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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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mich: ›Wer ist der Verfasser des bekannten Liedes:
    Hast du mich jüngst gesehn – In der Mitte dreier Schönen. ›Ich bins‹, antwortete ich. ›Nun, wer sind die drei Schönen?‹ ›Auf meine Ehre!‹ erwiderte ich, ›ich kenne sie nicht, und sie leben nur im Liede.‹ ›So also,‹ fiel sie mir in die Rede, ›wenn kein wahres Wort daran ist, was unterstehst du dich, mit Gunstbezeigungen dich zu brüsten, die du nicht erhalten hast! Da, o Lästerer!‹ Und sie gab mir einen derben Backenstreich. ›O Sklavinnen, entfernt ihn aus meinem Angesichte!‹
    Ich kam in mein Haus mit verbundenen Augen und brennenden Wangen. ›Verzweifle nicht‹, sprach das alte Weib im Weggehen. Ich warf mich aufs Bett nieder, aber kein Schlaf kam in meine Augen.
    Am andern Tage erschien das alte Weib früher als gewöhnlich und fragte nach meinem Wohlbefinden und ob ich nicht Lust hätte, zu meiner Dame zurückzukehren. Ich beschwor dieselben Bedingungen auf den Koran, sann zugleich aber auf ein Mittel, die Wohnung meiner Schönen ausfindig zu machen. Und färbte meine linke Hand mit Safran, und als wir uns an der Türe befanden, fuhr ich mit der Hand auf dem Türflügel herum, als ob ich nach der Tür tappte.
    Die Binde wurde mir abgenommen, und ich befand mich in einem Zelte von grünem Atlas mit großen silbernen Blumen. Die Dame kam, setzte sich neben mich und lachte nicht wenig, als sie sah, daß meine Wange noch von dem gestrigen Backenstreiche brannte. Wir unterhielten uns von tausenderlei Gegenständen und von Abenteuern aus Jemen und Hidschas, von den merkwürdigen Begebenheiten der arabischen Geschichte und von der Liebe und ihren Süßigkeiten. Ich glaubte mich wahrhaftig ins Paradies versetzt. Endlich fragte sie mich: ›Wem gehören die bekannten Verse zu:
    Die Sänfte ging vorüber, – Ich sah sie nicht, ich hört ihr Kosen,
Da lüftete der Wind den Schleier – Und wehte Wohlduft von der Wangen Rosen.
    ‹
    Ich bekannte mich zum Verfasser. ›Und wer ist denn die Schöne in der Sänfte, die du nicht sahst, sondern nur hörtest, und mit der du, wie das Lied ausgeht, in der Sänfte glücklich warst?‹ ›Habe Mitleiden mit mir,‹ sprach ich, ,o schönste der Herrinnen! Ich habe nichts hierauf zu antworten, als was ich schon gestern und vorgestern gesagt habe!‹ ›Also, so lästerst und verleumdest du die Frauen. Du bist ein Nichtswürdiger, der ihrer Gesellschaft nicht wert ist; o Sklavinnen, züchtigt ihn, wie er es verdient!‹ Sie fielen über mich her mit Fäusten und Nägeln, zerschlugen und zerkratzten mich auf eine erbarmungswürdige Weise, und das alte Weib übernahm mich mit verbundenen Augen. Aber statt mich diesmal in mein Haus zu begleiten, hörte ich, daß sie auf der Straße einen Menschen anredete, ihm Geld und den Auftrag gab: ›Geh und führe diesen Mann mit verbundenen Augen in das Haus Amrus, des Sohnes Rebias, des Dichters, der ein großer Taugenichts ist und dessen Schwelle ich nicht mehr betreten will.‹
    Ich konnte den Augenblick nicht erwarten, in mein Haus zu kommen, und warf mich aufs Bett, ohne ein Auge zu schließen. Was mir begegnet war, und der Schmerz der empfangenen Schläge hielten den Schlaf von meinen Wimpern fern.
    Mit Tagesanbruch versammelte ich alle meine Sklaven, gab ihnen den Auftrag, das Haus oder das Zelt ausfindig zu machen, dessen rechter Türflügel mit Safran gefärbt war, und versprach dem Entdecker tausend Dinare. Noch vor Mittag kam einer derselben mit freudigem Gesichte gelaufen. ›Gute Nachricht, o Gebieter, ich habe die Türe gefunden, deren rechter Flügel mit einer in Safran getauchten Hand bezeichnet ist.‹ ›Richtig‹, rief ich voll Freuden, zahlte ihm die tausend Dinare aus und ließ mich an Ort und Stelle führen.
    Wie groß war nicht mein Erstaunen, als ich sah, daß das bezeichnete Zelt eines der Zelte der Prinzessin Merwe war, der Tochter des regierenden Kalifen Abd al-Malik. Sogleich ließ ich meine Zelte in der Nähe aufschlagen und schlenderte lang genug herum, um von der Prinzessin bemerkt zu werden. Sobald sie sah, daß sie entdeckt war, kam sie heraus und lüftete den Schleier und sagte: ›Sieh da, o Amru, hast du keine Lust, dein Abenteuer zu besingen, wenigstens läufst du nicht Gefahr zu lügen, und hast nicht not, die Schläge aus der Luft zu greifen, wie deine erdichteten Schönen.‹
    Ich sagte sogleich aus dem Stegreife mehrere Verse her, die mir die zärtlichste Liebe eingab und die bald in jegliches Munde waren. Das Gerede, das

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