Taumel der Gefuehle - Roman
Veröffentlichung hergeben?«
»Das ist borniert von Euch. Der Roman ist äußerst unterhaltsam.«
Immer noch grinsend zog Northam eine Braue hoch, um seiner Ungläubigkeit Ausdruck zu verleihen. Sein hellblondes Haar glänzte im Kerzenlicht. »Tatsächlich?« In seinem Tonfall war der Zynismus nicht zu überhören. »Gehört es Euch?«
»Es gehört Ihrer Ladyschaft«, erwiderte Elizabeth kühl. »Aber ja, ich habe es gelesen. Deshalb weiß ich auch, dass es unterhaltsam ist. Ihr hingegen könnt den Inhalt des Buches nicht aus eigener Erfahrung beurteilen.«
»Wacker gesprochen, Mylady.« Er nahm das Buch und suchte weiter nach dem Essay von Malthus. »Ah! Hier ist er.« Northam stellte die Kerze ab und nahm die Aufsatzsammlung aus dem Regal. Er blätterte in dem Werk, um sicher zu stellen, dass es das von ihm Gesuchte beinhaltete, und klemmte es sich zusammen mit dem Schauerroman von Edgeworth unter den Arm.
Elizabeth sagte nichts dazu, obgleich sie es amüsant fand, dass er Castle Rackrent zu lesen gedachte. Zweifellos tat er nur so, weil es ihr gelungen war, ihn mit ihrer spitzen Bemerkung zu treffen.
Während Elizabeth sich in ihrem Stuhl zurücklehnte, stellte sie fest, dass ihr Atem langsamer ging, seitdem Northam Anstalten machte zu gehen. Sie hatte seine Anwesenheit nicht als unangenehm empfunden, doch nun
musste sie feststellen, dass es mehr war: Sie hatte seine Gegenwart geradezu genossen.
Northam schritt allerdings nicht zur Tür, sondern zu dem Schreibtisch aus dunklem Walnussholz. »Richtet Ihr dem Oberst schöne Grüße von mir aus?«, bat er Elizabeth.
»Natürlich«, entgegnete sie, ohne die Feder wieder aufzunehmen.
»Soll ich warten und Euch zu Eurem Zimmer begleiten?«
Elizabeth schüttelte den Kopf und rang sich ein Lächeln ab. »Das wäre nicht schicklich, Mylord. Jemand könnte falsche Schlüsse daraus ziehen. Ihr mögt passend gekleidet sein, während ich...« Ihre Stimme verlor sich, da es ihr der Anstand verbot, Northam auf ihr Nachtgewand aufmerksam zu machen.
»Während Ihr für diese späte Stunde genau richtig angezogen seid«, beendete er ihren Satz. »Aber ich verstehe.« Er betrachtete ihr Gesicht, den feinen Bogen ihrer Brauen, die hohen Wangenknochen und die vollen Lippen. Ihre mandelförmigen Augen, die perfekt zu ihrem goldenen Haar passten, waren ihre hervorstechendsten Merkmale. Jedoch nur so lange er den Blick oberhalb ihres Dekolletees ruhen ließ und sich nicht ausmalte, was unter ihrem Flanellschal versteckt war. »Würdet Ihr mich morgen auf die Jagd begleiten?«
Überrascht sah sie zu ihm auf, denn diese Einladung hatte sie nicht erwartet. Im ersten Moment konnte sie nicht sprechen. »Ich fühle mich geehrt...«
»Es ist eine Einladung zu einem Ausritt, Lady Elizabeth, kein Heiratsantrag.«
Der leicht spöttische Tonfall in Northams Stimme ließ
sie zusammenfahren. Bei Gelegenheiten wie dieser wurde Elizabeth daran erinnert, dass sie die Tochter des Earls von Rosemont war. »Eigentlich sollte ich Euer Angebot annehmen«, antwortete sie kühl. »Wenn auch nur der Freude wegen, Euch die Einladung bereuen zu sehen. Ich werde mich jedoch zurückhalten, und zwar nicht, weil Ihr es nicht verdient, sondern weil es meiner nicht würdig ist. Ihr werdet feststellen, dass meine Geschicklichkeit beim Reiten nur noch von meinem fehlenden Talent für die Aquarellmalerei übertroffen wird.«
»Eine elegante, messerscharfe Entgegnung«, lobte Northam in dem neutralen Ton des Beobachters. Mit verschränkten Armen, eine Haltung, die lässig und gleichzeitig herausfordernd wirkte, fuhr er fort: »Ich versichere Euch, dass ich Eure Versuche höchst unterhaltsam finden werde, mich meine Einladung bereuen zu lassen. Denn ich genieße Eure Gesellschaft, selbst wenn sie äußerst provozierend sein kann.« Northam gab ihr keine Möglichkeit, auch nur eine einzige Silbe zu erwidern, obwohl er wusste, dass ihr ein ganzer Wortschwall auf der Zunge brannte. »Dass es unter Eurer Würde ist, gestehe ich Euch gerne ein. Eure Empfindungen sind weitaus zarter und kultivierter als meine, weshalb ich Euren Widerwillen nachvollziehen kann. Ihr könnt allerdings nicht vorgeben, dass Ihr heute Nachmittag gekränkt wart, als ich mich über Euer fehlendes Talent für die Aquarellmalerei äußerte. Nicht, wenn Ihr diese Kritik derart amüsant – und zutreffend – fandet. Und schließlich muss ich in Bezug auf Eure Reitkünste anmerken, dass ich Euch nach dem Picknick zurück zum Haus reiten sah
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