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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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sich gegen den ersten Bildar und befahl ihm, den Streich zu tun; augenblicklich lag das Haupt vom Rumpfe getrennt. »Gut getroffen, Achmed«, sagte der Kalif und ließ ihm gleich ein Geschenk reichen und seinen Sold erhöhen. »Jetzt, Othman,« sprach er zu dem zweiten Bildär, »richte du deinen Missetäter!« »Ich bin bereit zu gehorchen«, antwortete ihm Othman, schwang mit auswärts gebogenem Arme sein Schwert, und mit einem Hiebe flog der Kopf eine Strecke von der Schulter weg. Der Kalif lobte seine Geschicklichkeit und sprach ihm die gleiche Belohnung wie dem vorigen zu. Dann wurde der dritte Übeltäter enthauptet, und der Bildar empfing dieselbe Gnadenbezeigung wie seine Genossen.
    Jetzt wandte sich der Kalif zu Basem und sagte: »Nun, mein bestallter Bildar, jetzt richte du deinen Missetäter hin, wie es deine Genossen taten, und verdiene dir die gleiche Belohnung.« Doch Basem stand in Gedanken versunken, oder vielmehr in einer Art Betäubung da, bis Masrur zu ihm trat und ihn in die Seite stieß und ihm ins Ohr flüsterte: »Antworte dem Beherrscher der Gläubigen und vollstrecke seinen Befehl, oder dein eigener Kopf soll dir alsbald vom Eumpfe fliegen, wie die Köpfe der Wegelagerer!« Basem schreckte aus seinem Hinbrüten auf, richtete den Kopf hoch und sagte: »Ja, ja, o Beherrscher der Gläubigen!« Da rief der Kalif abermals: »Schlage deinem Gefangenen den Kopf herunter.« Basem sagte darauf: »Bei meinem Kopfe und meinen Augen, es soll geschehen.« Dann näherte er sich dem noch lebenden Übeltäter und sprach zu ihm: »Es ist das Geheiß des Sultans, daß ich dir den Kopf herunterschlagen soll. Bist du gefaßt, dein Glaubensbekenntnis herzusagen, so tue es, denn dieses ist die letzte Stunde, die dir Allah noch zu atmen vergönnt!« Der Missetäter sagte hierauf vernehmlich sein muselmännisches Glaubensbekenntnis her.
    Basem aber streifte seinen rechten Ärmel bis zum Ellenbogen auf, rollte seine Augen fürchterlich und ging so dreimal um den Missetäter herum, während er ihn aufforderte, seinen Glauben zu bekennen, und ihn damit tröstete, daß es so Allahs Fügung und dieser Tag von der Vorsehung zu seinem Scheiden aus der Welt bestimmt sei. Und er fügte hinzu: »Wenn du hungrig bist, will ich dich satt machen; bist du durstig, will ich dir zu trinken geben; bist du aber unschuldig, so sage mit lauter Stimme: ich bin unschuldig!« Der Kalif beachtete genau alles, was Basem vornahm, und ergötzte sich weidlich an seiner Unbefangenheit. Der Übeltäter rief jedoch mit lauter Stimme: »Ich bin unschuldig!« »Du lügst,« entgegnete Basem, »doch habe ich ein Geheimnis, welches ich nur dem Kalifen offenbaren will!« Und er trat hierauf zu dem Kalifen, küßte den Boden und sprach: »O Beherrscher der Gläubigen, höre nur zwei Worte von mir an: ich führe beständig einen Schatz bei mir, der schon lange in meiner Familie ist. Mein Vorfahr erbte ihn von seinem Vorfahr, und mein Vater von seinem Vater; meine Mutter erbte ihn von meinem Vater, und von meiner Mutter kam er an mich. Es ist dieses Schwert« – und damit legte er es vor dem Kalifen nieder–, »in dem ein Zauber verborgen ist. Die Macht dieses Zaubers aber ist höchst wunderbar, o Hadschi Kalif«, redete er weiter; »ist dieser Mann unschuldig, so verwandelt sich dieses Schwert, wenn es gezückt wird, in Holz, ist er aber schuldig, so fährt ein Feuerstrahl daraus hervor, der seinen Hals zerschmettert, wie wenn er ein Rohr wäre!« »Nun denn, so laß uns die Probe des Wunders sehen,« sagte der Kalif, »schwinge dein Schwert gegen den Übeltäter!« Basem antwortete: »Ich bin bereit und gehorche!« Dann trat er wieder zu dem Missetäter, nahm eine Stellung an, als wenn er den letzten Befehl vollstrecken wollte, und sprach: »Befiehl, o Hadschi Kalif!« Der Kalif wiederholte: »Schlag dem Missetäter den Kopf herunter!« Basem zog jetzt sein hölzernes Schwert aus der Scheide und rief mit frohlockender Stimme zur Belustigung und Verwunderung aller, die anwesend waren, aus: »Unschuldig! o mein Gebieter.« Als sich das Gelächter gegeben hatte, das er erregt hatte, wandte sich Basem gegen den Kalifen und sprach: »O Hadschi Kalif, dieser Mann war unschuldig verurteilt, laß ihn in Freiheit setzen!«
    Nachdem der Kalif befohlen hatte, den Gefangenen zu befreien, rief er den Ersten der Bildare vor sich und sprach zu ihm, indem er auf Basem hinwies: »Laß diesen Mann sogleich mit der üblichen Besoldung auf die Liste deiner Leute

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