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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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schon außerhalb der Stadt lagere und zum Aufbruch bereit sei. Er verließ schnell die Stadt und fand schon alles zum Abmarsch bereit, nur der Oberste der Kaufleute hatte seine Waren noch nicht aufgepackt, und vergebens bat er die Kameltreiber, ihm zu helfen. Als Ali dies sah, näherte er sich ihm, grüßte ihn und fragte ihn, wie es käme, daß er keinen Gehilfen und keinen Diener mitgenommen habe, zu so vielen Mauleseln mit Waren beladen. »Ich hatte zwei Jungen bei mir«, antwortete der Oberste, »die ich kleidete und denen ich noch Geld in die Tasche gab; aber sobald wir vor der Stadt waren, entflohen sie, und nun befinde ich mich allein.« Als Ali dies hörte, sagte er: »Ich will dein Gehilfe sein«, und fing sogleich an, die Maulesel mit den auf der Erde herumliegenden Waren zu beladen. Der Kaufmann gewann ihn deshalb sehr lieb und teilte mit ihm allen Mundvorrat, den er bei sich hatte. Die Karawane setzte glücklich ihren Weg fort, bis sie an den Löwenwald kam. Dort hauste ein Löwe, der jede Karawane anfiel und sehr oft einen Menschen fraß. Es wurde gewöhnlich unter den Kaufleuten gelost, wer vorangehen und sich dem Löwen hingeben müsse, um die übrigen zu retten.
    Das Los fiel dieses Mal auf den Obersten der Kaufleute, der so ängstlich und bestürzt darüber war, daß er schon sein Testament machte. »Warum seid ihr so verzweifelt?« fragte Ali; und als man ihn von dem Vorfall unterrichtete, sagte er: »Flieht ihr vor einer Landkatze? Ich will den Löwen töten.« Als der Karawanenführer dies dem Kaufmann meldete, erbot er sich, Ali tausend Dinare zu geben und auch die übrigen Kaufleute verhießen ihm Geschenke. Ali zog sein Oberkleid aus und stand in stählener Rüstung da, dann öffnete er seine Büchse, zog seine Klinge heraus, setzte sie zusammen und versetzte dem Löwen, der bald darauf aus dem Wald gesprungen kam, einen Hieb zwischen die Augen, der ihm den ganzen Kopf entzwei spaltete. Als der Oberste der Kaufleute dies sah, umarmte und küßte er Ali und gab ihm die tausend Dinare. Auch die übrigen Kaufleute schenkten ihm ein jeder zwanzig Dinare. Am folgenden Tag kamen sie ins Hundstal, wo ein Beduine mit seiner Räuberbande sich aufhielt, der schon manche Karawane ausgeplündert hatte. Auch dieses Mal zeigte er sich wieder, im Begriff, die Karawane zu überfallen; manche Kaufleute entflohen; der Oberste schrie: »Wehe mir, mein ganzes Vermögen ist dahin!« Da trat Ali hervor und forderte den Beduinen, welcher die Räuberbande anführte, zu einem Zweikampf heraus. Als der Beduine aber zu ihm heransprengte, zog er schnell einen Panzer an, daran viele Schellen hingen, so daß das Pferd des Beduinen scheu wurde und umkehrte. Diesen Augenblick benutzte Ali und stieß dem Beduinen eine Lanze in den Nacken, die ihn tödlich verwundete. Sobald der Anführer tot war, entflohen alle seine Leute. Ali steckte dann den Schädel des Beduinen auf seine Lanze und die Karawane setzte ungehindert ihren Weg bis Bagdad fort. Hier nahm Ali Abschied von dem Obersten der Kaufleute und bat ihn, das Geld, das ihm auf der Reise geschenkt worden, seinen Kameraden in Kahirah zu geben. Ali erkundigte sich jetzt nach der Wohnung Ahmed Denfs, aber niemand wollte ihn hinführen. Da sah er Kinder auf der Straße vor einem Zuckerbäckerladen spielen und dachte: Eines von diesen wird mir wohl für ein Stück Kuchen Ahmeds Wohnung zeigen. Er ging in den Laden und kaufte einige Süßigkeiten, zeigte sie den Kindern und fragte sie, wer ihm Ahmed Denfs Haus zeigen wolle. Einer der Knaben, welcher Ahmed Lakit hieß und Seinabs Neffe war, trieb seine Spielkameraden zurück und sagte zu Ali: »Folge mir nur, bis ich ein Steinchen an eine Tür werfe, da ist Ahmeds Haus.« Ali ging hinter ihm her und klopfte an die Tür, gegen welche der Knabe ein Steinchen warf. Sobald Ahmed Denf es hörte, rief er seinem Diener zu: »Öffne schnell! Ali Quecksilber steht vor der Tür, ich kenne sein Klopfen!« Ahmed nahm Ali sehr freundschaftlich auf, schenkte ihm ein Kleid, wie es seine vierzig Agenten trugen und erbot sich, ihn dem Kalifen vorzustellen, damit er ihm ein Gehalt aussetze. »Damit hat es noch Zeit«, erwiderte Ali; »ich will einmal zuerst mich in Bagdad umsehen und auf irgend eine Weise hervortun.« – »Sei aber nur behutsam«, versetzte Ahmed; »Bagdad ist kein Kahirah; Bagdad ist die Residenz des Kalifen, der Sammelplatz aller Gauner und Spione, die hier gleichsam wie Gras aus der Erde hervorwachsen; ich rate dir sogar, an

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