Taumel der Gefuehle - Roman
Tochter in seiner privaten Bibliothek auf.«
Elizabeths Augen weiteten sich für den Bruchteil einer Sekunde. »In seiner privaten Bibliothek? Aber du hast mir gesagt, ich würde sie in ihren Gemächern vorfinden.«
»Bis vor kurzem hättest du das auch.« Ihr Mund verzog sich zu einem ironischen Lächeln. »Der Gentleman-Dieb scheint den Botschafter aufgeschreckt zu haben.«
»Ist die Bibliothek auf diesem Stockwerk?«
»Ja. Das ist praktisch für dich, nicht wahr?«
»Das wird es sein müssen«, entgegnete Elizabeth au ßerordentlich ruhig. »Ich brauche mehr Informationen. Ich weiß nicht einmal, wohin ich gehen muss.«
Rasch erklärte ihr Lady Battenburn, wie die Bibliothek zu finden sei. »Du solltest dich beeilen, meine Liebe. Battenburn hat den Botschafter in ein Gespräch verwickelt, damit du ungestört bist.«
Elizabeth gefiel die Hast nicht, mit der Louise sie überrumpelt hatte. Erfahrung hatte sie allerdings gelehrt, dass
Widerspruch zwecklos war. Sie erhob sich elegant. Über Louises Schulter hinweg bemerkte sie, dass Northam auf sie zukam, doch sie konnte ihm kein warnendes Zeichen geben. Stattdessen lächelte sie die Baronin kühl an. »Du hast mir noch nicht gesagt, was ich stibitzen soll.«
»Die Perlen, die die Mademoiselle an diesem Abend hätte tragen sollen.«
Rasch drehte sich Elizabeth um und schlüpfte an tiefen Ausschnitten und glitzernden Kehlen vorbei. Nachdem sie der Baronin den Rücken zugekehrt hatte, wagte sie ein zartes Lächeln. Es freute sie, dass Louises Planänderungen genau so eintrafen, wie North und sie es vorausgesehen hatten.
Die Bibliothek war am besten von der Galerie und nicht vom Korridor aus zu erreichen. Dies war zwar entgegen Louises Anweisungen, aber der Rat des Obersts hatte dementsprechend gelautet. Ausnahmsweise einmal steuerten die entgegengesetzten Einflüsse in ihrem Leben Elizabeth zum selben Bestimmungsort, wenn auch mit unterschiedlichen Zielen.
Elizabeth hatte nicht erwartet, die lange Galerie verlassen vorzufinden. Zusammen mit Lady Sophia hielt sich der Marquess von Eastlyn dort auf, dessen Kopf hinter der Sofalehne erschien, als er Schritte vernahm. Elizabeth wandte den Blick ab, sah allerdings aus den Augenwinkeln Easts schelmisches Grinsen und Lady Sophias gerötete Wangen.
Hastig eilte Elizabeth zum anderen Ende der Galerie und betrat durch die Doppeltür die Bibliothek. Der Raum war halb so groß wie die Galerie, bestand jedoch aus zwei Ebenen. Eine schmale Wendeltreppe führte zu einer Balustrade hinauf, die entlang der Wände um die
Bibliothek führte. Der Botschafter besaß eine eindrucksvolle Büchersammlung, doch Elizabeth hielt nicht inne, um die Werke zu bewundern. Louise hatte ihr eingeschärft, die Privatbibliothek des Hausherrn zu finden, daher fuhren Elizabeths Finger flink über das von der Baronin beschriebene Regal.
Über eine Metallfeder ließ sich die verdeckte Drehtür mit einem lauten Klicken öffnen. Elizabeth schlüpfte in den kleineren Raum, ohne allerdings die Regale hinter sich zu schließen. Die Privatbibliothek des Botschafters besaß keine Fenster. Das einzige Licht kam von den Lampen, die in dem angrenzenden Zimmer brannten.
Die Schmuckschatulle war genau dort versteckt, wo Louise es ihr beschrieben hatte. Lady Battenburns Angaben waren stets korrekt, was diese Dinge betraf, und Elizabeth fragte sich ein weiteres Mal, welche Quellen ihr wohl für ein solches Unternehmen zur Verfügung standen.
Zwischen den Samtbeuteln und Etuis fand Elizabeth die gewünschte Perlenkette und ließ sie in ihr Dekolletee gleiten. Daraufhin legte sie die Schatulle zurück in das Geheimfach und sortierte die Bücher in genau derselben Reihenfolge wieder in das Regal zurück, aus dem sie sie genommen hatte.
»Elizabeth?«
Erschrocken fuhr sie hoch. Das Herz hämmerte ihr wie wild in der Brust, und für einen Moment konnte sie nur das orkanartige Tosen ihres Blutes hören, das in ihren Ohren dröhnte. Bitte, flehte sie, lass uns dies alles nicht umsonst gemacht haben!
»Sie ist dort drinnen.«
Northam drehte sich in die Richtung der Stimme. Battenburn
lehnte neben dem Kamin und zeigte mit einer lässigen Handbewegung auf den schmalen Eingang zwischen den Regalen. »Dort?« North blickte zuerst auf die Öffnung, dann zurück zum Baron. »Das ist eine Tür?«
»Sozusagen«, meinte Battenburn. »Es gibt eine ähnliche Vorrichtung in meiner eigenen Bibliothek. Habt Ihr sie nicht bemerkt, als Ihr in diesem Sommer mein Gast
Weitere Kostenlose Bücher