Tausend und eine Nacht, Band 4
ging wieder mit Bulukia fort. Ich aber kehrte wieder zu meinem Heer zurück, wo durch meine Abwesenheit eine große Verwirrung entstanden war; ein Teil desselben war erkrankt, ein anderer gestorben. Als die Schlangen aber mich wieder sahen, versammelten sie sich vor Freude jubelnd um mich und fragten mich nach der Ursache meiner langen Abwesenheit. Ich erzählte ihnen, was mir mit Afan und Bulukia wiederfahren, und befahl ihnen, um keinen weiteren Verfolgungen der Menschen mehr ausgesetzt zu sein, mit mir auf den Berg Kaf zu ziehen, wo ich nun sonderbarerweise dich traf. Das ist's«, schloß die Schlangenkönigin, »was ich dir, o Haseb, erzählen wollte.«
Haseb war sehr erstaunt über diese Erzählung und bat die Schlangenkönigin Tamlicha, ihm eine ihrer Schlangen mitzugeben, die ihn wieder auf die Erde zu seiner Familie zurückführe. Tamlicha sagte aber: »Du darfst uns nicht bis zum Winter verlassen; sieh dich indessen auf dem Berg Kaf ein wenig um, wie Berge und Täler, Bäume und Flüsse, Blumen und Vögel den einzigen allmächtigen Gott preisen.« Haseb fragte dann Tamlicha, ob Afan und Bulukia wirklich die sieben Meere überschreiten und Salomons Siegel aus seiner Grabstätte ihm vom Finger nehmen konnten. Tamlicha antwortete: »Sie haben wirklich die sieben Meere durchschritten und haben dessen Wunder gesehen, dann sind sie an einen hohen Berg von grünem Smaragd gekommen, an dessen Fuß eine Wasserquelle hervorsprudelt, welche wie der feinste Moschus duftet. Sie freuten sich sehr und glaubten schon am Ziel zu sein.«
»Afan sah dann in der Ferne ein Minarett mit einer großen Kuppel; er ging mit Bulukia darauf zu, und als sie hineinkamen, fanden sie einen goldenen Thron mit allerlei Edelsteinen besetzt; um diesen Thron herum standen eine unzählbare Menge Stühle. Sie sahen dann unseren Herrn Salomon auf dem Thron; er hatte ein grünes seidenes Kleid an, mit Gold und Perlen und allerlei kostbaren Edelsteinen durchwirkt, seine rechte Hand lag auf seiner Brust und der Siegelring war an seinem Finger. Afan lehrte Bulukia allerlei Beschwörungen und Zauberformeln, die er immerfort hersagen sollte, dann näherte er sich dem Thron; aber auf einmal sprang eine große Schlange unter dem Thron hervor und zischte so laut, daß die ganze Gegend erbebte, und Feuerfunken flogen aus ihrem Mund. Mit grimmiger Miene sagte sie zu Afan: »Wenn du dich nicht schnell von hier entfernst, so gehst du zugrunde.« Aber Afan erschrak nicht vor dieser Schlange und rezitierte immer seine Beschwörungsformeln, Da blies ihn die Schlange so heftig an, daß fast das Minarett zusammenstürzte, und sagte: »Wehe dir! Wenn du nicht umkehrst, so wirst du verbrennen.« Als Bulukia dies hörte, entfloh er; aber Afan erschrak nicht, ging auf den Thron zu und streckte die Hand nach dem Ring aus; da fiel die Schlange über ihn mit einem Feuerregen her, bis er zu einem Haufen Asche wurde. Bulukia fiel in Ohnmacht, als er dies sah; während er aber in Ohnmacht lag, befahl Gott seinem Engel Gabriel, zur Erde zu steigen und ihn zu retten, ehe die Schlange auch ihn töte. Gabriel ließ sich herunter, weckte Bulukia, grüßte ihn und fragte ihn, wie er hierher gekommen. Bulukia erzählte Gabriel, was ihm mit Afan widerfahren, von Anfang bis zu Ende. Da sagte Gabriel: »Wisse, daß, wer Mohammed liebt, von keinem Feuer verbrannt wird.« Bulukia bat ihn dann, er möchte ihn doch mit Mohammed bekannt machen. Gabriel sagte aber: »Geh' jetzt deines Weges, Bulukia, die Zeit Mohammeds ist noch fern;« dann stieg er wieder gen Himmel und Bulukia sah jetzt erst ein, daß ich mit Recht ihm vorausgesagt, der Ring würde ihnen nichts nützen, und bereute, was er getan. Er stieg dann vom Berg herunter und brachte die Nacht Afan beweinend und über die Wunder dieses Berges nachdenkend zu. Am folgenden Morgen salbte er seine Füße wieder und ging mehrere Tage und Nächte auf dem Meer umher, dessen wunderbare Geschöpfe anstaunend, bis er an eine Insel kam, die dem Paradies glich. Da stieg er ans Land und bewunderte deren Schönheit. Der Boden war Safran, die Steine Rubin und andere edle Metalle, das Holz war lauter Jasmin und Aloe, und es wuchsen nichts als Rosen, Nelken, Lilien, Veilchen und andere wohlriechende Blumen auf der Erde. Schöne Vögel von allerlei Farben sangen fröhlich auf den Zweigen der Bäume, zwischen denen klare Bäche rieselten; allerlei niedliche Tiere weideten friedlich umher; der Taube Liebesgesang erfreute das Herz, und die Nachtigall
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