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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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ehrfurchtsvoller, oder mein Schwert soll dir alsobald in den Nacken fahren!« Grenzenlos war jetzt Basems Bestürzung; sein Gesicht wurde noch fahler als zuvor und seine Zunge zitterte. ›Bei Allah,‹ sprach er bei sich selbst, ›das Mißgeschick weicht nicht von mir, um auch einmal jemand anders heimzusuchen. O du Unglückseliger, alles hast du zu erwarten, außer dem Leben; denn nun ist der Augenblick gekommen, in dem du entlarvt wirst, und sicher wird dir der Kalif den Kopf herunterschlagen lassen. Allah allein bleibt mir, und in ihm allein ruht meine Hoffnung!‹ Nach einer Weile sprach er zu dem Kalifen, der inzwischen seine Fassung wiedergewonnen hatte, und antwortete ihm hastig: »Ja, ja, o Hadschi Kalif, ich bin ein Bildar, der Sohn eines Bildars, und meine Mutter war Bildar vor mir!« Weder der Kalif noch sein Wesir noch irgendeiner der Anwesenden konnte sich bei solch toller Antwort ein Lachen verkneifen. »Du bist also ein Bildar, der Sohn eines Bildars, und dein Sold beträgt zwanzig Golddinare und fünf Pfund Hammelfleisch, und das ist dein jährliches Einkommen?« Basem antwortete: »Ja, ja, o Beherrscher aller Gläubigen, der Himmel verleihe dir dafür seinen Segen!« »Diese Besoldung, die sich von deinem Großvater und Vater auf dich vererbte, hast du nun. Schön. Jetzt wähle dir drei andere Bildare aus, die dir nach dem Blutturme folgen sollen, und bringe mir sogleich vier Straßenräuber her, die darin sitzen und schon ihre Schuld eingestanden haben!« Hierzu riet der Wesir, es würde wohl besser sein, den Wali, den Oberaufseher des Gefängnisses, zu beauftragen, die Gefangenen vorzuführen; und der Kalif stimmte dem zu. Nach einiger Zeit trat der Wali mit den vier Gefangenen herein, denen die Arme auf den Rücken gebunden und die Köpfe entblößt waren. Es waren dies aber nicht nur Straßenräuber, die auf der Heerstraße geraubt, sondern dabei auch wider Allahs Gebot gemordet hatten. Als sie; nun vor dem Kalifen standen, fragte er sie, ob sie zu jener Bande gehörten, die sich solcher Freveltaten schuldig gemacht habe. Die aber sagten: »O Beherrscher der Gläubigen, wir waren von Allah verlassen und vom Bösen besessen und sind Mitschuldige ihres Verbrechens; aber wir erscheinen hier voll Demut und Reue vor dem Gebieter der Gläubigen!« Der Kalif erwiderte: »Ihr seid Verbrecher solcher Art, für die es kein anderes Mittel als das Schwert gibt!« Und er befahl hierauf den drei von Basem bestimmten Bildaren, jeder solle einen Gefangenen greifen und ihm das Gewand aufschlitzen, dann die Augen verbinden, das Schwert ziehen und der weiteren Befehle warten. Die drei Bildare verneigten sich und sprachen: »Wir sind bereit, Allah und dir zu gehorchen!« Und jeder von ihnen ergriff einen von den Gefangenen und ließ ihn mit gebundenen Armen und verhüllten Augen in einiger Entfernung niederknien. Darauf stellten sich die Bildare mit gezückten Schwertern hinter die Gefangenen und sagten: »O Beherrscher der Gläubigen, sollen wir zuhauen?« Während nun die drei Bildare, jeder mit seinem Gefangenen, also dastanden, stand Basem in angstvollen Erwägungen versunken. ›Solches fehlte noch,‹ sprach er bei sich selbst, ›jeder neue Unfall ist immer noch schlimmer als der vorige. Bei Allah, nun ist der Tod unvermeidlich!‹ In diesem Augenblicke rief der Kalif ihm zu: »Du da, bist du nicht meiner angestellten Bildare einer? Warum führst du deinen Gefangenen nicht fort, wie es deine Gefährten getan haben?« Basem mußte nun notgedrungen gehorchen, legte Hand an den vierten Gefangenen, band ihm die Hände auf den Rücken, schlitzte ihm das Gewand auf und band ihm ein Tuch vor die Augen; danach trat er, ohne freilich das Schwert zu ziehen, hinter ihn. ›Ich bin verloren,‹ dachte er bei sich, ›wie kann ich mein Schwert gebrauchen? Alsbald wird es als ein Palmholzstab erkannt werden, ich werde ein Spott aller Leute, und der Kalif läßt mir den Kopf herunterschlagen. In welch unseliger Klemme sitze ich!‹ Er löste hierauf sein Schwert von dem Gürtel, faßte den Griff mit der rechten Hand und hielt das Schwert mit der Scheide im linken Arme. Der Kalif ergötzte sich gar weidlich an diesen Gebärden und rief ihm dann zu: »O Bildar, warum ziehst du dein Schwert nicht aus der Scheide, wie es deine Genossen getan haben?« Basem erwiderte: »Es ist nicht gut, daß ein blankes Schwert dem Beherrscher der Gläubigen die Augen blende!« Der Kalif schien sich mit dieser Antwort zu begnügen, wandte

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