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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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den ersten Tagen gar nicht auszugehen.« Ali blieb nun drei Tage bei Ahmed, am vierten Tag hatte er Lust, auszugehen, denn er war nicht gewöhnt daran, so lange zu Hause zu bleiben, und fühlte sich daher sehr beklommen. Als er auf der Straße war, sah er vierzig bewaffnete Sklaven vorübergehen, und hinter ihnen ritt die Gaunerin Dalilah auf einem Maulesel mit vergoldetem Helm und stählernem Panzer; sie kam eben vom Divan des Kalifen und begab sich in ihren Chan. Als sie Quecksilber sah, fiel er ihr auf, denn er hatte viel Ähnlichkeit mit Ahmed Denf, und die Gewandtheit und Tapferkeit leuchteten aus seinem Gesicht hervor.
    Sobald Dalilah in den Chan kam, holte sie ihr Sandbrett hervor, schrieb allerlei Namen hinein, bis sie endlich durch verschiedene Zauberkünste den Namen Ali Quecksilber herausbrachte, der ihr aus Ahmeds Erzählungen schon bekannt war; zugleich sah sie aber auch im Sand, daß sein Glücksstern heller leuchtete, als der ihrige und der Seinabs. »Was hast du gesehen?« fragte Seinab ihre Mutter. »Ich habe heute einen jungen Mann auf der Straße gesehen«, antwortete Dalilah, »der mir wegen seiner Ähnlichkeit mit Ahmed Denf so sehr auffiel, daß ich begierig war, zu wissen, wer er ist. Nun habe ich herausgebracht, daß er Ali Quecksilber aus Kahirah ist, ein Zögling Ahmed Denfs, der gewiß seinen Meister rächen und uns einen schlimmen Streich spielen wird.« – »Dem sind wir schon gewachsen«, sagte Seinab. Sie zog sogleich das schönste Kleid an, das sie hatte, ging aus und durchstreifte die Straßen Bagdads, bis sie Ali Quecksilber fand, den sie nach der Schilderung ihrer Mutter sogleich erkannte. Als sie neben ihm stand, stieß sie ihn ein wenig mit dem Arm und sagte. »Gott segne die gescheiten Leute!« – »Gott erhalte deine schöne Gestalt!« sagte Ali; »wer bist du?« – »Ich bin die Tochter eines Kaufmanns«, antwortete Seinab, »und auch mein Gatte ist Kaufmann. Als ich mich zu Tisch setzen wollte, war mir es unmöglich, einen Bissen zu essen. Ich ging daher aus, – es ist das erste Mal in meinem Leben, daß ich allein ausgehe; nun gefällst du mir so gut, daß ich gern dich bei Tisch an meiner Seite haben möchte; willst du mir folgen?«
    AU sagte: »Wer ruft, dem wird geantwortet;« und ging einige Straßen weit hinter ihr her, Dann dachte er doch an die Warnung Ahmeds und an die Gefahr, in einer fremden Stadt sich mit einer verheirateten Frau in ein Verhältnis einzulassen. Er griff daher in seine Tasche, holte einen Dinar heraus, reichte ihn Seinab hin und sagte: »Nimm dies; ich kann dir jetzt nicht weiter folgen.« Aber Seinab stieß seine Hand zurück und beschwor ihn, sie nach Hause zu begleiten und sich von ihr bewirten zu lassen. Ali konnte nicht widerstehen und blieb bei ihr, als sie vor einem großen Haus mit verschlossenem Tor stillhielt. »Da«, sagte Seinab; »öffne das Tor!« – »Wo ist der Schlüssel?« fragte Ali. »Den habe ich verloren«, antwortete Seinab; »schlage nur die Tür ein!« Ali versetzte: »Das werde ich nimmermehr tun; ich will nicht für einen Dieb gehalten werden.« Er war im Begriff, sie zu verlassen, weil sie ihm verdächtig vorkam; aber sie hob ihren Schleier auf und zeigte ihm ein so schönes Gesicht, daß es ihm nicht mehr möglich war, sich von ihr zu trennen. Da er indessen die Tür nicht mit Gewalt erbrechen wollte, öffnete sie das Schloß ohne Schlüssel durch die Kraft einiger heiliger Namen von der Mutter Moses, und ging mit Ali in den Hof, in welchem viele Waffen umherlagen. Seinab nahm dann ihren Schleier ab und setzte sich neben Ali. Als er sie aber küssen wollte, bedeckte sie ihr Gesicht mit der Hand und bat ihn, sich bis zum Abend zu gedulden. Sie holte dann Speisen und Wein herbei, und als sie gegessen und getrunken hatten, füllte sie eine Kanne mit Wasser aus dem Brunnen, der im Hof war, und wusch ihre Hände; darauf schlug sie sich auf die Brust und schrie: »Wehe mir, ich bin verloren!« Ali sprang zu ihr hin und fragte sie, was ihr zugestoßen. »Ich habe einen Diamantenring in den Brunnen fallen lassen«, antwortete sie, »der bei meinem Gatten für fünfhundert Dinare verpfändet ist und den ich angezogen habe. Nun wende dein Gesicht nach der Tür zu, daß ich mich entkleide und in den Brunnen hinabsteige, um ihn zu suchen.« – »Das lasse ich nicht zu«, rief Ali; »bleibe da, ich steige hinunter!« Er warf sogleich seine Kleider von sich, band sich an den Eimer fest und Seinab ließ ihn langsam hinunter in

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