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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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besteht aber sonst zwischen dir und ihm! Er steht bei dem Beherrscher der Gläubigen hoch in Ehren, du jedoch bist ein armseliger Bursche, der sich in fremder Leute Angelegenheiten mischt, ein Gast, der sich unaufgefordert eindrängt, wo er nicht willkommen ist!« Basem beschloß seine Erzählung mit einem umständlichen Berichte von seinem Empfange in dem Laden Meister Othmans, des Zuckerbäckers, und von seinen Geschenken.
    Basems Gäste hatten seiner Geschichte aufmerksam gelauscht und fanden sie tatsächlich seltsam genug. Darauf sprach Dscha'afar: »O Hadschi, ich gestehe, du sagst mit Recht, daß kein anderer vor dir erlebt hat, was dir heute begegnet ist!« Basem entgegnete: »Ja, und all dies Gute ist mir dem Kalifen zum Trotze widerfahren. Als ich den Meister Othman verließ,« fuhr er fort, »ging ich nach dem Basar, erstand von allem mir Nötigen das Doppelte und erleuchtete mein Gemach, wie ihr seht. Der Kalif, der dumme Patron, kann mir doch weder mein Haus verschließen noch durch seine Befehle meine Lust verwehren!« Nachdem er freudestrahlend solches verkündet hatte, füllte er seinen Becher und sang ein Lied; darauf trank er seinen Wein aus und aß etwas von seinem Kabab und einige Pistaziennußkerne. Sodann füllte er seinen Becher von neuem, drehte ihn dreimal um das Licht und sang dazu den Vers eines Trinkliedes. Beim Trinken eines zweiten Bechers aber sagte er: »Dies dem Kalifen zum Possen! Ich habe heute mein Geld und mein Zuckerwerk bekommen und habe Geflügel gegessen. Bei Allah, als Bildar will ich leben und sterben!«
    Den Kalifen ergötzte die Art, wie Basem seine Geschichte erzählte, außerordentlich, und er lachte bei mehreren Stellen herzhaft. ›Er ist ein unverwüstlicher Glückspilz,‹ sprach er bei sich selbst, ›dennoch will ich morgen ein Mittel zu seiner Demütigung und Beschämung finden!‹
    Es war bereits um Mitternacht, als der Kalif und seine beiden Begleiter aufstanden, um sich förmlich von Basem zu verabschieden. »Wir bitten dich um die Erlaubnis, nach Hause gehen zu dürfen«, sprachen sie. Basem erwiderte, ohne sich vom Flecke zu rühren: »Ihr seid eure eigenen Herrn, die Erlaubnis steht bei euch selbst. Allah bedrohe den mit Unheil, der sich euren Besuch wünscht. Möge euch nichts Gutes begegnen!«
    Die Kalifleute aber konnten sich des Lachens ob dieses gesegneten Abschiedes nicht enthalten und ließen ihm beim Hinuntersteigen der Treppe freien Lauf; nachdem sie die Haustüre hinter sich verschlossen hatten, kehrten sie wie gewöhnlich nach dem Palaste zurück.
    Am folgenden Morgen nach Sonnenaufgang sprang Basem, den Schlaf aus den Augen reibend, auf, und sagte: ›Ein neuer Tag! Eine neue Bescherung! Beim Himmel, als Bildar will ich leben und sterben!‹ Dann legte er sein Gewand an, wie am Vortage, kämmte seinen Bart, stutzte seinen Schnauzbart und ging weg, ohne zu ahnen, was seiner harrte. Bei seiner Ankunft in dem Palaste stellte er sich, ohne weitere Umstände zu machen, unter die zehn Bildare, die den Tagesdienst hatten.
    Als der Kalif in den Diwan kam, suchten seine Augen Basem unter den Bildaren, und sogleich erkannte er ihn, wie verkleidet er auch war, und rief nun Dscha'afar, welcher sich sofort vor ihm niederwarf, und sagte zu ihm:
    »O Dscha'afar, siehst du dort unseren Freund Basem? Jetzt sollst du gleich sehen, wie ich ihm Angst einjagen will!«
    Darauf wurde der Erste der Bildare aufgerufen, und nachdem er sich vor dem Kalifen verbeugt hatte, stand er schweigend da; der aber sprach zu ihm: »Wie groß ist die Zahl deiner Leute?« Der Erste antwortete ihm: »Alles in allem dreißig Mann, von denen zehn drei Tage Dienst im Palaste haben und nach Verlauf dieser Zeit von zehn andern abgelöst werden, so daß abwechselnd stets dieselbe Zahl im Dienste ist!« Da fuhr der Kalif fort: »Ich will die heute Anwesenden alle sehen und mustern!« Der Hauptmann hob beide Hände über seinen Kopf und verneigte sich zum Zeichen seines Gehorsams bis auf den Boden und trat zurück; sodann wandte er sich gegen die Türe und rief mit schallender Stimme: »O Bildare! Der Beherrscher der Gläubigen befiehlt, daß alle, die gegenwärtig sind, vor ihn treten sollen!« Dem Befehle wurde auf der Stelle nachgekommen, und mit den übrigen stellte sich auch Basem im Saale auf; doch war er nicht ohne Unruhe und sprach bei sich selbst: ›Der Himmel sei mir gnädig, was soll das alles bedeuten? Gestern wurde beim Kadi gezählt und gemustert, und heute beim Kalifen ebenfalls.

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