Tausend Worte der Liebe
ist.«
»Gut, das wäre eine Idee. Aber wie findet man jemanden so schnell? Ich hätte nicht einmal Zeit, Einstellungsgespräche zu führen, geschweige denn, eine Köchin anzulernen.«
Alice schüttelte den Kopf. »Lieber Himmel, du bist wirklich gestresst. Ruf einfach die Stellenvermittlung an und sage ihnen, was du brauchst.
Dann suchen die in ihrer Kartei geeignete Anwärter aus und schicken sie her. Die ersten Interviews kann ich für dich übernehmen. Wenn etwas Vielversprechendes dabei ist, redest du anschließend selbst mit denjenigen. So einfach ist das.«
»Du bist ein Schatz!« Shay drückte einen dicken Kuss auf die Stirn ihrer Großmutter. »Wie bin ich nur früher ohne dich ausgekommen?«
Alice schmunzelte und widmete sich wieder ihrer Näharbeit. »Was ziehst du eigentlich an zu Reeses Halloweenparty?«, erkundigte sie sich. »Hast du dir schon etwas überlegt?«
Shay dekorierte mittlerweile Käseplatten. »Ich werde nicht hingehen.«
Die Nähmaschine stoppte. »Nein? Aber ein Kostümfest ist doch herrlich …«
»Ich liefere das Essen ab und verschwinde sofort wieder.«
»Du bist ein Spielverderber, Shay. Wo ist dein Unternehmungsgeist geblieben?«
Shay dachte an Mitch und an das, was er als »Spiel« bezeichnet hatte. Traurig senkte sie den Kopf. »Sehr unternehmungslustig bin ich nie gewesen, und ein Kostüm hab’ ich auch nicht.«
»Zieh den Bienenanzug an.«
»Ausgerechnet das Ding? Daran möchte ich nie wieder denken. Übrigens – was hast du denn für dich ausgesucht?«
Die Maschine surrte wieder gleichmäßig. »Ich verkleide mich als Punkrocker«, antwortete Alice mit größter Selbstverständlichkeit. »Cindy Lauper würde vor Neid erblassen.«
Dazu fiel Shay nichts ein. Die Rollen waren offensichtlich vertauscht worden. Großmutter sprühte vor Temperament und Leben, und sie selbst kannte nur noch ihre Arbeit.
Mitch war müde vom Flug und fühlte sich elend. Die Gespräche mit dem uneinsichtigen, überheblichen Massenmörder lagen ihm schwer auf der Seele.
In der Küche zerschnitt Mrs Carraway gerade einen riesigen Kürbis. »Hallo, Mr Prescott!«, begrüßte sie ihn strahlend. »Willkommen zu Hause.« Sie machte Anstalten aufzustehen, aber Mitch winkte ab.
Ihm war nicht nach Essen zumute. Er suchte im Vorratsschrank, bis er eine Flasche Scotch-Whisky fand und goss sich reichlich davon ein. »Was tun Sie da?«, fragte er und zeigte auf den Kürbis.
Mrs Carraway zog eine Augenbraue hoch, entweder wegen des Whiskys oder wegen seiner Frage. »Ich mache eine Kürbislaterne. Es ist Halloween.«
Mitch trank einen kräftigen Schluck. »Auf den Feiertag!« Er wollte duschen, sich rasieren und etwa achtzehn Stunden schlafen. Er hatte gerade zwei Tage lang mit einem Mann verbracht, der tausendmal gruseliger war als Halloween – das Fest der spukhaften Verkleidung, Umzüge und Partys.
Mrs Carraway warf ihm einen neugierigen Blick zu. »Fühlen Sie sich schlecht, Mr Prescott?«
Mitch dachte an Shay und wie sehr er sie brauchte, an seiner Seite, in seinen Armen, um ihn an all das zu erinnern, was das Leben gut macht und normal und richtig. »Nein«, antwortete er, füllte sein Glas von Neuem und wandte sich zum Gehen. Bei der Tür hielt er an. »Die Welt kann ein sehr hässlicher Ort sein, Mrs Carraway. Für manche Menschen ist jeder Tag Halloween.« Er hob sein Glas und nahm einen großen Schluck. »Schlimm dabei ist nur, dass es Unholde gibt, und sie tragen keine Halloweenkostüme, sodass man sie nicht erkennen kann.«
Mrs Carraway blickte wirklich besorgt drein. »Wollen Sie wirklich nichts essen, Mr Prescott? Es ist schon reichlich spät.«
»Ich habe das Gefühl, als ob ich nie wieder etwas essen könnte«, antwortete Mitch und dachte an all das, was Alan Roget ihm enthüllt hatte. Er schüttelte den Kopf und stieg die Treppe hinauf, das Glas mit dem Drink in der Hand. Der mit allen Wassern gewaschene Journalist! Er kam aus dem Interview hervor, als ob er irgendeiner seelisch-geistigen Heimsuchung ausgesetzt worden wäre.
Als er sein Schlafzimmer betrat, erinnerten ihn tausend Kleinigkeiten an Shay. Im Bad, wo sie die Zahnbürsten gezählt hatte, und im Bett …
Er leerte das Glas und rieb sich die brennenden Augen. »Shay«, sagte er leise. »Shay …«
Trotz aller angestrengten Bemühungen konnte Shay sich nicht auf das Essen konzentrieren, das sie für die Reese-Party vorbereitet hatte. Immerzu musste sie an Mitch denken. Zum wiederholten Male zählte sie
Weitere Kostenlose Bücher