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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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folgte.
    Der Sultan ließ sich durch Achmeds Erzählung von dessen Unschuld und Sadis Verbrechen überzeugen und befahl, daß man Sadi die Martern erdulden ließe, die dem bevorgestanden hatten, der durch die falschen Anschuldigungen dieses elenden Angebers dazu verurteilt wurde. Der Treulose hingegen, der nichts um die Vorgänge im Serail wußte, wartete mit Ungeduld auf die Folgen seines schwarzen Verrates; er schmeichelte sich, die Gunst des Sultans wiederzuerlangen, und wiegte sich schon in den ehrgeizigsten Plänen, als er sich an Stelle der großen Luftschlösser, die er in seinen Träumen erbaut hatte, zur Richtstatt geführt sah, wo er sein ruchloses Leben unter Martern beschloß.
    Diese Geschichte, o Gebieter,« fuhr der alte Wesir, an den jungen Sultan das Wort richtend, fort, »enthält eine wichtige Lehre für Herrscher; sie lehrt sie, wie gefährlich es für sie ist, ihr Vertrauen Menschen zu schenken, die ein böses Herz und ein verderbtes Gemüt haben!«

Von der Verschiedenheit des Menschenschicksals
    Dieser selbe Sultan, der es so sehr liebte, mit seinem Wesir über Gut und Böse zu plaudern, wollte gern wissen, was er von der Verschiedenheit des Menschenschicksals hielt. Und er sprach zu ihm: »Warum seufzt der Weise fast immer unter Trübsal und Unglück, während der Törichte sehr oft inmitten von Ruhm und Freuden und Fülle lebt? Die Weisheit, die der Anteil des ersteren ist, läßt ihn die Übel weder vorhersehen noch vermeiden; und der zweite hingegen erfreut sich seiner Unklugheit zum Trotze doch eines beständigen Glückes.« Der Wesir antwortete ihm: »O Herr, Allah allein verteilt Gut und Böse, die Menschen müssen das Schicksal tragen, das mit der göttlichen Feder auf die heilige Tafel der ewigen Beschlüsse geschrieben steht; nichts vermag die Ordnung der auf diese wunderbare Tafel, die inmitten des siebenten Himmels aufgehängt ist, aufgezeichneten Begebenheiten zu ändern.
    Die Geschichte, die ich deiner Erhabenheit erzählen will, möge zur Bekräftigung dessen dienen, was ich gesagt habe! Asfendiar, der zuletzt geborene Sohn eines Königs von Griechenland, zeigte seit seiner frühesten Kindheit eine bedächtige Sinnesart und ein nachdenkliches Gemüt, was seinen Vater fürchten ließ, dieser Sohn, der zu Seiten des Thrones geboren worden war, möchte sich seiner zum Schaden des erklärten Erben bemächtigen.
    Der König war jedoch nicht grausam genug, seinen Sohn, der keines Verbrechens schuldig war, des Todes sterben zu lassen; da er aber keine Zuneigung zu ihm hegte, verbannte er ihn, in der Furcht, Asfendiar möchte ein Thronräuber werden, nicht nur aus seinem Palaste, sondern auch aus seinen Reichen, und trieb seine Härte so weit, daß er ihm nicht einmal eine Hilfe für seinen Unterhalt zukommen ließ, sondern ihn dem Schutze der Vorsehung überantwortete, die über die Unglücklichen wacht.
    Selbst ein so wenig verdientes Mißgeschick war weit entfernt, den Prinzen niederzuschlagen, es betrübte ihn gar nicht einmal. Durch eine gewissenhafte Beschäftigung mit der Lehre Mohammeds von dem Verhängnis überzeugt, das niemand von sich abwenden kann und das die Ereignisse nach sich zieht, ohne daß Menschenklugheit ihren Lauf aufzuhalten vermag, beschloß er, es über sich ergehen zu lassen.
    Planlos, über sein Unglück nachgrübelnd, schritt er aus, als ihm ein junger Mann von seltener Schönheit begegnete, dessen Höflichkeit seinem guten Aussehen glich; selbst durch das Äußere des Prinzen eingenommen, bat er ihn um die Erlaubnis, mit ihm reisen zu dürfen.
    Die Notwendigkeit, Gelegenheit und Gleichheit des Schicksals vereinigte die beiden jungen Abenteurer derart, daß sie in weniger als einem Tage völliges Vertrauen zueinander gewannen; ein dritter Wandersmann gesellte sich anderen Tages zu ihnen: es war dies der Sohn eines Kaufmanns, der im väterlichen Berufe gut beschlagen zu sein schien; die Unterhaltung des neu Hinzugekommenen gefiel unsem Reisenden, die ihn gern ihrem Schicksale zugesellten.
    Ein großer und kräftiger Landmann, dem sie am dritten Tage begegneten, hatte ihnen gesagt, daß er in der Stadt Laodike, der sie sich zu nähern begannen, Arbeit suchen wollte. Die drei Pilger nahmen ihn in ihren Bund auf, der bis zu diesem Augenblick nicht sehr ertragreich gewesen war; das wenige Geld, das die kleine Schar zu sammeln verstanden hatte, war bald durch die Bedürfnisse aufgezehrt.
    Der Bauer sprach zu seinen Gefährten: ›Nun ist der Augenblick da, wo jeder

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