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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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ich mir aus meinem Hause hatte kommen lassen.
    Ich wurde in einen anderen Saal geführt, der gelb ausgeschlagen, sonst aber wie der gestrige eingerichtet war. Die neun Frauen nahmen ihren Platz auf den Ruhebetten ein, und endlich erschien mein Weib wie gestern im Staate des Kalifen.
    Alles ging vor sich wie am Abend vorher. Zwar hatte ich mir bestens vorgenommen, dem Rausche der Begierden zu widerstehen, als aber hinter den Vorhängen die zwei Zauberkehlen den Wechselgesang der Liebe anstimmten, da zogs mich unwiderstehlich zu meiner Gebieterin hin. Sie rief ihre Mädchen zu Hilfe, und diese mißhandelten mich noch unbarmherziger als gestern. Ich mußte den Wundarzt holen lassen und war kaum nach sieben Tagen wieder imstande, dem Hochzeitsfeste beizuwohnen. Indes hatte mir dieser Zeitraum dazu genügt, ein Mittel zu ersinnen, wodurch dem Spiele ernstlich ein Ende gemacht wurde. Mein Arzt hatte mir ein Schlafmittel von aromatischen Kräutern gegeben. Als nun der Scherbett herumging, warf ich das Mittel geschickt in den Becher, und es brachte bald seine Wirkung hervor.
    Als die Türen aufgingen und der Gesang ertönte, fühlte ich mich stärker denn jemals vom Taumel der Liebe ergriffen. Ich umarmte meine Geliebte, die kaum ihr schmachtendes Auge offen halten konnte. Mit halberstickter Stimme sprach sie die Worte: ›Zu Hilfe, o Mädchen!‹ Diese wollten herbeistürzen, konnten sich aber kaum aufrecht halten vor Schlaf und Taumel. Ich wurde leicht mit ihnen fertig, indem ich eine nach der andern zurück und zur Türe hinausschob, die ich hinter ihnen schloß. Nun hatte ich mit niemandem zu kämpfen als mit meiner Gebieterin. Der Kampf aber war süß und währte lang.
    Ich brachte sie in ihr Gemach und legte mich in dem meinigen nieder, wo ich denn den Rest der Nacht über köstlich schlief. Am Morgen kamen die Sklavinnen, mich ins Bad einzuladen. ›Von Herzen gerne,‹ antwortete ich, ›heute weiß ich, warum ich ins Bad gehe.‹ Nach dem Bade begab ich mich ins Gemach meiner Gemahlin. Sie kam mir entgegen, küßte mir die Augen und sprach: ›O mein Herr und Gebieter, ich konnte bisher nicht glauben, daß ein Mann meiner Meister werden könne; da es nun aber einmal so gekommen ist, füge ich mich darein als deine gehorsame Magd.‹ Ich aber umarmte sie und erneuerte oft die Freuden der Brautnacht; denn in zehn Jahren hatten wir sieben Kinder.
    Amru, der Sohn Rebias, der Fürst der Dichter, der Vetter des Kalifen Abd al-Malik, erzählte von sich selbst die folgende Geschichte:
    »Ich las eines Tages ganz ruhig in meinem Hause, als sich ein altes Weib bei mir melden ließ. ›Ich will dir‹, sagte es, ›Gelegenheit verschaffen, die größte Schönheit unter der Sonne zu schauen, doch unter der Bedingung, daß du ihr nicht zu nahe trittst und daß deine Worte bescheiden und wohlabgemessen sind.‹ Ich beschwor es auf den Koran. Und dann mußte ich mir die Augen verbinden lassen, und sie führte mich eine geraume Zeit in mancherlei Richtungen, bis sie mir die Binde abnahm.
    Ich befand mich aber in einem prächtigen Zelte aus rotem Sammet mit großen goldenen Blumen, voll der schönsten Sklavinnen. Ein Sitz von Ebenholz stand für mich bestimmt da. Und ich hatte mich noch nicht von meinem Erstaunen erholt, als ein Vorhang aufrauschte und eine Dame von überirdischer Schönheit sich an meiner Seite niedersetzte. Wir kosten und sangen die ganze Nacht hindurch. Gegen Morgen sang sie eins meiner Lieder, das mit dem Verse anfängt: Sie, deren schwellender Busen. ›Wer ist diese Schönheit mit schwellendem Busen?‹ fragte sie. ›Ich kenne sie nicht,‹ antwortete ich, ›es ist ein luftiges Dichtergebilde oder, wenn man lieber will, eine Gazelle.‹
    ›O Lügner,‹ rief sie, indem sie mir einen derben Backenstreich gab; ›so seid ihr alle, ihr andern Dichter. Dein Lied ist weitberühmt in Hidschas und Irak und Syrien, und du behauptest, es handle bloß von einem Luftgebilde. O Sklavinnen, schafft mir den Lügner vom Halse!‹ Man verband mir die Augen und führte mich nach meinem Hause.
    Am folgenden Tage abermaliger Besuch des alten Weibes und wiederholter Vorschlag. Ich ging die Bedingungen ein und beschwor sie auf den Koran. Die Binde wurde mir in einem schwarzen, mit Gold durchstreiften Zelt abgenommen. Meine Dame erschien, von ihren Sklavinnen umgeben, setzte sich neben mir nieder und begann wie gestern die Unterredung.
    ›Die Stunden verflossen wie die der vorigen Nacht unter Sang und Scherz. Endlich fragte sie

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