Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Weggehen über die Mängel der Bewirtung, wiewohl er alles aufgeboten hatte, was in seinen Kräften stand, um ihm den Aufenthalt der drei Tage angenehm zu machen. »Es ist schon gut,« sagte der andere, »aber wenn du zu mir kommst, will ich dich besser bewirten, als du mich.« Der Fall traf bald hernach ein; allein der Gast sah nicht das geringste von besonderer Vorbereitung und verwunderte sich darob nicht wenig. Der Gastgeber, der dessen gewahr wurde, half ihm aus dem Traume: »Sagte ich nicht, ich würde dich besser bewirten, als du mich. Du machtest tausend Vorbereitungen in deinem Hause, als ob ich ein Fremder wäre; ich keine, weil ich dich als ein Mitglied meiner Familie ansehe.« – Die wahre Gastfreundschaft besteht in der ungezwungenen Aufnahme unserer Freunde, ohne besondere Vorrichtung.
Abu Anassr Thelebi erzählt: Ein Geizhals aus Kufah habe gehört, daß es in Bassorah einen noch größeren Geizhals gäbe, bei dem er in die Schule gehen könnte. Er begab sich dahin und führte sich selbst ein als einen Anfänger in der Kunst, geizig zu sein, der von einem so großen Meister lernen wolle. ›Willkommen!‹ sprach der Geizhals von Bassorah, ›wir wollen sogleich auf den Markt gehen, um einzukaufen.‹ Sie gingen zum Bäcker: ›Hast du gutes Brot?‹ ›Zu dienen, o meine Herren, frisch und weich wie Butter.‹ ›Du siehst,‹ sprach der Mann aus Bassorah zu dem aus Kufah, ›daß Butter besser ist als das Brot, das damit verglichen wird, und wir werden besser tun, uns mit Butter zu behelfen.‹ Sie gingen zum Händler und fragten, ob er gute Butter habe. ›Zu dienen, Butter, frisch und schmackhaft wie das köstlichste Olivenöl.‹ ›Du hörst,‹ sprach der Wirt zum Gaste, ›die beste Butter wird dem Öl verglichen, das um vieles vorzüglicher sein muß.‹ Nun gingen sie zum Ölverkäufer: ›Hast du gutes Öl?‹ ›Vom besten, klar und hell wie Wasser.‹ ›Ei! ei!‹ sagte der Geizhals von Bassorah zu dem von Kufah, ›so ist also Wasser die beste Kost. Ich habe in meinem Hause eine ganze Kufe voll, womit ich dich herrlich bewirten will!‹ Und wirklich setzte er seinem Gast nichts als Wasser vor, weil es besser sei als Öl, wie Öl besser als Butter, und Butter besser als Brot sei. ›Gottlob,‹ sagte der Geizhals aus Kufah, ›ich habe meine Reise nicht umsonst gemacht, sondern etwas Tüchtiges gelernt.‹
Ein Bürger aus Kufah zankte sich eines Tages ganz gewaltig mit seinem Nachbarn. Man brachte die streitenden Parteien auseinander und fragte sie um die Ursache ihres Zankes. »Weil mich die Leute einen Geizhals schelten,« sprach der eine, »kaufte ich um einen Dirhem einige Markknochen, sog das Mark aus und warf die Knochen vor die Tür, auf daß die Leute sähen, daß ich gegessen, und mich mit ihren Spottreden verschonen sollten. Da kommt mein sauberer Nachbar und nimmt die Knochen vor meiner Tür weg und legt sie vor seine nieder, um sich in guten Leumund zu bringen und mich im bösen zu erhalten. Nun sprechet Recht, o Hadschi Kadi!« Der Kadi war der geeignetste von der Welt, denn er war selbst ein Geizhals, der es noch weiter als die streitenden Parteien in der Kunst gebracht hatte. »Du«, sagte er zum Beklagten, »hast gefehlt, dir fremdes Eigentum zuzueignen und die Knochen vor des Nachbarn Tür wegzunehmen; zur Strafe dafür sollen sie vor deiner liegen bleiben. Und du, o Blödsinniger,« fuhr er fort, indem er sich zum Kläger wandte, »begreifst du denn nicht, daß die Meinung der Leute, du äßest nichts, bei weitem die vorteilhaftere ist? So läufst du keine Gefahr, Gäste zu bekommen, die sich bei deinem Nachbarn einfinden können, wenn die Meinung gang und gäbe wird, daß er Mahlzeit hält. So sei er bestraft für seinen Diebstahl!«
Zwei lustige Köpfe verabredeten sich, einen Richter, der ein Teriaki oder Opiumesser und kein Freund von langen Prozessen war, zu narren. Der Kläger forderte hundert Dinare, die er dem Beklagten geliehen haben wollte. »Hast du sie empfangen?« fragte der Richter. »Ja, o Herr, aber ich kaufte in der Folge dafür auf des Klägers Rechnung Baumwollsamen, den ich ihm richtig übergeben habe.« »Verhält sich die Sache so?« fragte der Richter den Kläger. »Ja, o Herr, als aber die Saatzeit herbeigekommen war, gab ich ihm den ganzen Samen wieder zurück.« »Das ist wahr,« wandte der Beklagte ein, »aber als die Erntezeit gekommen war, erntete mein Gegner den Ertrag des ganzen Feldes, worauf die hundert Dinare Baumwollsamen ausgesät
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