Taumel der Gefuehle - Roman
North sie bitten zu gehen. Es war kein Wort mehr über ihre Reise nach Hampton Cross oder Rosemont gesprochen worden, seitdem er den Vorschlag gemacht hatte. Allerdings glaubte sie nicht, er habe seine Meinung geändert. Es lag eher daran, dass sie seit dem Zusammentreffen in der Bibliothek kein Wort mehr miteinander gewechselt hatten. Während sie jenen Nachmittag und Abend in ihrem Salon verbrachte, war er mit Southerton und Eastlyn im Klub gewesen. Sie vermutete, dass der neue Duke von Westphal dort zu ihnen gestoßen war.
Als Northam nach Hause kam, hatte er erschöpft gewirkt. Er machte einen ruhigen Eindruck und war in Gedanken versunken. Elizabeth hätte besser damit umgehen können, wäre er betrunken und nach dem billigen Parfüm einer Hure riechend zurückgekehrt. Stattdessen stellte er das kleine braune Fläschchen zurück auf ihren Frisiertisch und zog sich im Ankleidezimmer um. Elizabeth hatte sich die ganze Zeit über schlafend gestellt. Northam gab vor, ihr zu glauben.
Oberst Blackwood hatte an dem Gedenkgottesdienst für den alten Duke nicht teilgenommen, aber er war in Wests Stadthaus, in dem sich die Freunde nach der Beerdigung zusammenfanden. Elizabeth hätte wissen müssen, dass sie ihn dort antreffen würde. Es sagte viel über ihren
Geisteszustand aus, dass sie damit nicht gerechnet hatte, ihm heute über den Weg zu laufen.
Im Gegensatz zu ihrem Hochzeitstag, als sie mit allen Mitteln versucht hatte, ein Alleinsein mit ihm zu vermeiden, suchte sie nun seine Nähe. Sie schob ihn in seinem Rollstuhl den Korridor hinab in Wests leeres Arbeitszimmer.
»Es schmerzt dich, meine armen Beine anzusehen«, bemerkte Blackwood verständnisvoll.
»Ja.«
»Du musst kein Mitleid mit mir haben, Elizabeth. Es ist so, wie es ist, und ich habe mich längst daran gewöhnt.« Er musterte ihr Profil. Das Feuer im Kamin prasselte, und ihre Wangen glühten vor Wärme. »Steh nicht so da. Wenn du schon einen Moment mit mir alleine sein möchtest, so sieh mir wenigstens in die Augen.«
Elizabeth wusste, dass er es ernst meinte. Er würde sich wieder den anderen zugesellen, falls sie ihm seine Bitte ausschlug. Sie drehte sich und blickte ihn direkt an. Er war nur vier Jahre älter, als ihre Mutter nun wäre, falls der unbarmherzige Tod sie nicht aus dem Leben gerissen hätte, und er war die letzte Verbindung zu der Frau, die sie außerordentlich geliebt hatte. Manchmal erinnerte er sie an ihre Mutter, die Art etwa, wie er den Kopf schief legte, sein scharfsinniger Blick oder sein warmes Lächeln.
»Du ähnelst ihr so sehr«, seufzte der Oberst.
Elizabeth schreckte leicht zusammen. Sie war überrascht, dass er ihre Gedanken aussprach. »Ich habe genau das Gleiche über dich gedacht.«
»Mich?« Blackwood lächelte, schnaubte allerdings verächtlich. »Ich bin ihr nicht ähnlich.«
»Du schnaubst genau wie sie.«
»Deine Mutter hat in ihrem ganzen Leben kein derart undamenhaftes Geräusch von sich gegeben.«
Elizabeth schnaubte.
Der Oberst lachte anerkennend. »Wie geht es|... deinem Vater und Isabel?«
»Es geht ihnen gut.«
»Und dem jungen Selden?«
»Auch ihm geht es prächtig.« Elizabeth erzählte ihm von Northams und ihrem gemeinsamen Aufenthalt auf Rosemont, von dem sie bereits einiges in ihren Briefen berichtet hatte.
»Möchtest du ein Gläschen Portwein?«, wollte Blackwood wissen, nachdem sie geendet hatte. »Ich weiß, wo West ihn aufbewahrt.«
»Nein, danke. Soll ich dir eines einschenken?«
»Nein.«
Elizabeth musste erkennen, dass die Weigerung nicht dem Alkohol, sondern nur ihrer Hilfe galt. Es kostete ihn etwas Mühe, den Rollstuhl zur Anrichte zu schieben, doch er bewerkstelligte es allein. Als er sich ein Glas eingegossen hatte, wandte er sich wieder Elizabeth zu. »Nun, was genau möchtest du mit mir besprechen?«
»Die Frage ist deiner wirklich nicht würdig.«
»Ah. Es handelt sich demnach um unseren letzten Briefwechsel.«
»Du hast keine meiner Fragen beantwortet.«
»Und ich werde sie auch heute nicht beantworten.«
Dermaßen barsch abgekanzelt zu werden, traf Elizabeth unvorbereitet. Sie spürte, wie sie errötete. »Das|... das verstehe ich nicht.«
»Wirklich?«
Ihre Finger vergruben sich in der Armlehne ihres Sessels. »Nein. Warum kannst du mir nicht sagen, ob du Northam darauf angesetzt hast, den Gentleman-Dieb zu fassen?«
Der Oberst schwieg.
»Du gibst ihnen Befehle«, fuhr sie unbeirrt fort. »Du bist der Anführer des Kompass Klubs.«
»Elizabeth«,
Weitere Kostenlose Bücher