Tauchstation
Felsspalte befindet. Und achtet auch auf die Wassertemperatur. Offenbar gibt es irgendwo da unten ein extremes Temperaturgefälle.«
»Verstanden«, sagte Richard.
»Und vergesst nicht«, meldete Larry sich noch einmal, »ihr könnt maximal eine Stunde und fünfzig Minuten drau ßen bleiben. Geht auf keinen Fall höher als dreieinhalb Me ter über die Tauchglocke. Und keine eigenmächtigen Ma növer, die alles vermasseln. Verstanden?«
»Verstanden«, wiederholte Richard. Larrys Ermahnung entsprach den Standardhinweisen bei jedem Sättigungs tauchgang.
»Und jetzt zu dir, Louis«, fuhr Larry fort. »Für das Atem gas gilt folgendes Mischungsverhältnis: eineinhalb Prozent Sauerstoff und achtundneunzigeinhalb Prozent Helium. Ist das unten angekommen?«
»Ist angekommen«, erwiderte Louis.
»Noch ein letzter Hinweis für den roten und grünen Taucher«, sagte Larry ernst. »Ich will nicht, dass einer von euch Obermachos irgendein Risiko eingeht! Seid also vor sichtig!«
»Alles klar«, entgegnete Richard und hielt zur Befriedi gung ihrer Zuschauer einen hochgereckten Daumen in die Kamera. Gleichzeitig sah er Michael mit höhnischem Ge sichtsausdruck an und sagte: »Uns hier unten zur Vorsicht zu ermahnen, ist genauso, als würdest du deinen Kindern sagen, sie sollen gut auf sich aufpassen, bevor du sie zum Spielen auf die Autobahn schickst.«
Michael nickte, doch er hatte gar nicht zugehört. Die Vorbereitung auf den Tauchgang erforderte seine volle Auf merksamkeit. Konzentriert befestigte er den Versorgungs schlauch an der vorgesehenen Stelle und suchte die sonsti gen erforderlichen Instrumente zusammen. Als er fertig war, reichte Louis ihm seine Vollgesichts-Tauchermaske, die in einen hellen orangen Helm aus Fiberglas eingearbeitet war. Michael klemmte sich den Helm unter den Arm und wartete auf Richard. Trotz seiner langjährigen Erfahrung hatte er immer noch jedes Mal ein nervöses Gefühl in der Magengegend, bevor er ins Wasser ging.
Richard legte ebenfalls konzentriert seine Ausrüstung an. Als er fertig war, nahm er zwei Unterwasserlampen, machte sie einmal probehalber an und reichte eine an Michael wei ter. Dann nickte er ihm zu, und sie setzten sich beide ihre Helme auf.
Als Nächstes öffnete Louis die Ventile für ihre Versor gungsschläuche, und sie checkten noch einmal die einzelnen Funktionen. Zuerst überprüften sie die Atemgaszufuhr, dann die Warmwasserversorgung, die in dieser Tiefe ungeheuer wichtig war. Das Wasser hatte hier unten nur eine Temperatur von zwei Grad, und wenn die Körper der Tau cher zu sehr abkühlten, war ihre Einsatzfähigkeit extrem be schränkt. Zum Schluss testeten sie die Kommunikations leitungen und die Sensoren zur Überprüfung ihrer essenziellen Körperfunktionen. Als sie sich vergewissert hat ten, dass alles ordnungsgemäß funktionierte, informierte Louis die Kontrollstation und erbat für die Taucher die Er laubnis, ins Wasser zu gehen.
»Erlaubnis erteilt«, schnarrte Larrys Stimme aus dem Lautsprecher. »Ausstiegsluke öffnen!«
Mit einiger Mühe und unter unwirschem Gegrunze hievte Louis seinen massigen Körper in den Rumpf der Glocke.
»Meine Kappe!«, rief Michael. Durch die Maske klang seine Stimme gedämpft und wurde zudem beinahe vom entweichenden Atemgas übertönt.
Louis hob die Kappe auf und reichte sie Michael, der sie vorsichtig an einen der in der Glocke reichlich vorhandenen Haken hängte. Er behandelte die Kappe wie sein wertvolls tes Besitzstück. In Wahrheit betrachtete er sie als seinen Glücksbringer, doch das behielt er lieber für sich.
Louis entriegelte die Druckluke zur Ausstiegsschleuse, hob sie mit einiger Kraftanstrengung an und hakte sie an der Wand fest. Unter ihnen füllte sich der Rumpf mit dem leuchtenden, aquamarinblauen Wasser, das bedrohlich emporbrodelte. Als es wie vorgesehen genau am Rand der Druckluke aufhörte zu steigen, atmeten alle drei Insassen der Glocke erleichtert auf. Sie wussten zwar, dass es nicht weiter steigen würde, aber sie wussten auch, dass es für sie kein Entkommen gab, falls es doch weiter steigen sollte.
Richard hielt Michael den hochgereckten Daumen ent gegen. Michael erwiderte die Geste, woraufhin Richard vor sichtig in den Rumpf hinabstieg, sich losließ und die Ausstiegsluke am Boden der Glocke öffnete.
Endlich aus der beengten Tauchglocke herauszukom men, war für Richard stets von neuem ein befreiendes Ge fühl, geradeso als ob er neu geboren würde. Die plötzliche Freiheit war
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