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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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um ihnen nachzuleben und in ihren Spuren zu wandeln. Das Unglück, das diesem jungen Fürsten anhing, die Erfahrung, die es ihm eingebracht hat, sein adliges und edles Wesen, all das kündet uns vorher, daß er ein großer Sultan sein wird, der sich einzig um das Glück und den Ruhm seiner Untertanen kümmert!‹
    Die ganze Versammlung erkannte ihn nach diesem Ausspruche als ihren König an, und er kam in einem Augenblicke aus dem Gefängnis auf den Thron. Man bereitete schnellstens Asfendiars Krönung vor, bekleidete ihn mit kostbaren Gewändern, und nachdem man ihn nach heiliger Sitte auf einem weißen Elefanten hatte niedersitzen lassen, führte man den neuen Herrscher durch die Hauptstraßen der Stadt, um ihm die Ehrfurcht, ja fast die Anbetung seiner neuen Untertanen zuteil werden zu lassen.
    Drei Tage waren verstrichen, seit Asfendiar die Genossen des Unglücks verlassen hatte; diese liebten den Königssohn und fürchteten für ihn als Fremden ohne jede Verbindung die schlechte Behandlung, der ihr Kamerad in der Tat ja anfangs ausgesetzt war, und waren voll der lebhaftesten Unruhe in die Stadt geeilt.
    Sie erfuhren bei ihrer Ankunft, man habe einen neuen Sultan ausgerufen; sie hofften daher, daß der Krönungstag ein Gnadentag für alle Unglücklichen sein würde. Als nun Asfendiar auf dem weißen Elefanten die Hauptstraße Antiochias durchritt, wagten es die drei Fremden, ihre Blicke auf ihn zu werfen.
    Ihr Kamerad, ganz Herrscher, der er ja geworden war, geruhte sie zu erkennen; er ließ sie sich nähern, sobald sie aus ihrer äußersten Überraschung zu sich gekommen waren. ›Seht hier, o meine Freunde,‹ sprach er zu ihnen inmitten allen Volkes; ›eine der größten Handlungen der Vorsehung. Glaubt ihr, daß ich mich zum Sultan von Laodike gemacht habe? Und wenn ich euch die Wohltaten erweise, die euch meine Dankbarkeit schuldet, glaubt ihr dann von mir zu erhalten, was der Allmächtige euch aufgespart hat? Wir alle sind Sklaven des höchsten Wesens, doch keiner von uns weiß um das Schicksal, das seiner wartet!‹ Und in der Tat, der Fürst ließ sich selbst von der Vorsehung leiten, die beschlossen hatte, ihn zu einem der besten Herrscher der ganzen Welt zu machen: er begabte die Gefährten seines Unglücks reichlich und machte sein Volk durch eine weise und gute Herrschaft glücklich.
    »O Herr,« fuhr der alte Wesir fort, indem er das Wort an den jungen Sultan richtete, »diese Geschichte muß deine Zweifel, zerstreuen und dich überzeugen, daß kein Mensch seinem Schicksal entrinnen kann!«

Seltener Zug von Grossmut seitens eines Kalifen
    Unter der Herrschaft Abd al-Maliks, des fünften Kalifen vom Stamme der Umaijaden, lebte in Kufa ein reicher Handelsherr mit Namen Dschaber, der nur einen Sohn hatte; dieses Kind war der Gegenstand zärtlichster Fürsorge eines guten Vaters; und nachdem der ihm in den ersten Lebensjahren eine angemessene Erziehung hatte zuteil werden lassen, wünschte er ihn auch für den Rest seines Lebens glücklich zu sehen, indem er ihm eine liebenswürdige Gefährtin zugesellte.
    Dschaber aber war, wie schon erwähnt, reich und ließ Gold in Fülle draufgehen, um eine rührende Schönheit ausfindig zu machen, die jünger als sein Sohn war, unter seinen Augen noch schöner werden und die Zärtlichkeit eines Herrn, dessen Gattin sie werden sollte, verdienen möchte. Eine Zirkassierin wurde unter vielen anderen ausgewählt, um sich dieses glücklichen Loses zu erfreuen. Zeineb – so war ihr Name – wurde hierzu würdig befunden; mit einem entzückenden Äußeren verband sie noch sanfte Sitten und mehr Verstand, als man gewöhnlich bei den hinter die Mauern eines Harems verborgenen Frauen zu finden pflegt, deren Gedanken durch Sklaverei und Furcht ständig verschüchtert werden.
    Zeineb war geboren, um zu gefallen, und entzückte bald den jungen Nuuman – so hieß Dschabers Sohn; die Erziehung der beiden Liebenden setzte sich unter den Augen des Vaters fort und vervollkommnete sich durch ihre gegenseitige Liebe; gleiche Lehrer unterwiesen sie in allen gefälligen Künsten, und ihre Fortschritte gingen um so schneller vonstatten, als sie alle beide von dem Wunsche beseelt wurden, noch mehr Gefallen aneinander zu finden. Nachdem die Jahre ihre Bildung und Schönheit sich voll hatten entwickeln lassen, beschloß Dschaber, sie zu vereinigen. Dieser ersehnte Augenblick stand nahe bevor, als Zeineb sich eines Tages in einem Lusthause, das in der Abgeschiedenheit von Dschabers Garten

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