Tausend und eine Nacht, Band 4
schönsten Liebesrausch. Doch bald erinnerte er sich wieder seines Vaters und sagte zu Schemsiah: Dein Vater hat mir versprochen, dich mit mir in meine Heimat zurückzuschicken, daß wir abwechselnd ein Jahr dort und ein Jahr hier zubringen, bitte ihn nun um die Erfüllung seines Versprechens. Sobald der Abend hereinbrach, ging Schemsiah zu ihrem Vater und trug ihm Djanschahs Bitte vor. Der König sagte: Ich füge mich gern in seinen Willen; wartet nur bis zu Anfang des Monats, daß ich die Genien zu eurer Begleitung ausrüste. Als die bestimmte Zeit vorüber war, befahl Schahlan seinen Genien, sich in den Dienst Djanschahs und Schemsiahs zu begeben, und ließ für Djanschah und Schemsiah einen großen goldenen Thron verfertigen, mit Perlen und Edelsteinen beschlagen, und darüber ein rotes seidenes Zelt spannen, mit Gold durchwirkt und mit allerlei Farben bemalt. Djanschah und Schemsiah setzten sich darauf, und vier Genien faßten ihn an den vier Ecken. Schemsiah nahm Abschied von ihrer Mutter, ihren Schwestern und ihren übrigen Verwandten, ihr Vater aber stieg auf den Thron und begleitete sie bis mittags, dann stieg er ab und nahm Abschied, empfahl Djanschah seine Tochter, und sie beide den Genien, die sie tragen sollten; er schenkte dann Schemsiah noch zweihundert schöne Sklavinnen, und Djanschah hundert junge Mamelucken, und kehrte wieder in seine Zitadelle zurück. Djanschah mit den Seinigen reiste nun auf dem Thron, der zwischen Himmel und Erde von vier schwebenden Genien getragen wurde, zehn Tag nacheinander fort und legte jeden Tag eine Strecke von dreißig Monaten zurück. Am elften Tag erblickte einer der Genien das Land Kabul, das ihm wohl bekannt war, und gab den Trägern Befehl, sich herabzulassen. Die Genien ließen sich gerade vor der Stadt des Königs Tighanus, Djanschahs Vater, auf die Erde herunter.
»Der König Tighanus, weicher, wie wir schon erzählt haben, nach der Abreise seines Sohnes die Flucht ergriffen und sich in die Stadt zurückgezogen hatte, die dann der König Kefid eng belagerte, befand sich in so großer Not, daß er gern dem Feind die Stadt öffnen wollte, wenn er ihm nur Leben und Freiheit zusicherte. Da ihm aber Kefid auch diese Bitte nicht gewährte, beschloß er, um seinen Leiden ein Ende zu machen, sich selbst das Leben zu nehmen. Er hatte schon von seinen Vezieren und Staatsräten und von seinen Frauen Abschied genommen und saß eben in größter Verzweiflung da, als die Genien ins Schloß traten, welches innerhalb der Zitadelle lag, und auf Djanschahs Befehl den Thron mitten im Diwan niedersetzten und ihn heraushoben. Als Djanschah seinen Vater in einem so betrübten Zustand fand, sagte er zu Schemsiah: O Geliebte meines Herzens, sieh, in welcher Lage mein Vater sich befindet. Schemsiah befahl sogleich den Genien, die Truppen des Königs Kefid zu schlagen, bis kein einziger von ihnen übrig bleibe. Djanschah befahl einem der Genien, der sehr stark war und Karatesch hieß, den König Kefid gefangen zu bringen. Die Genien gingen mit dem Thron und dem darüber gespannten Zelt weg, und um Mitternacht ließen sie ihn im Lager des Königs Kefid nieder und fielen vernichtend über Kefids Truppen her; ein einziger faßte acht bis zehn Feinde samt den Elefanten, auf welchen sie ritten, hob sie in die Luft und ließ sie fallen, so daß sie in Stücken niederfielen, andere schlugen von oben herab mit eisernen Stangen, bis sie die ganze Armee aufgerieben hatten. Karatesch ging dann in das Zelt des Königs Kefid, der auf einem Diwan saß, und ergriff ihn und flog mit ihm in die Luft, brachte ihn auf den Thron und befahl den vier Genien, ihn fortzutragen. Als Kefid erwachte, fürchtete er sich sehr vor den Genien und stieß einen lauten Schrei aus, als er sah, daß er zwischen Himmel und Erde schwebte, und schlug sich vor Verzweiflung ins Gesicht. Der König Tighanus, der bei dem Anblick seines Sohnes in Ohnmacht gefallen war, kam eben wieder zu sich und umarmte ihn heftig weinend, als Schemsiah hereintrat, ihm die Hände küßte und ihm sagte: Mein Herr, komm auf die Terrasse des Schlosses, um zuzusehen, wie die Genien meines Vaters gegen die Truppen des Königs Kefid kämpfen. Tighanus setzte sich auf die Terrasse und sah, wie die Genien mit der Armee des Königs Kefid umgingen. Die einen schlugen mit eisernen Stangen Elefanten samt ihren Reitern zu Boden, andere nahmen durch einen einzigen Schrei ins Gesicht einer ganzen Reihe Soldaten das Leben, wieder andere hoben auf einmal zehn
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