Tauchstation
tatsächlich in eine enge Senke hinabgetaucht war, war so eine Katastrophe durchaus denkbar.
»Lassen Sie mich mit den Tauchern sprechen!«, verlang te er, ging zu Larry und nahm sich das Mikrofon. Während er überlegte, was er sagen wollte, starrte er auf den Monitor, auf dem von oben die Köpfe der drei Männer und ihre ver kürzt erscheinenden Körper zu sehen waren.
»Scheiße, Alter!«, schimpfte Michael. »Du hast mir gerade in die Eier getreten!« Seine Stimme klang wie eine Aneinan derreihung verschiedener Kreisch- und Quietschtöne und war für normale Menschen weit gehend unverständlich. Die Verzerrung rührte daher, dass er an Stelle von Stickstoff Helium atmete.
Bei einem Druck, wie er in dreihundert Metern Meerestiefe herrschte, entfaltete Stickstoff eine betäubende Wir kung. Indem man den Stickstoff durch Helium ersetzte, löste man dieses Problem, doch die Stimme veränderte sich extrem. Die Taucher hatten sich daran gewöhnt. Sie klan gen zwar wie Donald Duck, doch sie konnten sich problem los verständigen.
»Dann komm mir gefälligst nicht mit deinen verdamm ten Eiern in die Quere!«, raunzte Richard. »Ich kriege diese Scheiß-Schwimmflossen nicht an.«
Die drei Taucher hockten eng aneinander gequetscht in der Tauchglocke, deren Druckkörper eine Kugel mit einem Durchmesser von zweieinhalb Metern war. Neben ihnen befand sich auf dem engen Raum auch noch ihre gesamte Tauchausrüstung, etliche hundert Meter zusammengelegter Schlauch sowie alle sonstigen erforderlichen Instru mente.
»Ich soll dir nicht in die Quere kommen?«, spöttelte Mi chael. »Soll ich mal kurz rausgehen, oder wie stellst du dir das vor?«
Plötzlich knatschte es aus dem Lautsprecher. Er befand sich über ihren Köpfen in der Spitze der Kugel, direkt ne ben einer kleinen Videokamera mit Fischauge. Die Taucher wussten zwar, dass sie permanent überwacht wurden, doch sie scherten sich nicht die Bohne darum.
»Darf ich kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten!«, dröhnte Mark aus dem Lautsprecher. Im Gegensatz zu den Stim men der Taucher klang seine relativ normal. »Hier spricht der Einsatzleiter.«
»Verdammter Mist!«, fluchte Richard und starrte die wi derspenstige Schwimmflosse an. »Kein Wunder, dass ich das Mistding nicht ankriege! Es ist deine Flosse, Donaghue.« Im nächsten Augenblick klatschte er Michael die Flosse oh ne Vorwarnung auf den Kopf. Der Schlag störte Michael nur insofern, als er ihm seine geliebte Red-Sox-Kappe vom Kopf fegte. Die Kappe landete im Rumpf der Kugel, direkt neben der verschlossenen Luke.
»He, wehe es bewegt sich einer von euch!«, rief Michael aufgebracht. »Los, Mazzola, hol mir die Kappe zurück! Ich will nicht, dass sie nass wird.« Michael hatte bereits seine komplette Tauchmontur angelegt; er trug seinen Neoprentrockenanzug, hatte sich den Gürtel mit den Gewichten umgelegt und seine Tarierweste angezogen. Derart einge packt war es ihm unmöglich, sich zu bücken und die Kappe aufzuheben.
»Meine Herren!«, wiederholte Mark, diesmal etwas lau ter und mit mehr Nachdruck.
»Halt’s Maul«, krakeelte Louis. »Auch wenn ich in der Glocke bleibe, bin ich noch lange nicht dein Sklave.«
»Jetzt spitzt mal eure verdammten Ohren, ihr Rindvie cher!«, ertönte jetzt Larrys Stimme schrill aus dem kleinen Lautsprecher und hallte in der beengten Kugel so laut von allen Seiten wider, dass es fast in den Ohren schmerzte. »Mr Davidson will euch etwas mitteilen, also haltet gefälligst eure verdammten Mäuler.«
Richard drückte Michael die Flossen in die Hände und sah zur Kamera hoch. »Ist ja schon gut, wir hören.«
»Bleibt einen Moment auf Stand-by«, knatschte Larrys Antwort zurück. »Wir haben vergessen, den Helium-Ent zerrer einzuschalten.«
»Dann gib mir jetzt endlich meine Flossen«, wandte Ri chard sich in der Zwischenzeit an Michael.
»Du meinst, die Dinger, die ich anhab, sind gar nicht meine Flossen?«
»Oh, Mann«, stöhnte Richard entnervt, »wenn du deine Flossen in den Händen hältst, kannst du sie wohl schlecht an den Füßen haben. Spatzenhirn!«
Michael klemmte sich die Flossen unter den Arm, beugte sich schwerfällig vornüber und streifte sich die anderen um ständlich von den Füßen. Richard riss sie ihm verächtlich aus der Hand. Beim Versuch, gleichzeitig in ihre jeweiligen Flos sen zu schlüpfen, stießen sie unentwegt mit voller Wucht aneinander.
»Okay, Männer«, meldete sich Larrys Stimme erneut. »Der Entzerrer ist jetzt eingeschaltet. Hört
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