Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)
Nachttischchen stand. Es war nicht auszuhalten: noch 13 Minuten, bis Mama hier sein würde … Nein, das war viel, viel aufregender als Silvester!
»Das Warten ist die reinste Folter«, wisperte Sina. McSniff spürte sofort, wie aufgeregt wir waren, und stupste uns abwechselnd mit seiner dicken schwarzen Nase an. So, als ob er sagen wollte: Mädels, ist doch alles in Ordnung, denn ich bin bei euch . Aber für uns stand der wichtigste Moment in unseren bisherigen Leben bevor.
McSniff wollte uns ablenken und brachte uns der Reihe nach seine Kuscheltiere. Ein Tiger-Stofftier mit angefressener Augenbraue, dann ein Schweinchen ohne Ringelschwanz und schließlich seinen Ball, damit wir ihn für ihn werfen sollten. Aber das ging nicht, wir hatten einfach keine Hand frei.
Denn Sina und ich hielten uns an beiden Händen und sahen angespannt zu, wie der Minutenzeiger auf Sinas Wecker weiter wanderte. Eine Runde, zwei, drei … sieben.
»Wenn jetzt gleich nicht deine Mutter klingelt, dann mache ich mir in die Hose«, rief Sina und wippte auf der Stelle. Mir ging es nicht viel besser. Mir war heiß und eiskalt zugleich. Würde sich unser gesamtes Leben in wenigen Momenten ändern? Wenn die Glückskekse nicht logen, dann würde es so sein.
»Ich halte es nicht mehr aus, ich geh aufs Klo«, stöhnte Sina, und in genau diesem Moment schellte es.
McSniff flitzte an uns vorbei und sauste zur Haustür. Er liebte es, Besuch zu bekommen. Wir hörten von Sinas Zimmer aus, wie Michel die Tür öffnete, hielten den Atem an und spitzten die Ohren.
»Hallo«, sagte die Stimme meiner Mutter auf so eine richtig nette Art. »Wir kennen uns nur telefonisch. Ich bin Antje Hansen und wollte meine Tochter abholen.«
»Hallo«, erwiderte Michels dunkle Stimme. »Michel Morgen, endlich lernen wir uns mal in echt kennen.«
Das klang ja schon vielversprechend! »Los, wir müssen sehen, wie sie sich angucken«, wisperte Sina. »Pst, leise!« Auf Zehenspitzen huschten wir in den Flur. Hinter dem alten Garderobenschrank blieben wir stehen und lugten hervor.
McSniff begrüßte meine Mutter voller Begeisterung. Er wedelte so wild mit dem Schwanz, dass er gegen die offen stehende Haustür schlug.
»Das ist aber ein Feiner«, sagte Mama mit ihrer Dich- würde-ich-am-liebsten-mitnehmen - Stimme. Denn sie hatte eine große Schwäche für Hunde, das hatte ich von ihr geerbt. Mamas Haare fielen vor, als sie sich vorbeugte, um den Hund hinter seinen Ohren zu kraulen. McSniff seufzte erfreut und setzte sich auf Mamas Stiefelspitzen. Das war seine Art zu sagen: Bleib genau hier und kraule mich weiter!
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte Michel verlegen, und er wollte den Hund von Mamas Füßen schieben. »Sonst ist er nicht so aufdringlich, wirklich nicht.«
»Ach, das macht doch nichts«, sagte Mama leichthin, und sie streichelte McSniff weiter. »Ich bin mit Hunden groß geworden. Zu Hause hatten wir auch immer einen Hütehund. Bestimmt ist Ihrer gut mit Schafen, oder?«
»Ehrlich gesagt, das weiß ich nicht.« Michel grinste. »Im Stadtpark und im Wald treffen wir nie welche.«
Mama lächelte. »Was nicht ist, kann ja noch werden.« McSniff rollte sich zu Mamas Füßen auf den Rücken. Sie beugte sich zu ihm herab und kraulte ihm das flauschige, helle Fell am Bauch. Sie lächelte und flüsterte dem Hund ein paar Koseworte zu. Ihre Haare leuchteten golden im Schein der Flurlampe. Jetzt sah ich selbst, dass meine Mutter gut aussah.
»Das läuft doch ganz wunderbar«, wisperte mir Sina ins Ohr.
»Ach, es ist ja schon dunkel«, sagte da Michel, und er öffnete den Sicherungskasten im Flur. Schon legte er einen der kleinen Schalter um, und unzählige Glühbirnchen, die außen am Haus an Lichterketten entlang des Daches und um die Fenster verliefen, flammten mit einem Mal in der Dunkelheit auf. Die Außenbeleuchtung der Morgens war aktiviert. Der Lichtschein fiel durch die offen stehende Haustür und durch das Flurfenster bis in den Flur und tauchte ihn in ein märchenhaftes Licht. Es sah plötzlich so feierlich aus wie der Ballsaal von Drei Nüsse für Aschenbrödel . Ein Film, für den ich natürlich längst zu groß bin, den ich aber immer noch jedes Jahr Weihnachten heimlich anschaue.
Mama richtete sich in dem Lichtschimmer auf und holte tief Luft. »Sie haben es aber schön«, sagte sie.
»Oh, danke«, erwiderte Michel höflich.
»So schön hell, meine ich!« Mamas Stimme klang mühsam beherrscht.
Oh, bitte nicht, dachte ich. Denn ich ahnte,
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