Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
Vom Netzwerk:
der Gemahlin Dscha'afars, des Barmekiden, an, die mich an diesen Sklavenhändler verkaufte, und bin schwanger und flehe dich um die einzige Gnade, mich bis nach meiner Entbindung nicht zu berühren.‹ Nach derselben lebten wir in der größten Vertraulichkeit. Ich hatte ein Schiff auf dem Tigris gemietet, an dessen Bord ich die heißesten Tage in angenehmer Kühlung verlebte.
    Eines Tages aber erschien ein Staatsbote, um mich zu Sulaiman ibn Seini, einem der größten Serailbeamten, zu holen. ›Ich höre,‹ sprach er, ›daß du die und die Sklavin besitzest.‹ ›Ja, und ihr Kind obendrein; denn sie wurde bei mir entbunden, und ich habe sie erst nach ihrer Entbindung berührt.‹ ›Schon gut‹, sprach er und hieß mich gehen. Gegen Abend bestiegen fünfzig Sklaven mit gezogenen Schwertern mein Schiff und führten mich ab samt meiner Familie, die aus meiner Mutter, aus meiner unverheirateten Schwester, aus der Sklavin und ihrem Kinde bestand. Man brachte uns in den Palast Dscha'afars, des Barmekiden; die Sklavin wurde weggeführt, ich aber, meine Mutter und meine Schwester mit der größten Achtung behandelt.
    Indessen wurde uns die ehrenvolle Gefangenschaft gar bald langweilig. Wir gingen eines Tages bis an die alte Brücke, wo der Garten aufhört. Dort fanden wir eine Karawane, die nach Rahba zog und an die wir uns sogleich anschlossen. Nachdem wir einige Parasangen zurückgelegt hatten, fingen meine Mutter und meine Schwester, die von Müdigkeit erschöpft waren, an zu weinen. Drei Reiter, die sich unserer erbarmten, nahmen uns auf ihre Pferde hinter sich und brachten uns glücklich nach Rahba. Ich durchstrich die Straßen der Stadt, um einen Nahrungszweig zu suchen, und blieb dann vor dem Gewölbe eines ehrwürdigen Greises stehen. ›O mein Vater,‹ sagte ich, ›wie verdienen hier die Fremden ihr Brot?‹ ›Durch Arbeit‹, antwortete er; ›geh nur ins Gewölbe meines Nachbars, des Schmiedes, es wird dir gewiß an Verdienst nicht fehlen!‹ ›Aber ich habe nie einen Hammer angerührt!‹ ›Tut nichts zur Sache, wirst es schon lernen.‹ Er gab mir einen Jungen, der mich zum Schmiede führte und mich im Namen seines Herrn anempfahl. ›Ist gut,‹ sprach der Schmied, ›hier ist Amboß und Hammer; aber es heißt Tag und Nacht arbeiten, und du erhältst dann alle vierundzwanzig Stunden zwei Dirhems.‹ Zwei Dirhems waren viel für mich in der Lage, worin ich mich befand. Abends kaufte ich um einen Dirhem Brot und einen Dirhem Braten und versorgte damit meine Mutter und Schwester. ›Bei Allah! so bist du gar ein Schmied geworden‹, sagte meine Mutter weinend. Nach einem leichten Nachtmahle kehrte ich zur Esse zurück, um meine Schmiedearbeit von neuem zu beginnen. Ich und ein anderer Junge hämmerten Eisen auf dem Amboß.
    Mein Mitgeselle, den der Schlaf überwältigte, hob den Hammer nachlässig. Der Meister ergrimmte über seine Faulheit und rief ihm zu: ›O Taugenichts, wirst du wohl arbeiten!‹ und schleuderte einen glühenden Nagel auf ihn zu, den er soeben aus dem Feuer gezogen hatte. Der Nagel traf den Jungen an den Schläfen, und er stürzte zu Boden. Bei diesem Anblick ergriff der Meister die Flucht und ließ mich allein in der Werkstätte zurück. Was sollte ich als Fremdling in der Stadt und mitten in finsterer Nacht tun? Ich verließ die Werkstätte und wollte so gut ich konnte forttappen; da erblickte ich Fackelschein. Es waren die Wachleute, die die gewöhnliche Runde machten; und sie kamen auf mich zu, ehe ich mich flüchten konnte. ›Was machst du hier zu dieser Stunde?‹ ›Ich arbeitete in der Schmiede.‹ ›Laß sehen, was!‹ Sie fanden meinen Mitgesellen tot und ergriffen mich sogleich als den Mörder. Man ließ mich gar nicht zur Rede kommen, und es war mir unmöglich, meine Unschuld zu verteidigen. Ich wurde in den Kerker geworfen und frühmorgens zum Blutgerüste geführt. Meine Mutter und Schwester wußten nichts davon, aber eine Menge Volks, groß und klein, begleitete mich zur Gerichtsstätte.
    In dem Augenblicke, als der Scharfrichter das Schwert aufhob und ich in einem kurzen Gebet meinen Geist Allah empfahl, drängte sich der Schmied durch die Menge herzu und schrie laut, daß ich unschuldig und er der Täter sei. Ich erweckte das Mitleiden des Volkes, das mich kurz vorher mit Verwünschungen bedeckt hatte. Der eine gab mir ein Gewand, der andere einen Schal, der dritte einen Ring. Bereichert durch diese Geschenke, kehrte ich zu meiner Mutter und Schwester zurück,

Weitere Kostenlose Bücher