Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tausendschön

Tausendschön

Titel: Tausendschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ohlsson
Vom Netzwerk:
bedrückt.
    » Ist etwas vorgefallen?«, fragte Joar.
    Elsie ließ den Kopf hängen.
    » Eigentlich nicht. Aber, wie soll ich sagen, wir haben uns wohl ein wenig entfremdet. Das geschieht ja nicht nur, wenn man jung ist, sondern auch später im Leben.«
    Sven Ljung nickte fast zu eifrig, als hätte seine Frau irgendetwas zwar wunderbar formuliert, aber nicht unbedingt die ganze Wahrheit gesagt.
    » Wir hatten in den letzten Jahren unterschiedliche Bekanntenkreise«, erklärte er und sah fast erleichtert aus, als er sprach, so als kämen die Worte ihm viel einfacher über die Lippen, als er befürchtet hatte. » Und weil Elsie und ich aufgehört hatten zu arbeiten, war die Kirche nicht mehr derselbe Anknüpfungspunkt für uns wie zuvor.«
    » Aber gestern waren Sie zum Abendessen eingeladen«, meinte Fredrika.
    » Doch, ja, wir haben durchaus manchmal noch etwas zusammen gemacht«, sagte Elsie Ljung.
    Und dann kam die Rede ganz natürlich auf die Geschehnisse des vorangegangenen Abends. Wie sie immer wieder an der Tür geklingelt, geklopft und gehämmert hatten. Gewartet und wieder geklopft. Versucht, Jakob und Marja auf dem Festnetztelefon anzurufen und dann auf den Handys. Und nirgends jemanden erreicht hatten.
    » Es überkam mich plötzlich so ein Gefühl«, berichtete Elsie Ljung mit bebender Stimme. » Eine Vorahnung, dass etwas Schreckliches geschehen sein könnte. Ich konnte es nicht erklären, aber ich bestand darauf, dass wir mit unserem Schlüssel in die Wohnung gehen. Sven fand das lächerlich und meinte, wir sollten nach Hause fahren und lieber abwarten. Aber ich weigerte mich und sagte, wenn er gehen wollte, dann würde ich eben allein nachsehen.«
    Und dann hatte Elsie die Tür mit dem Zweitschlüssel, den sie in ihrer Handtasche gehabt hatte, aufgeschlossen.
    » Warum hatten Sie den Schlüssel der Ahlbins denn überhaupt dabei?«, fragte Fredrika.
    Sven Ljung seufzte.
    » Weil ich der Meinung bin, dass ein Schlüssel ein Wertgegenstand ist, den man immer bei sich tragen sollte«, antwortete Elsie Ljung und sah ihren Mann scharf an.
    » Das heißt, Sie haben immer alle Ihre Schlüssel bei sich?«, fragte Joar und lachte entwaffnend.
    » Aber natürlich«, sagte Elsie fast verärgert.
    » Den zu unserer Haustür, zur Wohnung unseres jüngsten Sohnes, den Schlüssel zum Boot«, murmelte Sven Ljung und schüttelte den Kopf.
    Joar lehnte sich im Sessel vor. » Was dachten Sie, als Sie die beiden fanden?«
    Es wurde ganz still.
    » Wir dachten, dass jemand sie erschossen hat«, flüsterte Elsie Ljung. » Wir sind aus der Wohnung gerannt und haben sofort die Polizei alarmiert.«
    » Sie wissen inzwischen, dass die Polizei einen Abschiedsbrief gefunden hat, nicht wahr?«, fragte Fredrika.
    Zum ersten Mal, seit sie gekommen waren, sah es aus, als würde Elsie Ljung gleich in Tränen ausbrechen. » Seit wir ihn kennen, hat Jakob gesundheitliche Probleme gehabt«, sagte sie, und ihre Stimme schrillte dabei ein wenig. » Aber auf so etwas Wahnsinniges – sich selbst und Marja zu erschießen – wäre er niemals gekommen. Niemals!«
    Ihr Mann nickte zustimmend. » Jakob war ein Mann der Kirche. Er hätte seinen Gott niemals auf diese Weise enttäuscht.«
    Joar befühlte die Tasse mit dem Kaffee, den man ihnen nach ihrer Ankunft gereicht hatte. » Wir möchten gern glauben, dass wir unsere Freunde in- und auswendig kennen«, sagte er sanft. » Doch gibt es in diesem Fall gewisse Fakten, an denen wir nicht vorbeisehen können.«
    Zu Fredrikas Erstaunen stand Joar auf und fing an, langsam im Raum auf und ab zu gehen.
    » Erstens: Jakob Ahlbin litt an chronischer Depression. Er war mehrmals mit Elektroschocks behandelt worden. Zweitens: Jakob nahm Psychopharmaka. Wir haben sowohl Tablettenschachteln als auch Rezepte in der Wohnung gefunden. Drittens: Erst vor wenigen Tagen hat er die Nachricht erhalten, dass seine älteste Tochter an einer Überdosis gestorben ist.« Joar hielt inne. » Kann es nicht sein, dass er das alles nicht verkraftet hat und seine Ehefrau und sich selbst erschoss, um dem Leiden ein Ende zu machen?«
    Elsie Ljung schüttelte energisch den Kopf. » Das ist nicht wahr!«, rief sie. » Nichts davon ist wahr! Lina und Überdosis? Ich habe das Mädchen gekannt, seit es klein war. Ich schwöre bei Gott, dass sie niemals auch nur im Entferntesten etwas mit Drogen zu tun hatte!«
    Ihr Mann nickte wieder. » Für uns, die wir die Familie seit Jahrzehnten kennen, klingt das alles sehr, sehr seltsam«,

Weitere Kostenlose Bücher