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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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sie ihre schönen Arme um meinen Hals und beschwor mich, das zu vergessen, welches das Unglück meines Lebens ausmachen würde. Ich wollte ihr noch mein feuriges Verlangen schildern und sie inständigst bitten, aber sie antwortete immer so entschlossen, daß ich nicht imstande war, ihr zu widersprechen; sie gab mir Hoffnungen für die Zukunft und verschönte sie durch die Verheißung der Erfüllung meines Verlangens. Nachdem sie mich endlich zum verliebtesten aller Männer gemacht hatte, nahm sie die Hand ihrer Jungfrauen einer, die sie rief, legte sie in meine und zog sich zurück, um sich der Süße des Schlafes hinzugeben, indem sie mir befahl, mich in ihrer Abwesenheit mit diesem reizenden Wesen zu erfreuen. Ich verbrachte den Rest der Nacht mit der schönen Sklavin und genoß aus reinem Gehorsam die faden Freuden, deren ein für ein anderes Wesen wahrhaft entzündetes Herz fähig ist. Und ich wollte meine Zärtlichkeiten gar verdoppeln, um anderen Tages besser imstande zu sein, der Prinzessin zu gehorchen.
    Beim Sonnenaufgang nahm die schöne Jungfrau, die es verdient hätte, um ihrer selbst willen geliebt zu werden, Abschied von mir und verschwand wie die vom Vorabend, um sich mit ihren Gefährtinnen zu vereinigen, und lief davon mit der Geschwindigkeit eines heftigen Windes, der eilends dahinbraust. Ich fand mich nun also allein in dem Garten, dessen Einsamkeit mir unerträglich erschien. Verschiedene Gedanken beschäftigten mich, aber alle hatten sie die Prinzessin zum Gegenstande. ›Ich habe sie zu sehr mit meinen Bitten und Drängen gequält,‹ sagte ich mir, ›die schöne Zypresse wird nicht wieder in den Garten kommen!‹ Solchen Gedanken folgten andere; indessen redete ich mir ein, daß sie mich nur in einen so traurigen Zustand versetzt hätte, um die Zärtlichkeit und Aufrichtigkeit meiner Liebe zu prüfen. ›O großer Allah, kann sie daran zweifeln?‹ rief ich alsobald aus. ›Aber was sage ich,‹ fing ich im Augenblick wieder an, ›ich suche mir eitle Vorstellungen zu machen und bin vielleicht zu empfänglich für die köstlichen Weine gewesen, die sie mir hat anbieten lassen; mußte ich nicht die Sklavinnen zurückweisen, die sie mir gegeben hat? Sie wird mich für einen Mann halten, der sich durch Sinnenlust hinreißen läßt. Zweifelsohne wird sie sich allem widersetzen, um was ich sie bitten kann, ja wird mehr tun, sie wird von mir gehen, und ich werde sie niemals wiedersehen. Ich habe mich getäuscht; was Gold war, habe ich für Silber ausgegeben und habe mich durch falsche Liebkosungen einer Grausamen täuschen lassen. Ich glaubte ihr zu gefallen; warum habe ich nicht an ihre Unbeständigkeit gedacht? Aber wehe, das Gift ihres Anblicks wird mich sterben lassen!‹ Dann schlug ich mich an den Kopf, indem ich den Tag verwünschte, an dem ich mich einer so unheilvollen Liebe hingegeben, und machte mir die bittersten Vorwürfe. Also verbrachte ich den zweiten Tag. Und als am Himmel die glitzernden Sterne funkelten, bemerkte ich die schönen Dienerinnen der Prinzessin, die gemäß ihrer Gewohnheit mit ihren Kerzen In den Garten kamen. Die Königin der Schönheit aber war mitten unter ihnen wie eine schlanke Zypresse, die ihr stolzes Haupt bis in die Wolken hebend über alle andern herrscht, die sie umgeben. Als nun jetzt die Liebesglut mich noch mit mehr Macht denn je zu ergreifen begann, warf ich mich ihr jählings zu Füßen, wie ein wilder Sturzbach, der von der Höhe des Felsens herabstürzt. Sie schien von meiner Heftigkeit gerührt, und mir mit wohlgefälliger und freundschaftlicher Miene beim Aufstehen helfend, reichte sie mir die Hand, ließ mich noch auf ihrem Throne ihr zur Seite Platz nehmen und befahl der Gewohnheit gemäß, daß man das Fest vorbereite. Die Tafeln wurden alsbald hergerichtet und bedient, die Tänze und die Gesänge und die Harmonien der Musikgeräte fanden noch einmal statt; der Wein begann bereits, alle Jungfrauen zu beleben und dem Spiegel ihrer Herzen, den Kummer hatte blind machen können, wieder Glanz zu geben, als ihnen die Königin der Schönheit befahl, sich auszuruhen. So fand ich mich denn allein mit ihr, und es währte nicht lange, als ich wieder mit meinen Liebkosungen und Bitten begann, indem ich Tränen vergoß, welche die Liebe allein zu entlocken fähig war. Und ich erinnere mich gar, daß ich mit aller möglichen Zärtlichkeit und Hingebung zu ihr sprach: ›O glänzende Sonne, o Meer der Schönheit, welches Unheil kann eine Ameise in einer

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