Sie doch aus dem verdammten Bullauge!«
Suzanne starrte aus dem Fenster. Donald hatte Recht. Sie sanken tatsächlich. Die glatte Felswand schoss in rasantem Tempo an ihrem Auge vorbei, und zwar nach oben.
»Ich versuche einen Notaufstieg!«, entschied Donald hei ser. »Blase sämtliche Ballasttanks aus! In dieser Tiefe bringt das zwar nicht viel, aber sonst fällt mir auch nichts mehr ein.«
Für einen kurzen Moment übertönte die entweichende Pressluft Strawinskys Rite of Spring, doch nach zwanzig Se kunden war es wieder still. In dieser Tiefe war der Druck so hoch, dass die Presslufttanks in null Komma nichts geleert waren. Das Boot sank unaufhörlich weiter.
»Tun Sie irgendetwas!«, schrie Perry.
»Ich kann nichts tun«, brüllte Donald zurück. »Die In strumente reagieren nicht mehr. Ich habe die Kontrolle über das Boot verloren.«
K APITEL 5
Mark Davidson lechzte nach einer Zigarette. Er war dieser Sucht vollkommen ausgeliefert, allerdings fiel es ihm leicht, das Rauchen aufzugeben, denn er versuchte es ungefähr einmal pro Woche. Seine Gier nach einem Glimm stängel überkam ihn in den unterschiedlichsten Situationen und immer mit nicht zu bändigender Macht: wenn er sich entspannte, wenn er arbeitete oder wenn er nervös war. Und im Augenblick war er sehr nervös. Für ihn waren und blieben Tiefseeoperationen immer eine Reise ins Ungewis se; man wusste nie, wie die Sache ausging, und jederzeit konnte irgendetwas furchtbar schief gehen.
Er warf einen Blick auf die Wanduhr der Tauchstation. Sie hatte einen überdimensionalen Sekundenzeiger, dessen erbarmungsloses Voranschreiten einen unaufhörlich daran erinnerte, wie die Zeit verrann. Seit dem letzten Kontakt mit der Oceanus waren inzwischen zwölf Minuten vergangen. Auch wenn Donald ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass sie womöglich vorübergehend nicht erreichbar wären, schienen zwölf Minuten ungewöhnlich lang. Insbe sondere beunruhigte es Mark, dass das U-Boot auf die letz te Meldung von Larry Nelson nicht reagiert hatte; er hatte durchgegeben, dass die Taucher die Einhundertundfünfzig-Meter-Marke passiert hatten.
Mark starrte die Marlboro-Packung an, die er beim Betreten der Tauchstation auf der Ablagefläche deponiert hatte. Er musste sich mit aller Kraft zusammenreißen, nicht eine Zigarette herauszunehmen und anzuzünden. Dum merweise war das Rauchen neuerdings in sämtlichen Gemeinschaftsbereichen des Schiffs verboten, und Kapitän Jameson achtete peinlich genau auf die Einhaltung der Vor schriften.
Mit einiger Mühe löste Mark seinen Blick von der Zigarettenpackung. Er musterte die sonstigen Anwesenden. Au ßer ihm schienen alle ruhig zu sein, was ihn noch mehr auf die Palme brachte. Larry Nelson saß regungslos vor den Monitoren zur Überwachung der Tauchoperation; neben ihm saß Peter Rosenthal, der Sonar-Techniker. Direkt hinter ihnen, vor dem Schaltpult, standen zwei Männer, deren Augen unentwegt über die diversen Druckanzeigen der beiden sich unter Druck befindlichen Deck-Dekompressionskam mern und der Tauchglocke glitten, während sie ansonsten ebenfalls regungslos auf der
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