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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Sitten, alles spricht für dich und bestärkt mich in der Meinung, daß du durch irgendeinen außerordentlichen Notfall dazu gezwungen worden bist, zu außerordentlicher Hilfe Zuflucht zu nehmen.« »Suche mich nicht zu retten, o Fürst, und vollstrecke das Gesetz des Herrn. Richte mich nach den Werken meiner Hände, Allah, der Herr, ist nicht ungerecht gegen seine Diener.« Khalid schwieg, lange nachdenkend, und sagte dann: »Dir steht frei, deine Aussage im Angesichte der Zeugen umzuändern, denn ich halte dich für keinen Dieb. Vertraue mir deine Geschichte an, und du darfst meines Stillschweigens gewiß sein.« »Laß dir, o Fürst, nichts anderes in den Sinn kommen, als was ich bereits bekannte und gestand; ich habe dir nichts anderes zu vertrauen. Ich brach in das Haus, man ergriff mich und schleppte mich vor dich, um meine verdiente Strafe zu empfangen.« Khalid befahl der Wache, ihn zu ergreifen, und ließ den Gerichtsausruf ergehen. Da schrien die Ausrufer durch ganz Bassorah: »Wer schauen will, was das Gesetz verhängt über die Diebe, finde sich morgen am Richtplatze ein, wo die Hand fallen wird, die fremdes Gut entwendet hat.«
    Als der Jüngling in Ketten gelegt war, hörten ihn die Wächter im Kerker singen:
    Khalid wollte mich erschrecken – Mit dem Drohn, die Hand mir abzuhauen.
    Falls ich sollte nicht entdecken – Was mir niemand darf im Herzen schauen.
    Mögen sie den Spruch vollstrecken – Rett ich nur hierdurch die Ehr der Frauen –
    Man hinterbrachte die Worte dem Statthalter, und dieser ließ den Jüngling spätabends noch zu sich rufen, um sich mit ihm zu unterhalten. Er fand, daß seine geistige Bildung seiner Gestalt entsprach und daß er in allen schönen Künsten bewandert war.
    »O junger Mensch,« sprach Khalid, »ich bin überzeugt, du bist kein Verbrecher, und es hat mit deinem Diebstahl eine andere Bewandtnis. Morgen, wenn die Ankläger zum letzten Male auftreten und die Richter zum letzten Male sprechen werden, kannst du dich noch retten, wenn du nur eine wahrscheinliche Ausflucht vorbringst, die dem Gesetze ausbeugt; sagt doch selbst der Prophet: Beugt den Strafgesetzen durch Zweifel aus!« Hierauf sandte er ihn ins Gefängnis zurück.
    Am folgenden Morgen versammelte sich ganz Bassorah auf dem Richtplatze, um die Vollstreckung des Urteils zu schauen. Khalid und die Vornehmsten der Einwohner kamen zu Pferde, die Richter folgten ihnen auf schön gezäumten Mauleseln. Der Jüngling wurde vorgeführt in Ketten, und kein weibliches Auge blieb bei seinem Anblick trocken. Rundum erscholl Weinen und Wehklagen; Khalid sah sich gezwungen, Stille zu gebieten, und redete dann den Jüngling folgendermaßen an: »Diese Leute klagen dich aus Irrtum an, du habest gestohlen; was sagst du hierauf?« »Ich sage, sie haben recht, o Fürst! Ich brach in ihr Haus ein mit dem Vorhaben, zu stehlen.« »Vielleicht hast du gerechte Forderungen an die Eigentümer des Hauses?« »Ich habe keine.« »So hattest du wenigstens Helfer?« »Mitnichten, ich trage die ganze Schuld allein.« Der erzürnte Khalid gab dem Jüngling einen Backenstreich und rief den Henker, daß er durch das Abhauen der Hand die gesetzmäßige Strafe vollzöge. Schon lag die Hand ausgestreckt auf dem Blocke, schon war der Arm des Henkers zum Streiche erhoben, da brach mit Jammer und Zetergeschrei aus den Reihen der Frauen ein junges Mädchen hervor und warf den Schleier zurück und erschien wie der Vollmond in Regenwolken. Es erhob sich ein allgemeines Geschrei bei ihrem Anblicke. »Halt ein, halt ein, o Fürst!« rief sie, »mit der Vollstreckung des Urteils, halt ein, und lies zuvor diese Bittschrift!« Mit solchen Worten reichte sie ihm ein Papier dar, auf dem die folgenden Verse geschrieben waren:
    Halt! Khalid, halt! du bist betrogen – Es kam von meiner Brauen Bogen
    Der Pfeil des Unheils angeflogen; – Lies hier, was sonst verborgen bliebe,
    Es machte ihn die reinste Liebe – zum Ehrenretter – nicht zum Diebe.
    Khalid las die Verse mit Rührung und ließ das Mädchen sogleich vor sich kommen, um ihm die ganze Geschichte ausführlich zu erzählen. Sie gestand, der Jüngling brenne schon seit langem von Liebe, die sie nicht unerwidert lasse. Vorgestern habe er sich ins Haus gestohlen, und mit Steinwürfen habe er das abgeredete Zeichen gegeben. Vater und Brüder hätten es gemerkt und sogleich eine Untersuchung vorgenommen. Da der Jüngling nicht mehr entfliehen konnte, griff er nach einigen Stücken Zeuges, die ihm unter

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