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Tausendschön

Tausendschön

Titel: Tausendschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ohlsson
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Natürlich war das alles ein Versehen. Dass Thai Airways ihre Buchung nicht finden konnte, musste an einem internen Fehler im System der Fluggesellschaft liegen. Das Gleiche galt für ihre E-Mails. Es musste irgendwo ein Serverproblem geben, und wenn sie es morgen noch einmal probierte, würde sich alles lösen.
    Gleichzeitig krampfte sich ihr Magen so sehr zusammen, dass der Schmerz in alle Richtungen ausstrahlte, und sie war von einem Unbehagen durchdrungen, das sie nicht abzuschütteln vermochte. Sie hatte sich exakt an alle Vorsichtsmaßnahmen gehalten, die das Projekt erforderte. Nur eine Handvoll Menschen wusste von ihrer Reise, und noch weniger kannten ihr eigentliches Ziel. Ihr Vater war einer davon.
    Sie rechnete nach. In Schweden musste es jetzt ungefähr dreizehn Uhr sein. Sie schob ihre schweißnasse Hand in die Tasche und tastete nach dem Handy, das sie am Tag ihrer Ankunft mit einer thailändischen SIM -Karte versehen hatte.
    Im Telefon knackte es. Autos hupten, und Menschen schrien, um sich in dem Lärm, der Bangkok City zum Vibrieren brachte, Gehör zu verschaffen. Sie presste das Handy ans Ohr und hielt sich das andere zu, hörte erst ein Freizeichen und dann die Stimme einer unbekannten Frau. Die Nummer sei nicht mehr aktiv. Es gebe keine Weiterleitung.
    Sie blieb abrupt mitten auf dem Bürgersteig stehen. Dass sie angerempelt wurde, war ihr egal. Ihr Herz pochte, der Schweiß lief. Sie rief wieder an. Und wieder.
    Sie starrte kurz auf das Handy hinab und wählte dann die Nummer ihrer Mutter. Landete auf der Mailbox. Sie machte sich nicht die Mühe, eine Mitteilung zu hinterlassen. Sie wusste, dass ihre Mutter das Handy im Grunde nie benutzte. Stattdessen versuchte sie, ihre Eltern auf dem Festnetz zu erreichen. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie das Telefon gleichzeitig in der Bibliothek und in der Diele klingelte und wie üblich Vater und Mutter an je ein Telefon eilten. Meist war ihr Vater schneller.
    Das Klingeln gab ein leeres Echo. Ein Mal, zwei Mal, drei Mal klingelte es. Dann ertönte erneut eine fremde Stimme, die ihr mitteilte, dass dieser Anschluss nicht verfügbar sei.
    Was um Himmels willen ging hier vor?
    Sie konnte sich an keine Situation erinnern, in der sie je echte Angst verspürt hatte. Doch inzwischen konnte sie sich des heraufkriechenden Gefühls nicht mehr erwehren. Vergebens suchte sie nach einer rationalen Erklärung dafür, dass ihre Eltern nicht erreichbar waren. Es war ja nicht nur so, dass sie einfach nicht zu Hause waren. Hier war scheinbar etwas ganz anderes passiert. Der Anschluss war gekündigt. Warum sollten ihre Eltern einen solchen Schritt unternehmen, ohne ihr etwas davon zu sagen?
    Sie ermahnte sich selbst, ruhig zu bleiben. Sie sollte dafür sorgen, dass sie etwas zu essen und zu trinken bekam und vielleicht ein wenig schlafen konnte. Es war ein langer Tag gewesen, und sie musste sich entscheiden, wie sie jetzt ihre Rückreise organisierte.
    Sie hielt das Handy fest umklammert. Wen konnte sie noch anrufen? Die Liste derer, die wussten, wo sie wirklich war, war nicht sonderlich lang – und abgesehen davon hätte sie von niemandem aus dieser Liste eine Telefonnummer gehabt. Das waren die Freunde ihres Vaters. Soweit sie informiert war, hatten die meisten von ihnen eine Geheimnummer, um sicherzugehen, nicht in ihrer Freizeit angerufen zu werden.
    Tränen brannten ihr in den Augen. Ihr Rucksack war schwer, und der Rücken fing an wehzutun. Erschöpft setzte sie ihre Wanderung zurück zum Hotel fort.
    Einen Menschen gab es noch, den sie anrufen konnte. Einfach nur, um zu hören, dass alles in Ordnung war. Sie zögerte dennoch. Es war mehrere Jahre her, dass sie eine enge Beziehung gehabt hatten, und nach dem, was sie gehört hatte, ging es ihm inzwischen noch schlechter als damals. Auf der anderen Seite hatte sie kaum eine andere Möglichkeit. Vielleicht würde er ihr helfen können, ihre Eltern zu erreichen. Sie hielt kurz inne und kaufte bei einem Straßenverkäufer einen Hähnchenspieß und entschied sich dann ganz spontan.
    » Hallo, ich bin’s«, sagte sie erleichtert, als sie die wohlbekannte Stimme hörte. » Ich brauche deine Hilfe.«
    Nur für sich selbst fügte sie hinzu: Ich werde gerade von der Außenwelt abgeschnitten.

Stockholm
    Alex Recht hatte das Ermittlerteam kurz nach Mittag in die Löwengrube bestellt. Fredrika huschte gerade noch durch die Tür, als die Besprechung eben beginnen sollte. Alex bemerkte, dass sie ein wenig frischer

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