Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
weihen – Zum Tempel, zur Kaaba aller Schelmereien.
Zeineddin ibn al-Wardi entgegnete:
Ich schlief, da kam zu meinem Bett der Teufel – Mit tief durchdachter Höllenlist.
Er sprach: Hast du vielleicht ein Opiatchen, – Das süßen Schlaf in Glieder gießt?
Ich sagte: nein. Er sprach: Hast du kein Weinchen, – Das Feuer durch die Adern sprüht?
Ich sagte: nein. Er sprach: Hast keinen Sänger, – Des Lied die Herzen nach sich zieht?
Ich sagte: nein. Er sprach: Hast du kein Mädchen, – Mit einem hellen Mondgesicht?
Ich sagte: nein. Er sprach: Hast keine Leier, – Um die ein Blumenkranz sich flicht?
Ich sagte: nein. Er sprach: So schlafe fühllos fort, – Du Block von Holz und Stein verdienst kein ander Wort.
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Ein andermal befand sich Asmai beim Kalifen an einem der längsten Winterabende, um ihm die Zeit zu kürzen. »Wer ist deine Bettgefährtin?« fragte der Kalif. »Ich habe keine, o allergnädigster Herr, und bringe meine Nächte allein auf meinem kalten Lager zu!« »Das ist nicht, wie es sein sollte, der Himmel schickt dir an einem dieser Tage gewiß eine Bettgenossin, unterdessen kannst du für heute schlafen gehen!« Asmai empfahl sich und ging nach Hause. Aber kaum hatte er sich niedergelegt, als ein großes Getümmel vor seiner Tür entstand: Sänften und Fackeln und Sklavinnen und Träger. Er wußte nicht, was das zu bedeuten hatte, und machte die Türe auf, und siehe da, es war die erste Favoritin, von Sängerinnen und Tänzerinnen begleitet, die da kam, um auf Befehl des Kalifen dem Dichter für diese Nacht Bettgesellschaft zu leisten.
Asmai fühlte sich beim Anblick so vieler Schönheiten von Entzücken durchbebt, wußte aber nicht, wie er sich benehmen sollte bei ihrem Empfange. Die Favoritin riß ihn sogleich aus der Verlegenheit, indem sie ihren Sklavinnen Musik zu machen und das Nachtmahl zuzubereiten befahl. Asmai mußte trinken, und zwar von den besten Weinen aus dem Keller des Kalifen. Nach dem Nachtmahle ließ sie Brautgewänder bringen für sich und für Asmai, bekleidete sich mit dem verführerischen Nachtgewande und winkte den Sklavinnen, sich zu entfernen. »Komm,« sprach sie, »o Asmai«, indem sie zuerst ins Bette stieg.
Der arme Asmai stieg hinein, von Begier und von Furcht zugleich ganz außer sich. Denn wie sollte er solchem Reiz widerstehen, und wie sollte er seinen Kopf retten, wenn er sich vermäße, des Kalifen Kleinod zu berühren. Er legte sich an das äußerste Ende des Lagers, ohne sich zu rühren. Die Favoritin ließ nichts unversucht an Liebkosungen, um ihn aus seiner Fassung zu bringen. Es war umsonst, er blieb wie erstarrt, ohne sich zu regen und zu bewegen, halbtot vor Lust und Furcht. Die Favoritin wurde böse, daß ihre Reizungen fruchtlos blieben, und fing an, ihn mit Schimpfworten zu geißeln, die aber nicht mehr Wirkung taten als ihre Liebkosungen. Gegen Morgen klatschte sie in die Hände, um ihre Sklavinnen zu rufen. »Bringt mir«, sprach sie, »eine Badkufe und Wasser und Leintücher!« Asmai zitterte, rührte sich aber nicht. Als die Sklavinnen zurückgekommen waren, befahl sie: »Nehmt die Totenwaschung vor und verrichtet das Grabgebet, denn Asmai ist eine Leiche!« Die Sklavinnen verstanden den Wink, fielen über Asmai her, warfen ihn in die Kufe, rieben und rauften ihn unter dem wehmütigsten Klagegeheul. Umsonst wehrte er sich nach Kräften. Endlich gelang es ihm, sich aus ihren Händen zu retten und mit dem Leichentuche, das sie über ihn geworfen hatten, davonzulaufen. In diesem Aufzuge stellte er sich dem Kalifen vor, der vor Lachen bersten wollte, als er die Geschichte vernahm, zugleich aber die Höfischkeit des Dichters, der die Favoritin nicht hatte berühren wollen, sehr gut zu würdigen wußte. Er kaufte sie um fünfzigtausend Dinare los.
Asmai erzählt: Ich war eines Tages ausgezogen in die Wüste, um seltsame Abenteuer aufzusuchen. Weiße Mauern blinkten mir entgegen, wie das weiße Gefieder einer Taube, und ich ging hinein und fand ein leeres Gebäude, wo nur Raben und Schakale hausten und der Wind durch Fenster und Türen heulte. Endlich glaubte ich eine menschliche Stimme zu vernehmen, aber sie kam mir so wild und fürchterlich in die Ohren, daß ich mein Schwert zog, weil ich sonst nicht sicher zu sein glaubte, und mit gezogenem Schwerte herumging. Ich fand einen Mann auf der Erde sitzen, der in einer Hand einen Stab, in der andern ein Bildwerk hielt. Er schlug mit seinem Stabe die Erde und weinte und sagte aus dem
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