Taumel der Gefuehle - Roman
Elizabeth?«, fragte South lächelnd.
North rückte den Vermeer zurecht. »Macht schon«, ermutigte er sie. »Zeigt uns, was wir gewonnen haben.«
Elizabeth drehte sich dem Trio zu. Sie streckte die Hand aus, wobei sie die Finger wie Blütenblätter öffnete. Gleichzeitig sahen sie alle den enthüllten Schatz: Lord Southertons Schnupftabakdose.
Lady Powell war die Erste, die etwas sagte. »Sie ist wirklich wunderhübsch und einmalig. So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen.«
»Ich schon«, entgegnete Southerton und nahm Elizabeth die Dose aus der Hand. »Sie gehört mir.«
Elizabeths Augen brannten sich in sein Gesicht. »Euch? Ist es die Dose, die Euch gestohlen worden war?«
»Ihr hattet nie erwähnt, um was für einen außergewöhnlichen Gegenstand es sich handelt«, empörte sich Lady Powell, als wäre es ihr gutes Recht, in alles eingeweiht zu werden, was South betraf.
Dieser überging ihren Vorwurf. »Gab es noch etwas anderes in dem Versteck?«, fragte er.
Elizabeth schüttelte den Kopf, und auch eine zweite Suche brachte keinen weiteren Schatz zum Vorschein.
»Das ist sehr merkwürdig«, sagte Southerton leise und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Battenburn hat einen seltsamen Sinn für Humor.«
Elizabeth war sprachlos. »Oh, Ihr könnt doch nicht annehmen, der Baron hätte es getan.«
»Dann eben Lady Battenburn.«
»Ich verbitte mir diese Anschuldigungen!«
Southerton zuckte die Achseln und blickte zu North. »Was denkst du?«
»Ich würde sagen, die Warnung des Barons bezüglich des Gentleman-Diebs war eine Prophezeiung. Der Dieb scheint den Schatz vor uns gefunden zu haben.«
»Das ist unmöglich«, entgegnete Elizabeth. »Er hatte keine Hinweise.«
Lady Powell war verwirrt. »Wollt Ihr tatsächlich behaupten, dass der Gentleman ein Schmuckstück geraubt und es durch ein anderes ersetzt hat?«
Drei Köpfe drehten sich in ihre Richtung und antworteten wie ein ungeduldiger Chorus: »Ja!«
Erschrocken wich Lady Powell einen Schritt zurück. »Oh!«
Elizabeth hatte Mitleid mit ihr. »Es ist tatsächlich kaum zu glauben«, sagte sie sanft.
Lässig lehnte sich Northam mit einer Schulter gegen
die Wand. »Wenn es das Werk des Gentlemans ist, verstehe ich den Zweck nicht.«
Southerton sah auf, als die Uhr in der Haupthalle die volle Stunde schlug. »Ich nehme an, wir werden bald wissen, ob wir es mit dem Gentleman-Dieb zu tun haben oder es sich um einen eigenwilligen Streich unseres Gastgebers handelt.«
Genau in diesem Augenblick traten die Battenburns zusammen mit den übrigen Gästen in die Galerie. Die Baronin klatschte vergnügt in die Hände. »Was habe ich dir gesagt, Battenburn?«, rief sie. »Ich wusste, wir würden sie hier finden. Ihr habt das Rätsel gelöst und den Schatz gehoben, nicht wahr? Oh, bitte sagt, es war vor Mitternacht. Seine Lordschaft nimmt es mit den Regeln sehr genau. Man könnte denken, wir hätten die Kronjuwelen anstelle einer einfachen Taschenuhr und eines Anhängers als Preisgeld eingesetzt.«
Völlig außer sich schritt Lady Battenburn in ihrem Schlafgemach von dem Fenster zur Tür und wieder zurück. Ihr Gatte seufzte. »Komm, meine Liebe, beruhige dich und setz dich endlich.«
»Das werde ich nicht«, entgegnete sie stur. Ihre mit Spitze besetzten Handschuhe lagen auf der Armlehne des Ohrensessels, ihren Fächer hatte sie unachtsam auf das Bett geworfen. Sie trug noch immer ihr Abendkleid.
Harrison sah Hilfe suchend zu Elizabeth, die am Kamin stand. Sie holte tief Atem. »Louise, vielleicht...«
Elizabeths Stimme erreichte, was Harrison zuvor nicht geglückt war. Louise blieb unvermittelt stehen. »Sprich nicht mit mir, Libby. Du bist ein böses, böses Mädchen. Allein du bist für heute Abend verantwortlich. Der Gedanke,
dass so etwas direkt unter meiner Nase passieren konnte, ist unerträglich.«
Elizabeth trotzte Louises Blick, erwiderte jedoch nichts.
»Oh, ich kann mir nicht vorstellen, was du dir dabei gedacht hast, die Schnupftabakdose herauszunehmen. Hast du einen Moment an meine Demütigung gedacht? Es würde mich nicht wundern, wenn meine Gäste nun denken, ich arbeitete mit dem Gentleman-Dieb zusammen! War das etwa deine Absicht?«
Während der folgenden Stille wusste Elizabeth nicht, ob Louise überhaupt eine Antwort erwartete. Der Ärger der Baronin würde nicht so bald verflogen sein, darüber war sich Elizabeth im Klaren. Louise war lange in der Galerie gewesen. Nachdem Southerton ihr seine Schnupftabakdose hingehalten
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