Taumel der Gefuehle - Roman
verschwand Northam in der Menschenmenge. Aus den Augenwinkeln heraus konnte er sehen, dass Lady Battenburn zu Elizabeth eilte. Er musste den Drang unterdrücken, auf der Stelle zu seiner Frau zurückzukehren. Er wünschte, Elizabeth hätte an der heutigen Veranstaltung nicht teilnehmen müssen, doch er wusste, dass ohne sie nichts erreicht werden konnte.
Elizabeths Furcht vor Blackwoods Reaktion auf ihr Geständnis war völlig unbegründet gewesen. Er hatte ihr
weder Vorhaltungen noch Vorwürfe gemacht. Genau wie North es vorausgesehen hatte, hatte der Oberst ihr erklärt, es gäbe nichts zu verzeihen. Im nächsten Augenblick hatten sie bereits damit begonnen, das Ende der kriminellen Machenschaften der Battenburns zu planen.
Während Northam in der Menge untertauchte, fächerte sich Elizabeth geistesabwesend Luft zu. Lavendelfarbene Seide und zartgrüner Satinstoff vermischten sich, als sich die Gäste für den nächsten Tanz aufstellten. Wie Lady Battenburn vorhergesagt hatte, war der Ball des Botschafters das Ereignis des Winters. Kutschen säumten die Auffahrt zu dem imposanten Gebäude und parkten noch Straßenzüge davon entfernt. Mehrere hundert Fackeln erleuchteten den schneebedeckten Boden und hüllten das Stadthaus in ewiges Dämmerlicht.
In der königlichen Residenz des Botschafters drängten sich vornehme Gäste in schimmernden Gewändern und führten ihren teuersten Schmuck vor, der im Schein der Kerzen und Kronleuchter glänzte. Die prächtige Eingangshalle wurde von einem Gold gerahmten Spiegel beherrscht, der gleichzeitig die außergewöhnliche Größe des Raumes untermalte und die Anzahl der wartenden Menschen verdoppelte.
Die Gäste tanzten im Ballsaal, standen im Salon oder erklommen die elegant geschwungene, breite Treppe. Lachen vermischte sich mit dem angenehmen Klang der Musik. Neuigkeiten wurden hinter vorgehaltener Hand ausgetauscht, Gerüchte in Umlauf gesetzt.
Benommen von den berauschenden Eindrücken der Farben und des Lichts, bemerkte Elizabeth die Baronin erst, als diese direkt vor ihr stand. Sie konnte nicht verhindern,
sich bei deren Anblick zu versteifen, doch sie überspielte es geschickt und zeigte auf einen unbesetzten Sessel neben sich.
Lady Battenburn musterte die nahe Umgebung und glaubte sich ausreichend in Sicherheit, um mit Elizabeth ein ungestörtes Gespräch führen zu können. Sie setzte sich graziös nieder und schenkte denjenigen, die ihr zufällig zusahen, ein strahlendes Lächeln.
Sie trug ein elegantes dunkelblaues Seidenkleid mit passenden Slippern und Handschuhen. Die weißen Pfauenfedern, die ihren Hut schmückten, waren an den Spitzen ebenfalls von dunklem Blau durchdrungen. »Welch eine angenehme Abendgesellschaft«, bemerkte Louise. »Findest du nicht auch?« Ihre Worte waren kein belangloses Gerede. Sie beobachtete, ob sich Köpfe in ihre Richtung drehten. »Ich wusste, es würde ein wichtiges Ereignis werden. Trotzdem finde ich es schade, dass Prinny sich nur derart kurz blicken ließ. Ich nehme an, es lag an dem Korsett, das er trug. Er sah aus, als fühlte er sich in seiner Kleidung schrecklich unwohl.«
Elizabeth wusste, dass der verkürzte Aufenthalt des Prinzgemahls nichts mit seiner engen Kleidung zu tun hatte, obwohl sie Louises Beobachtung zustimmen musste, dass er nicht gut ausgesehen hatte. »Ich habe gehört, die Prinzessin sei krank«, meinte sie schließlich.
Louise schüttelte den Kopf. »Eins kann ich dir sagen«, entgegnete sie und blickte sich erneut um. »Es war das Korsett.« Zufrieden beugte sie sich zu Elizabeth und schlug einen vertraulicheren Tonfall an. »Unsere Pläne haben sich geändert.«
Verstört runzelte Elizabeth die Stirn und nahm den Fächer in beide Hände, um ihr Zittern zu überspielen.
Louise hatte schon des Öfteren in letzter Sekunde die Anweisungen umgeworfen, an diesem Abend allerdings hatte Elizabeth gehofft, sie würde es nicht tun. »In welcher Hinsicht?«, fragte sie.
Louise zog ihre rotbraunen Augenbrauen amüsiert hoch. »Hast du nicht bemerkt, was Mademoiselle trägt?«
Elizabeth sah zu der Tochter des Botschafters und nickte. »Die Smaragdkette«, seufzte sie. »Das spielt keine Rolle, Louise. Ich kann sie trotzdem stehlen.«
Energisch schüttelte Louise den Kopf. »Nein. Battenburn und ich sind der Meinung, das sei zu gefährlich. Man würde sie zu rasch vermissen.« Dann warf sie einen bedeutungsvollen Blick in Elizabeths Richtung und fuhr fort: »Der Botschafter bewahrt die Juwelen seiner
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