Tausend und eine Nacht, Band 4
meinen Mädchen unverschleiert ausreiten könne; daß, wer sich aber an einem Fenster oder auf der Straße blicken lasse, meinem Schwert verfalle. Abid begab sich am folgenden Tag wieder zum Sultan und trug ihm seinen Wunsch vor, den ihm auch der König, seinem Versprechen gemäß gewährte. Da aber die Leute fürchten, Hunde und Katzen möchten ihnen ihre Waren in den offenen Läden verderben, sperren sie auch diese Tiere ein, ehe sie in die Moschee gehen. Nun weißt du«, fuhr die Gattin des Barbiers fort, »wer diese Dame ist; willst du aber mit ihr bekannt werden, so sage mir, ob du nicht etwa einige Kostbarkeiten bei dir hast.« – »O ja«, erwiderte Zeitmond, »ich habe allerlei Edelsteine bei mir, von fünfhundert bis tausend Dinaren das Stück.« – »Gut«, versetzte die Frau des Barbiers, »wenn du einige derselben zu opfern bereit bist, so kannst du zu deinem Ziel gelangen. Geh' einmal zuerst mit einem Stein, welcher fünfhundert Dinare wert ist, zu Scheich Abid, dem Obersten der Juweliere, und sagte ihm, er soll dir einen Siegelring daraus machen; du gibst ihm sogleich zwanzig Dinare Arbeitslohn und jedem seiner Gesellen einen Dinar, bleibst eine Weile bei ihm sitzen und unterhältst dich mit ihm; kommt ein Bettler, so schenke ihm einen Dinar; zeige dich überhaupt recht freigebig, damit alle Leute im Hause dich lieb gewinnen. Dann komme morgen wieder mit hundert Dinaren zu mir, da wollen wir das Weitere beraten.«
Zeitmond befolgte genau den ihm erteilten Rat, und Abid war so für ihn eingenommen, daß er den Edelstein mit nach Hause nahm, um ihn selbst nach Zeitmonds Wunsch zu schleifen. Dies tat er nur bei Arbeiten, an denen ihm sehr viel gelegen war und die er allein verrichtete, damit keiner seiner Gesellen es absehe und anderen Meistem verrate. Als er an dem Siegelring arbeitete, kam seine Frau in die Werkstätte und fragte ihn, wem dieser Ring gehöre, der eines Königs würdig wäre. »Er gehört einem fremden Kaufmannssohn«, antwortete Abid, »der ebenso schön und wohlgebildet ist, als edel und freigebig; wenn ich nicht fürchtete, dich zu beleidigen, so würde ich sagen, er ist noch tausendmal schöner als du.« Abid fuhr dann wie ein recht einfältiger Gatte, fort, Zeitmond solange zu loben, bis seine Gattin sich immer mehr zu ihm hingezogen fühlte. Als der Ring fertig war, ergriff sie ihn und legte ihn an, und da er ihr gerade paßte, sagte sie zu Abid: »Der Ring gefällt mir so gut, daß ich ihn für mich behalte, ich nehme ihn nicht mehr vom Finger.« – »Habe Geduld«, erwiderte Abid, »der Jüngling ist sehr edel, vielleicht verkauft er mir ihn, oder vielleicht hat er noch einen ähnlichen Stein, den ich dann für dich herrichte.«
Am folgenden Morgen begab sich Zeitmond zum Barbier, schenkte ihm wieder hundert Dinare und bat seine Frau um weitere Verhaltungsmaßregeln. »Wenn dir heute Abid den Ring bringt«, sagte des Barbiers Frau, »so tue, als wenn du ihn anziehen wolltest, und sagte, er sei dir zu eng; wenn er ihn dir dann erweitern will, so sage: Lasse ihn, wie er ist: schenke ihn einer deiner Sklavinnen und mache mir einen anderen aus einem besseren Stein. Du gibst ihm dann einen Edelstein, welcher siebenhundert Dinare wert ist, bezahlst ihm dreißig Dinare für den Siegelstecher voraus und schenkst jedem Arbeiter zwei Dinare. Morgen komme dann wieder mit zweihundert Dinaren zu mir, da will ich dir sagen, was du ferner zu tun hast.« Zeitmond begab sich hierauf in den Laden Abids und tat, wie ihm des Barbiers Frau geraten. Abid konnte eine solche Freigebigkeit gar nicht fassen; freudig ging er nach Hause, gab seiner Frau Zeitmonds Ring und erzählte ihr, wie edel sich Zeitmond gegen ihn benommen. »Dieser Jüngling«, fuhr er dann fort, »kann unmöglich ein Kaufmannssohn sein; er ist gewiß irgendein fremder Prinz.« Hierauf zog er dann den zweiten Stein aus der Tasche und arbeitete daran, bis der Ring fertig war. Seine Gattin zog ihn wieder an und wünschte auch diesen zu behalten; aber Abid sagte ihr: »Habe Geduld, vielleicht verkauft er mir ihn.« Am dritten Tag, als Zeitmond wieder zum Barbier mit zweihundert Dinaren kam, sagte ihm dessen Frau: »Wenn Abid dir heute den zweiten Ring bringt, so sage, er sei dir zu weit, er solle dir, um nicht wieder zu irren, das Maß nehmen; schenke ihm auch den zweiten Ring für eine seiner Sklavinnen und gib ihm einen Edelstein, welcher tausend Dinare wert ist, vierzig Dinare für den Siegelstecher und drei Dinare für jeden
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