Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
die Hände kamen, weil er lieber als Dieb ergriffen und bestraft werden, als den guten Namen seiner Geliebten ins Geschrei bringen wollte. Khalid war entzückt ob des hohen Sinns und der edlen Großmut des Jünglings, küßte ihn auf die Stirne, ließ den Vater des Mädchens vorrufen und sprach zu ihm: »O Scheich! ich war nahe daran, an diesem Jüngling ein ungerechtes Urteil vollstrecken zu lassen. Allah, der Herr, hat mich davor bewahret; ich habe ihm zehntausend Dirhems bei der Schatzkammer angewiesen und ersuche dich nun um die Erlaubnis, ihn mit deiner Tochter vermählen zu dürfen!« »Von ganzem Herzen, o Fürst«, antwortete der Vater des Mädchens. Khalid dankte ihm dafür und nahm sogleich die Vermählung vor mit aller Feierlichkeit und nach der gewohnten Formel: »Ich vermähle dich mit diesem Mädchen nach ihrem und ihres Vaters Willen; sie bringt dir zehntausend Dirhems mit.«
Und der Jüngling antwortete nach dem Brauche: »Ich nehme das Mädchen zur Frau an mit dem genannten Hab und Gut.«
Khalid ließ sogleich das gezählte Geld in silbernen Geschirren in das Haus des Jünglings bringen. Ganz Bassorah war im Taumel der Freude. Wo das beglückte Paar vorüberzog, regnete es aus allen Fenstern Zuckerwerk und Mandeln auf sie, und der Tag endete ebenso freudig, als er traurig begonnen hatte.
Asmai, der gern jede Gelegenheit benutzte, von den Beduinen etwas Lustiges zu erzählen, erzählt auch das folgende Geschichtchen:
Die Oberhäupter eines angesehenen Stammes hatten mich zu sich in die Wüste geladen, um mich nach Vermögen zu bewirten. Man trug ganz in Fett schwimmende Mehlklöße auf. Ein Beduine kam, kauerte sich auf die Erde nieder und fing mit solcher Hast an zu fressen, daß ihm die Mehlklöße das Maul stopften und die Butter von dem Barte herabrann. Um mich über ihn lustig zu machen, sagte ich:
Lieblich bist du anzuschaun, harthäutige Saubohn – Sieh! Die Kamele der Heid laufen sich müde nach dir.
Nachdem er eine Weile geschwiegen hatte, sprach er: »Ei! Ei! Die Rede ist weiblich, aber der Gegensatz ist männlich. Höre ihn nun aus meinem Munde:
Saubohn selber bist du, und zwar in dem Hintern des Bockes, wenn er in der Herd schwänzelnd nach Ziegen sich dreht.
»So,« sagte ich, »du verstehst dich also auch auf das Dichten?« »Wie sollte ich nicht, die Dichtkunst ist mein Schoßkind, und du siehst in mir ihren leibhaften Vater und ihre lebendige Mutter.« »Nun,« entgegnete ich, »möchtest du mir nicht ein paar Reime auffinden?« »Recht gerne, sag an, auf was?« Ich dachte lange auf den schwersten Reim der arabischen Sprache und fand endlich keinen schwereren als den folgenden:
Weißt du, daß Gott, der Herr, erschuf – Im Paradies den reinsten Suff?
»Sage mir,« sprach ich, »was ist denn ein Suff?«
Er antwortete:
Ein Suff ist jeder Trunk, es sei – Aus Weinglas oder Wasserkuff.
»Sage mir,« sprach ich, »was ist denn eine Kuffe?«
Er antwortete:
Daran zu denken, macht mich kalt, – Mich friert! He! Gebt mir einen Muff.
»Sage mir,« sprach ich, »was ist denn ein Muff?«
Er antwortete:
Es wärmt der Muff im Winter dich – Wenn du vor Kälte zitterst. Uff!
»Sage mir,« sprach ich, »was ist denn dies Uff?«
Er antwortete:
Uff ist der Ausbruch des Gefühls – Wenn es voll Langerweile wird stuff.
»Sage mir,« sprach ich, »was ist denn dies stuff?«
Er antwortete:
Stuff heißet stumpf; die Stumpfen reizt – Die Kastagnette und das Duff.
»Sage mir,« sprach ich, »was ist denn ein Duff?«
Er antwortete:
Duff heißt die Trommel, die man schlägt; – Zum Beispiel so: piff paff, piff puff.
Und indem er dies sagte, versetzte er mir zugleich einige tüchtige Stöße, vermutlich aus Furcht, daß ich ihn noch weiter um die Erklärung des Puff fragen könnte, die er mir ungefragt auf das handgreiflichste gab. Seine Laune gefiel mir, und ich lud ihn ein, denselben Abend zu mir zum Essen zu kommen. Er nahm die Einladung an, und ich führte ihn in mein Haus.
Ich, meine Frau, meine beiden Söhne und meine beiden Töchter, in allem sieben, setzten uns zum Mahle nieder. Es wurde ein Rebhuhn aufgetragen. »Mache du die Austeilung, o Bruder Beduine«, sprach ich zu meinem Gaste. Er sprach: »Der Kopf gebührt dir, als dem Haupte der Familie, die Flügel den Mädchen, als den Fittichen, und die Füße den Söhnen, als den Schenkeln des Hauses, der Steiß der Hausfrau, aus guter Ursache, und das Gerippe dem Beduinen!«
Hierauf kam eine Tracht von fünf
Weitere Kostenlose Bücher