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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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die Gaben, die ihm der Himmel beschert hat, anwenden muß, wenn wir nicht die traurigen Opfer des Unglücks werden wollen!‹
    Da sprach Asfendiar: ›Liebe Freunde, wozu uns mit einer Zukunft beunruhigen, die wir weder vorhersehen noch ändern können; unser Los steht auf der göttlichen Tafel verzeichnet, die inmitten des siebenten Himmels hängt. Wenn die Vorsehung uns ein Gutes bestimmt hat, werden wir seiner in Ruhe teilhaftig werden, ohne Mühe und ohne Arbeit; hat sie aber entschieden, daß Dürftigkeit unser Teil sein soll, werden all unsere Mühen machtlos sein, und nichts wird ihre Beschlüsse ändern können!‹
    Der schöne Jüngling nahm das Wort, bestritt die Meinung des Prinzen und entschied, daß ein liebenswürdiges Äußere eines der günstigsten Mittel wäre, um in der Welt weiterzukommen. ›Du spendest da einem sehr zerbrechlichen Vorteile Lob,‹ hub der Kaufmann an, ›Schönheit ist ein Kapital, das schnell den Händen ihres Besitzers entrinnt und dessen Einkünfte ungewiß sind; die Begabung ist der wahre Quell der Reichtümer; der allein vermag das unbeständige Glück festzuhalten, der Klugheit und Wirksamkeit mit einer großen Geschäftskenntnis verbindet!‹
    ›Und ich, ich meine,‹ sprach der Landmann, ›daß jeder, der Arme hat und sie rühren mag, sicherlich nicht Hungers stirbt: Arbeit ist das sicherste Mittel gegen Armut, alle andern sind unsicher!‹
    Asfendiar hörte zu seiner Betrübnis, daß sich seine Begleiter mehr auf ihre Talente als auf die Vorsehung verließen; er unterließ nichts, sie von ihrem Irrtum abzubringen, und sagte ihnen als Beispiel mehrere Stellen des Korans auf. Der Bauer hörte wenig auf den erhabenen Stoff, er hatte Hunger und wußte, daß der, der so weise Reden führte, nichts zu beißen hatte.
    Während der schönen Rede des Königssohns aber ging unser Bauersmann in einen nahen Wald, um abgestorbenes Holz aufzusammeln, das er dort in großer Fülle liegen sah; der kräftige Landmann brachte es mit seinen Händen zusammen und machte mehrere Bündel und trug sie auf seinem Rücken in die Stadt, die sehr nahe war; dort löste er dafür einiges Geld, für das er Lebensmittel für die kleine weltweise Schar einkaufte; und unser Mann hatte das Verdienst, denen Nahrung zu geben, die sehr viel mehr Verstand als er zu haben glaubten.
    Der wohlgestaltete Jüngling wollte seinerseits seinen Genossen nützlich sein; er ging in die Stadt, und wie er auf Mittel sann, wie er aus seinen Talenten Vorteil ziehen könnte, redete ihn ein altes Weib an und sagte ihm, daß eine reiche Frau, die ihn durch ein Gitterfenster erblickt habe, sehnlichst wünsche, sich mit ihm zu unterhalten. Unser junger Unglücksmann war nicht in der Lage, ein Abenteuer ausschlagen zu können, er ließ sich geleiten, gefiel, bezauberte; und mit Wohltaten seiner Geliebten überschüttet, eilte er zu seinen Kumpanen, mit reichlicheren Vorräten als die des Hirten beladen, zurück.
    Der Kaufmannssohn, der die Gesellschaft mit den großen Aussichten des Handels und den wirksamsten Mitteln, wie man sein Glück machen könnte, unterhalten hatte, war im Grunde seines Herzens beschämt, bis jetzt so wenig nützlich gewesen zu sein, und beschloß, seinen Kameraden auf seine Weise zu helfen; dazu entlehnte er sich einiges Geld von dem schönen Jünglinge.
    Mit diesen kargen Mitteln wußte sich unser Kaufmann sehr viel größere zu verschaffen. Gerade am Hafen von Laodike angelangt, erblickte er ein Schiff, das soeben den Anker auswarf. Er hatte in Erfahrung gebracht, welcher Waren man am nötigsten bedurfte, und hatte auch gehört, daß die Ölbäume beinahe sämtlich in diesem Jahre eingegangen waren und das Öl bereits zu fehlen anfing; und dieses Schiff, das glücklicherweise mit solcher Ware beladen war, wurde mit großer Ungeduld erwartet.
    Unser junger Mann beeilte sich, mit dem Schiffseigner zu sprechen; zwar war er diesem unbekannt, doch seine Geschicklichkeit sprach für den Kredit. »Ich bin«, sagte er zu ihm, »der Teilhaber von Ibrahim, dem tüchtigsten Kaufmanne unsrer Stadt; der läßt dir durch mich sagen, daß du uns deinen ganzen Ölvorrat geben mußt, auf daß du neue Ladung holen kannst. Es ist billig, daß du aus der Seltenheit dieser Ware auch deinen Nutzen ziehst, wir wollen dir daher, je nachdem, zwei Golddrachmen mehr als im Vorjahre geben. Hier ist das Draufgeld, verschreib alles auf Ibrahims und meinen Namen!‹
    Der Handel wurde abgeschlossen, der Abenteurer eilte

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