Tauchstation
Wasser war inzwischen von Azurblau in ein leichtes Aquamarinblau übergegangen und wirkte mit seiner glitzernden Oberfläche sehr einladend.
»Vielleicht wäre es wirklich eine gute Idee, vor dem Es sen noch ein paar Runden zu schwimmen«, sagte sie.
»Wunderbar«, entgegnete Sufa. »Im Schrank finden Sie frische Kleidung. Und auch Schuhe übrigens.«
Suzanne nickte.
»Ich warte draußen auf Sie«, bot Sufa an. »Ich glaube, es tut Ihnen gut, mal allein zu sein und tief durchzuatmen.«
»Ja«, bedankte sich Suzanne. »Da könnten Sie durchaus Recht haben.«
K APITEL 10
Der Speiseraum befand sich in einem Bungalow, der sich in Größe und Form nicht von den anderen Bungalows unterschied; er war lediglich nicht mit einem Bett ausgestat tet. Wie die anderen war er nach draußen zu offen, doch der Blick ging nicht auf weite Rasenflächen und üppiges Farnkraut, sondern auf den auffälligen Pavillon in der Mitte des Geländes. Der lange Esstisch in der Mitte und die bequem gepolsterten Sessel glichen der Ausstattung des Wohn- und Schlafgemachs im Dekontaminierungsbereich.
Die fünf verließen ihre jeweiligen Unterkünfte etwa zur gleichen Zeit und trafen sehr unterschiedlich gelaunt im Speiseraum ein. Richard und Michael schienen sich mit den Umständen am besten zu arrangieren. Sie wurden von kei nerlei Zweifel oder gar Bedenken geplagt. Wie zwei in einem Vergnügungspark losgelassene Kinder, die auf keinen Fall irgendeine Attraktion auslassen wollen, waren sie in Hochstimmung. Auch Perry war begeistert, doch anders als die überdrehten Taucher bewahrte er nach außen die Ruhe; ihn faszinierten vor allem die unglaublichen Möglichkeiten, die diese neue Welt zu bieten schien. Suzanne hingegen war immer noch eher verwirrt als angetan. Sie hatte den Gedanken noch nicht ganz verworfen, dass sie womöglich alle ei ner Sinnestäuschung erlagen und einfach nur das sahen, was sie sehen wollten. Donald ließ seine schlechte Laune offen heraushängen; er war nach wie vor überzeugt, dass man sie geschickt und mit Absicht täuschte und alles ein böses Ende nehmen würde.
Ihre Gespräche kreisten zunächst vor allem um die Fahrt mit der fliegenden Untertasse und um die wundersamen Details ihrer jeweiligen Unterkünfte. Richard und Michael waren vollkommen aus dem Häuschen, als sie hörten, dass Suzanne einen weiblichen Arbeiterklon hatte kommen las sen. Richard vermutete, dass man sich von einer derart willfährigen Kreatur sicher die wildesten Gelüste würde befrie digen lassen können.
Suzanne war von diesem Ansinnen so entsetzt, dass sie die beiden unmissverständlich zurechtwies: »Vielleicht soll ten auch Sie versuchen, sich so zu benehmen, als stammten Sie von einer zivilisierten Rasse ab!«
Das Essen glich im Wesentlichen der Mahlzeit, die man ihnen im Dekontaminierungsbereich serviert hatte. Ob wohl es mehrere aufwändige Gänge gab, schmeckte kurio serweise jeder von ihnen etwas anderes. Serviert wurde das Essen von zwei extrem gut aussehenden Männern in schwarzen, langärmeligen Overalls, die vorne über einen Reißverschluss verfügten. Sie trugen beide Ringe in den Ohren.
Auf einmal knallte Donald ohne jede Vorwarnung seine goldene Gabel auf die vor ihm stehende goldene Platte. Das Scheppern war ohrenbetäubend und erzeugte ein ebenso lautes Echo, das etliche Male zwischen den Marmorwänden hin- und herhallte. Richard zuckte mitten im Satz vor Schreck zusammen; er erzählte gerade begeistert von seinem Sprung in den Pool und hatte sich den Mund mit einer Ladung – wie er behauptete – Krokanteis voll gestopft. Su zanne sprang vor Schreck auf und ließ ihre eigene Gabel fal len, die klirrend auf den Boden fiel. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Michael verschluckte sich an einem – wie er meinte – Mund voll Süßkartoffelbrei.
»Wie, zum Teufel, können Sie unter diesen Umständen etwas essen?«, brüllte Donald in die Runde.
»Was für Umstände?«, mampfte Richard hektisch und sah sich erschrocken um, um zu sehen, ob jemand den Raum gestürmt hatte.
Donald beugte sich zu Richard hinüber. »Was für Umstände?«, äffte er verächtlich dessen Frage nach und schüt telte fassungslos den Kopf. »Wissen Sie, was ich mich schon immer gefragt habe? Müssen Sättigungstaucher von Geburt an strohdoof sein, um diesen Job überhaupt zu ergreifen, oder sorgen der ständige Druck und das Atemgas dafür, ihre anfänglich vielleicht noch vorhandene Hand voll Hirn zellen allmählich vollends zu
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