Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
großen Menge Zuckers anstiften ? Welchen Schaden kann eine Biene in einem Blumenbeete verursachen ? Ohne dich war ich tot, du hast mich mit dem Wasser des Lebens wieder erweckt. Willst du mir jetzt das Schwert der Verzweiflung ins Herzblut tauchen? Du hast mich mit der Güte, mit der du mich aufgenommen hast, bis zum Himmel erhoben und widersetzest dich nun mit aller nur erdenklichen Sprödigkeit dem lebhaftesten aller Wünsche; eine Weigerung, die mich bis zum Mittelpunkt der Erde sinken läßt. Ich beschwöre dich bei der Gastfreundschaft, die du mir so großmütig gewährt hast, lasse mich zum Ziele meines Glücks gelangen!‹ ›Warum‹, sagte sie dawider, ›läßt dich deine Ungeduld in dein Verderben geraten? Könnte jemand, der mit dir umgeht, wie ich es tue, die dir noch nichts abgeschlagen hat, ein solches Unrecht gegen dich begehen, könnte ich dir gar die geringste Not bereiten, wenn ich mich nicht dazu genötigt sähe? Eines Tages wirst du das von mir erlangen, so du heute zu Unrecht von mir begehrst; darauf gebe ich dir mein Wort; jetzt aber kann ich deine Liebe noch nicht befriedigen!‹ ›O Schönheit ohnegleichen,‹ schrie ich seufzend auf, ›die Zeit ist unbeständig; die Tage und Nächte sind nicht immer die gleichen, und das Glück ist sehr launisch. Wenn man soviel Geist hat wie du, muß man fühlen, daß es die größte Torheit ist, sich eine günstige Gelegenheit entschlüpfen zu lassen! Kannst du das Wort zurücknehmen, das du mir gegeben hast ? Nein, du bist unfähig, mich zu täuschen. Warum es also hinausschieben? Warum, o reizende Königin, den Schritt nicht heute nacht tun? Warum dich länger entschuldigen und mir Verzögerungen vorschlagen, deren Gründe ich nicht verstehen kann? Die Zeit ist wie ein Sturmwind, der in einem Augenblick die Ernte der Liebe vernichten kann. Was wird aus mir, wenn mein Glück, wenn meine Hoffnungen zunichte werden? Ich kann den Anblick deiner Sklavinnen nicht ertragen, du allein hast mich gefesselt, habe Mitleid mit dem Zustand, in den du mich brachtest; gewähre mir ein Vergnügen, das zu kosten ich mich so sehr sehne. Ich kann mich nicht mehr mäßigen, meine Langmut ist zu Ende; zu oft habe ich eine schöne Gelegenheit verpaßt und will heute nicht denselben Fehler begehen, will meine Leidenschaft befriedigen, mag kommen, was da will!‹ Ihre Bitten und ihr Widerstand waren unnütz; und hätte ich dafür sterben müssen, ich wollte den reizenden Schatz besitzen. Als die Schöne sogleich den Zustand, in den mich meine Leidenschaft versetzte, sah und wohl merkte, daß sie mir nicht leicht entschlüpfen könnte, willigte sie einen Augenblick aus Furcht ein, um sich mir einen Augenblick später aus Scham zu verweigern. Doch nichts brachte mich von meinem Vorhaben ab; und ich wollte die Glut, die mich verzehrte, durchaus löschen. Eine solch große Hartnäckigkeit erregte indessen die Prinzessin; eine Röte, halb aus Zorn, halb aus Scham bestehend, stieg ihr ins Gesicht, und sie sprach zu mir: ›Nun, wohlan, du sollst zufrieden sein. Tue mir wenigstens keine Gewalt an; ich widersetze mich dem, was du von mir verlangst, nicht mehr. Um eine Gunst aber bitte ich dich: schließe die Augen, während ich dir das Tor des Schatzhauses öffne, in dem du alle Reichtümer der Liebe ernten sollst. Niemand ist Herr darüber gewesen, und niemals soll es ein anderer sein als du!‹ Solch schmeichelhafte und süße Worte zwangen mich, meinen Kopf mit dem Zipfel des Mantels zu bedecken; und ich schloß die Augen, wie ich es versprochen hatte; indem ich der Wonnen gedachte, die ich genießen sollte, hielt ich mich für den glücklichsten aller Menschen. Traurigen Tones, den ich sie bald vergessen zu machen hoffte, sagte die Prinzessin zu mir: ›Öffne die Augen!‹; eifrig gehorchte ich ihr und fand mich in dem schrecklichen Korbe, der mich hergebracht hatte. Schmerz und Wut bemächtigten sich meiner Sinne, ich verlor das Bewußtsein und wurde ohnmächtig; doch kam ich wieder zu mir. Indessen hob sich der Korb in die Lüfte und trug mich zu dem Gemäuer zurück, wo ich ihn gefunden hatte. Ich wollte diesen schrecklichen Korb verlassen, indem ich alle nur möglichen Verwünschungen gegen den Himmel und mein Schicksal ausstieß. Doch war ich sehr betroffen, den jungen Kaufmann wieder vorzufinden, der gekommen war, um mich alle Tage zu erwarten, da er sich mein Unglück wohl denken konnte; mein Inneres bewegte sich bei seinem Anblick; und meine Augen wurden dem Meere
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