Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
Vom Netzwerk:
welche schon in ihrem achten Jahr das schönste Mädchen auf Erden war. Wir lebten mehrere glückliche Jahre nach meiner Mutter Tod beisammen, als auf einmal ein Geist von der Größe eines Dattelbaumes zu uns hereintrat, Badiah auf den Arm nahm und mit ihr davonflog. Es sind jetzt zwölf Jahre schon, daß uns dieses Unglück getroffen, und schon hatten wir alle Hoffnung verloren, Badiah wiederzusehen, als mir gestern im Traum eine Stimme zurief: Sei frohen Herzens, Djirah, so heiße ich nämlich, du wirst bald deine Schwester wiedersehen; es werden morgen zwei Leute kommen, ein Mensch namens Djaudar und ein Geist mit Namen Misram, durch die deine Schwester befreit wird. Wenn du diese beiden siehst, so führe sie auf die Terrasse, und wenn der Vogel sich dreimal im Kreis herumdreht und seine Flügel ausbreitet, so diene es dir als Zeichen der Wahrheit meiner Worte. Darum, mein Herr Djaudar, so schloß Djirah, freute ich mich so bei der Bewegung dieses Vogels. Kaum hatte Djirah ihre Erzählung beendet, da flog ein weißer Vogel zu uns und schüttelte von seinen Flügeln einen Geist auf die Terrasse herab. Das ist Schilschanum, sagte Misram, der Sohn des Priesters Djaldjamuk, der uns mit den Schlingen bekannt machen will, die uns sein Vater in Hindmars Schloß gelegt habe. Er grüßte ihn dann freundlich und stellte mich ihm als den Besitzer des Zauberschwertes vor. Weißt du, Misram, sagte Schilschanum, warum ich dich hierher bestellt habe? Weil ich gar oft diesen alten Mann um seine verlorene Tochter Badiah jammern hörte, welche kein anderer als Hindmar geraubt hat, und ich daher ihm die Rückkehr derselben verkündigen wollte, sobald Djaudar die Welt von diesem Ungeheuer befreit haben wird. Wollt ihr aber in euerem Unternehmen gegen Hindmar nicht den Tod finden, so höret mir aufmerksam zu und vernachlässigt nichts von dem, was ich euch sage.
    »Schilschanum – so fuhr Djaudar in seiner Erzählung fort – sprach weiter zu uns: Ihr müsset nun von hier aus drei Tage lang durch das Feuertal gehen; dann gelangt ihr an einen grünen Berg, der ebenso hoch ist, als dieser, und zu dessen Gipfel ein bequemer Fußpfad führt. Habt ihr die höchste Spitze dieses Berges erstiegen, so sehet ihr das Säulenschloß und den Rabensee vor euch liegen. Das Schloß ist ungeheuer groß und ruht auf vierundzwanzig Säulen; es ist ganz glatt, hat weder Fenster noch Türen, so daß man es in der Ferne für einen Felsenblock hält. Dem Schloß gegenüber liegt ein kleiner See, vor welchem eine dünne, hohe Säule steht mit einem goldenen Raben, der den Schweif gegen den Himmel und den Schnabel zur Erde streckt. Du, Djaudar, mußt die Erde aufgraben an der Stelle, nach welcher der Schnabel des Raben gerichtet ist, bis du einen Beutel findest, welcher einen Bogen und drei Pfeile enthält. Spanne den Bogen und ziele nach dem Schnabel des Raben; triffst du ihn, so wird er sich dreimal im Kreise herumdrehen und drei goldene Schlüssel aus dem Mund fallen lassen; fehlst du zum ersten Male, so wird sich ein furchtbares Getöse um dich erheben, Geister von verschiedenartigster Gestalt werden dich angrinsen; der eine wird rufen: Ergreifet ihn! der andere: Zerreißet ihn! Laß dich aber nicht abschrecken, sondern schleudere auch den zweiten Pfeil nach dem Raben. Triffst du ihn wieder nicht, so wird der drohende Lärm um dich zunehmen; greife aber ohne Furcht nach dem dritten Pfeil, denn zum dritten Male triffst du gewiß den Schnabel des Raben. Nimm dann die Schlüssel, die aus seinem Schnabel fallen, gehe damit an den rechten Flügel des Schlosses und rufe: Abd Assurur, Bewohner dieses Schlosses! Man wird antworten: Hier bin ich, mein Herr Djaudar; es ist alles geschehen. Du wirst dann ein großes Geräusch aus dem Inneren des Schlosses vernehmen, als wenn viele Leute über einander stürzten; dann wird es nach und nach still werden und eine vorher unsichtbare Tür sich öffnen, an welcher ein schwarzer Sklave dich bewillkommnen und um eines der Blätter bitten wird, die Misram als Urlaub von dir erhielt. Gib ihm eines; er wird sogleich seine Flügel ausbreiten und davonfliegen. In der Halle des Schlosses siehst du eine Tür zu deiner Linken, welche einer der drei goldenen Schlüssel öffnet; du kommst durch ein großes Zimmer in einen Gang mit vierzig marmornen Platten, zwanzig davon sind weiß und zwanzig schwarz; trittst du auf eine weiße Platte, so sinkst du unter und zerschmilzest wie heißes Blei, und hättest du auch fünfzig

Weitere Kostenlose Bücher