Tauchstation
weit.
»Ich glaube, da ist eine Spalte hinter dem Felskamm«, berichtete Richard. »Das muss die Senke sein.«
Louis gab die Information umgehend an die Tauchstati on weiter. Obwohl man die Taucher dort ebenfalls hörte und ihnen auch Anweisungen erteilen konnte, zog Larry es vor, mit dem Mann in der Tauchglocke zu kommunizieren. Die Kombination der durch das Helium verfremdeten Stimmen und der lauten Atemgeräusche machte eine Verständi gung mit den Tauchern selbst bei eingeschaltetem Helium entzerrer nahezu unmöglich. Deshalb war es viel effizienter, sämtliche Kommunikation über den Mann in der Tauch glocke laufen zu lassen, der seine Kollegen im Wasser auf Grund seiner Erfahrung trotz verzerrter Sprache problem los verstand.
»Roter Taucher!«, rief Louis. »Die Kontrollstation will wissen, ob ihr Sichtkontakt zur Oceanus habt.«
»Negativ«, erwiderte Richard.
»Seht ihr eine Felsspalte oder ein Loch?«, leitete Louis die nächste Frage der Kontrollstation weiter.
»Im Moment nicht«, meldete Richard, »aber wir tauchen jetzt hinter dem Felsgrat ab.«
Richard und Michael überschwammen den Grat und tauchten auf der anderen Seite die Felswand hinab.
»Der Felsen ist glatt wie Glas«, stellte Richard fest. Mi chael nickte und ließ seine Hand kurz über die Wand glei ten.
»Ihr habt nur noch dreißig Meter Schlauch«, warnte Louis die beiden und nahm schnell die letzten Schlingen vom Haken, wobei er leise vor sich hin fluchte. In Kürze würde er die beiden Schläuche komplett wieder aufrollen müssen. Es kam nur sehr selten vor, dass die Taucher sich so weit von der Glocke entfernten, und wenn sie es doch ein mal taten, war ausgerechnet er zum Innendienst ver donnert.
Richard stoppte abrupt. Er griff nach Michaels Arm, bedeutete ihm, ebenfalls innezuhalten, und zeigte auf sein Armbandthermometer. Michael warf einen Blick auf sein ei genes und glaubte, seinen Augen nicht zu trauen.
»Drastische Änderung der Wassertemperatur«, meldete Richard an Louis. »Sie ist plötzlich um siebenunddreißig Grad gestiegen. Stell sofort die Heißwasserzufuhr ab!«
»Willst du mich verarschen, roter Taucher?«, fragte Louis.
»Michaels Thermometer zeigt das Gleiche an«, stellte Ri chard klar. »Es ist, als ob wir in eine Wanne mit heißem Wasser gestiegen wären.«
Während sie hinabgetaucht waren, hatte Richard den Strahl seiner Taschenlampe nach unten gerichtet, um den Grund der Senke ausfindig zu machen. Da kein Ende zu er kennen war, leuchtete er jetzt die Seiten ab. Am äußersten Ende des Lichtkegels konnte er ganz schwach eine weitere Felswand erkennen, die derjenigen, an der sie gerade hinab getaucht waren, genau gegenüberlag.
»Das gibt’s doch gar nicht!«, rief Richard. »Wie es aus sieht, sind wir hier in einer riesigen Spalte gelandet. Ich kann gerade so eben die andere Seite sehen. Die Spalte muss fünfzehn Meter breit sein.«
Michael tippte Richard auf die Schulter und zeigte nach links. »Da ist auch eine Wand.«
Richard sah in die von Michael gewiesene Richtung und bestätigte an Louis: »Michael hat Recht.« Dann drehte er sich um und leuchtete auch die entgegengesetzte Seite ab. »Irgendwie muss es so eine Art Canyon sein, der die Form eines großen langen Kastens hat. Allerdings kann ich von unserer Position aus keine vierte Felswand erkennen.«
»Verdammt!«, rief Michael. »Wir sinken!«
Richard warf einen Blick auf die hinter ihm liegende Wand. Michael hatte Recht: Sie sanken, und zwar in einer Geschwindigkeit, die Richard kaum für möglich gehalten hätte. Das Wasser schien so gut wie keinen spürbaren Wi derstand zu leisten.
Mit ein paar kräftigen Beinschlägen versuchten sie wieder nach oben zu kommen, doch zu ihrer großen Verwunde rung sanken sie unaufhörlich weiter. Verwirrt und in Panik reagierten sie beide instinktiv gleich und bliesen Luft in ihre Tarierwesten. Als auch das keinerlei Wirkung zeigte, entledigten sie sich ihrer Bleigürtel – ohne Erfolg. Schließlich warfen sie auch noch ihre Abwehrstangen ab. Während der ganzen Zeit schlugen sie fortwährend mit aller Kraft mit den Beinen, und auf einmal merkten sie, dass sie allmählich langsamer sanken und dann gar nicht mehr.
Richard zeigte nach oben, und sie begannen aufzutau chen. Obwohl allein das Atmen jede Menge Energie erfor derte, schwammen sie unter Einsatz ihrer sämtlichen Kräfte. Das mysteriöse Absinken hatte sie ziemlich durcheinander gebracht, doch zu allem Überfluss machte ihnen jetzt auch noch
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