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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Auftrag wird ausgeführt, und in einer Viertelstunde ist der Anrichtetisch mit vier großen Flaschen Lebenswassers versehen. »Dieser Schneidewind ist doch geschickt und schlau und rasch,« sprach Trinkaus, »es ist schade, daß er keine stärkeren Lenden hat, man könnte beträchtlichen Gewinst aus ihm ziehen!« Da sagte Bergspalter: »Bei Mohammed, ohne diesen kleinen Beistand würde ich die ganze Nacht Frösche im Bauche gehabt haben; doch, o mein lieber Derwisch, können wir nicht auch Feigen bekommen?« »Du darfst auf der ganzen Erde wählen, woher du sie haben willst!« »Ich nehme dich beim Wort«, sagte der Hauptmann darauf, »und will die schönsten Feigen haben, die in Afrika wachsen!« »Wohlan, o Schneidewind, du hörst, was der Feldhauptmann verlangt. Nimm einen Korb zur Hand und pflücke die ausgewähltesten; aber sei in einer halben Stunde spätestens wieder da, man könnte deiner noch fernerhin bedürfen!« Schneidewind ist verschwunden.
    Das Wildbret steckt am Spieße, Gutrücken wendet es, und Feueratem brät es, Immerschlaf ist zum Schlafen einige hundert Schritt abseits gegangen, um niemanden zu belästigen, indessen hört man ihn doch. »Du hast ja da«, sprach Bergspalter, »einen ziemlich lästigen Schnarcher!« »Man muß ihn ruhen lassen,« sagte Trinkaus, »weil in seiner übermäßigen Wohlbeleibtheit sein ganzes Verdienst besteht; sie erhält ihm den Bauch gespannt; auch dient er uns übrigens zur Belustigung; indem er sich auf die Backen klopft, ahmt er das Tamburin nach, und solches ergötzt uns; man muß aus allen Gaben seinen Nutzen ziehen!«
    »Du hast recht; aber sage mir doch, wer jener Mann ist, den ich da mit gekreuzten Armen sitzen sehe? Seine Geschicklichkeit kenne ich noch nicht!« »Der hat für unsere Behausungen zu sorgen, wenn wir ins Feld ziehen; mit drei kleinen Mitteln verschafft er sich aus allem großen Nutzen; er nennt sich Allverstärker und hat einen sehr ermüdenden Beruf; du wirst das besser beurteilen können, wenn du ihn arbeiten siehst.«
    Während solcher Unterhaltung ging der Tag zur Rüste, und man sah Schneidewind nicht zurückkommen. Trinkaus wurde daher unruhig. »Heda, o Scharfblick,« sprach er, »durchspähe die Gebüsche Afrikas und bemühe dich, dort Schneidewind zu finden, der sich dort verloren oder alles vergessen hat!« Scharfblick nun blickte aufmerksam umher. »Ach, der Unglückswurm,« sagte er dann, »er hat mehr der Feigen gegessen, als er gesammelt hat, und ist ganz nahe bei Damaskus, schläft zur Seite des Korbes, und die Araber, die dort umherschweifen, werden sie ihm stehlen und werden ihm seine Babuschen nehmen, so daß wir ihn niemals wiedersehen; es sitzt aber ein großer Vogel auf dem Aste des Baumes, worunter er schläft; wenn Geradinsziel den Vogel schießen will, würde Schneidewind durch seinen Fall aufgeweckt werden!« »In welcher Entfernung sitzt der Vogel, von dem du sprichst?« fragte Geradinsziel. »Gerade fünfundsiebenzig Meilen!« Sogleich stellte Geradinsziel seinen Stab hin, legte einen Pfeil auf, und der entflog. Scharfblick verfolgte den Schuß. »Der Vogel ist gefallen,« sagte er, »und der Schläfer erwacht, er macht sich auf den Weg!« Einen Augenblick später waren die Feigen in der Höhle. »Schimpfe unseren Schaffner nicht aus,« sagte Bergspalter zu Trinkaus, »dieser Vorfall hat uns eine Probe von Scharfblicks und Geradinsziels Nützlichkeit gegeben ... Aber ich glaube, das Abendbrot ist fertig, decken wir den Tisch!« »Solches kann nicht eher sein, wenn es dir recht ist,« sprach Trinkaus dawider, »als unser Lager aufgeschlagen ist und ich dem Brauche der Kriegsvölker gemäß den Zapfenstreich habe schlagen lassen!« Gleichzeitig rief er Allverstärker, der auf den Befehl erschien.
    »Hast du all deine Anordnungen getroffen und unseren Lagerplatz ausgewählt? Wir schlafen heute nacht unter dem Zelte, du mußt es uns bequem machen!« »Der Platz liegt vor deinen Augen,« antwortete Allverstärker, »dein Zelt ruht in meiner Brust und seine Ausdehnung in meinen Lungen!« »Bei Mohammed,« schrie der Feldhauptmann, »das ist ein seltsames Rätsel.« »Es ist keins,« sagte der Derwisch darauf, »oder wenigstens soll das, was du sehen wirst, es dir lösen; laß uns nach dem Platze gehen, wo der Arbeiter zu arbeiten beginnt.«
    Allverstärker hatte einen kleinen Beutel von der Größe eines Eis am Gürtel, den er um den Leib trug; er schien an vier kleinen Schnuren zu hängen, an deren Enden kleine

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