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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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hatte: »Was tust du denn?« Der Araber erwiderte: »Oh, wer du auch seist, ich will dich daran hindern, noch mehr zu trinken; zum ersten Male gibst du dich für einen großen Herrn aus, und ich hatte keine Not, es dir zu glauben, zum zweiten Male bist du schon der Günstling des Kalifen, und dieser Titel flößte mir Hochachtung ein; zum dritten nennst du dich gar den Kalifen selbst; zum vierten Male würdest du dich zweifelsohne als den Propheten bezeichnen, und zum fünften als hochheiligen Allah in eigener Person. Ich fühle, daß ich das nicht alles mit gutem Glauben hinnehmen kann!«
    Al-Mahdi konnte sich eines Gelächters ob dieser Einfalt nicht erwehren, und weil er fühlte, daß der Wein seinen Kopf zu benebeln begann, legte er sich auf die Teppiche nieder, die sein Wirt hergerichtet hatte. Am folgenden Morgen war der Weinrausch vorüber, er stieg zu Pferde und nahm den Araber, der nicht wußte, was er von allem, das er gehört hatte, halten sollte, als Führer und überzeugte ihn bei seiner Ankunft in Bagdad, daß er in Wahrheit der Kalif war, und bezahlte ihn mit Reichtümern, die ihn in den Stand setzten, alle Bewohner, die das zeitweilige Mißgeschick dazu gezwungen hatte, das Land, in dem sie wohnten, zu verlassen, wieder zurückzurufen.

Die Geschichte von der Gefahr, in die sich Fürsten begeben, wenn sie ihr Vertrauen Leuten schenken, die seiner unwert sind.
    Ein junger Fürst, der in einem Alter, in, dem die Menschen kaum fähig sind, die Wahrheit zu erkennen, den Thron bestiegen hatte, fragte seinen Wesir, dem ein hohes Alter eine große Erfahrung gegeben hatte: »Welche Menschen sind würdig, daß sich Könige ihnen nähern?« »Ach,« antwortete ihm sein Minister, »Fürsten dürfen nur denen trauen, die am wenigsten bestrebt zu sein scheinen, ihnen zu gefallen. Die Menschenkenntnis, die für alle schwierig ist, ist Herrschern beinahe unmöglich zu erlangen. Ein Sultan von Aleppo, der das Unglück hatte, sich hierin zu irren, wurde glücklicherweise durch Tiere aufgeklärt.
    Rustam – dies ist sein Name – überließ, in schlaffer Weichlichkeit versunken, seinen Wesiren die wichtigen Sorgen um die Herrschaft, für die er sich nicht befähigt hielt. Üppigkeit erfüllte sein Herz; ein Edelsteinhändler, der ihm die auserwähltesten Kostbarkeiten verschaffte, stand ihm näher als ein Feldhauptmann, der seine Schlachten gewann; und das wichtigste Amt im Palast war das des Schatzmeisters.
    Ein Sohn wurde ihm von der Lieblingssultanin geboren. Rustam aber, der seinem Schatzmeister die Sorge um das, was ihm am teuersten war, will sagen, seine Geschmeide anvertraut hatte, glaubte nicht besser handeln zu können, als ihm auch die um den Thronerben anzuvertrauen.
    Der neue Erzieher prägte der Seele des Prinzen alle Laster ein, die in seiner wohnten, oder vielmehr, er pflegte die Keime der Laster, die alle Menschen in sich tragen und die eine gewissenhafte Erziehung und gute Erwägungen allein unterdrücken können.
    Der junge Behadirschah, dem niemals der geringste Widerstand geleistet wurde und dessen Kindheit die Schmeichler verdorben hatten, war heftig, ungerecht, ruchlos und betrachtete die Menschen, über die er einst herrschen sollte, nur als ein Gut, das ihm gehörte und mit dem er nach seiner Laune zu schalten und walten das Recht habe.
    Der Beruf, den sein Erzieher ausgeübt hatte, ehe er Würdenträger wurde, hatte eine große Liebe zu Geschmeiden in ihm wachgehalten, die nun auch, wie alle andern Neigungen, in das Herz seines Zöglings eingezogen war. Sadi – so hieß der Erzieher – hörte, daß ein Jude aus Aleppo mit einer reichen Auswahl von Kostbarkeiten angekommen war; er wollte den jungen Prinzen veranlassen, davon zu kaufen, und für sich selbst die günstige Gelegenheit wahrnehmen.
    Als der Jude ins Serail eingetreten war und sah, wie man sich seiner Kostbarkeiten bemächtigte, ohne daß der Preis, den man ihm dafür zahlte, seinen Erwartungen entsprach, beklagte er sich über das Unrecht und forderte seine Diamanten zurück. Behadirschah paßten seine Einwendungen wenig, und er gab Befehl, den Juden aus dem Serail zu werfen. Der über die Ungerechtigkeit erbitterte Unglückliche beklagte sich hart und in sehr wenig maßvollen Worten: der Prinz, den sein grausamer Erzieher aufhetzte, ließ dem Juden so böse zusetzen, daß er auf der Stelle seinen Geist aufgab.
    Die Kunde von dieser Begebenheit brachte den König Eustam gegen Sohn und Erzieher auf; der junge Prinz wurde in einen

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