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Tausendschön

Tausendschön

Titel: Tausendschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ohlsson
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pflichtete er ihr bei.
    » Aber es haben doch alle Familien ihre Probleme und Geheimnisse, oder?«, warf Fredrika ein.
    » Aber doch nicht solche!«, rief Elsie mit Nachdruck. » Wenn eines der Mädchen Drogen genommen hätte, dann hätten wir das gewusst.«
    Fredrika und Joar sahen einander an und einigten sich wortlos darauf, die Richtung zu wechseln. Die Tochter war tot, daran war nicht zu rütteln. Und Jakobs Gesundheitszustand konnte ein Arzt besser beurteilen als ein älteres Paar aus dem Bekanntenkreis.
    » Okay«, sagte Fredrika. » Wenn wir mal von der offenkundigsten Einschätzung dieses Falls absehen, nämlich dass Jakob der Täter war: Wer sonst könnte es dann getan haben?«
    Es wurde still.
    » Hatten Marja und Jakob irgendwelche Feinde?«
    Elsie und Sven Ljung sahen einander erstaunt an, als würde die Frage völlig unerwartet kommen.
    » Tatsache ist, dass sie tot sind«, sagte Joar. » Aber wenn es nicht Jakob war, wer war es dann? Waren sie in irgendeinen Konflikt verwickelt?«
    Beide schüttelten den Kopf und sahen zu Boden.
    » Nicht soweit wir wissen«, sagte Elsie mit dünner Stimme.
    » Jakob war doch für sein Engagement in Flüchtlingsfragen bekannt«, hakte Fredrika nach. » Hat ihm das manchmal irgendwelche Probleme eingebracht?«
    Sven Ljung richtete sich steif auf, während seine Frau an einer grauen Haarsträhne, die ihr über die blasse Wange hing, herumfingerte.
    » Nein, davon haben wir nie etwas gehört«, sagte Sven.
    » Aber das war doch eine Frage, in der er sich sehr stark engagierte.«
    » Ja, sehr. Seine Mutter stammte aus Finnland, und er betrachtete sich wohl selbst als Person mit Migrationshintergrund.«
    » Wie sah sein Engagement denn konkret aus?«, fragte Joar mit gerunzelter Stirn und setzte sich wieder in den Sessel.
    Elsie Ljungs Blick flackerte, als wüsste sie einen Moment lang nicht, was sie sagen sollte. » Nun ja«, antwortete sie dann, » er arbeitete für alle möglichen Organisationen. Hielt Vorträge für verschiedene Gruppen. War ziemlich gut darin, hat die Leute erreicht, genau wie wenn er gepredigt hat.«
    » Hat er jemals Flüchtlinge versteckt?«, fuhr Joar mit einer Kühnheit in der Stimme fort, die Fredrika erstaunte. » Hat er den Flüchtlingen, für die er sich engagierte, Kirchenasyl gewährt?«
    Sven Ljung nahm, ehe er antwortete, einen Schluck Kaffee. » Nicht soweit wir wissen.«
    Fredrika sah auf die Uhr und dann zu Joar. Der Kollege nickte.
    » Dann danken wir Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, sagte er und legte seine Visitenkarte auf den Tisch. » Möglich, dass wir noch einmal wiederkommen werden.«
    » Sie sind jederzeit willkommen«, beeilte sich Elsie Ljung zu sagen. » Es ist uns wichtig, helfen zu können.«
    » Dafür sind wir Ihnen sehr dankbar«, bekräftigte Fredrika und ging hinter Joar in die Diele hinaus.
    » Wissen Sie zufällig, wie wir die andere Tochter der beiden, Johanna, erreichen können? Wir suchen fieberhaft nach ihr, damit sie die Nachricht vom Tod der Eltern und der Schwester nicht aus den Medien erfährt«, sagte Joar, als er schon die Garderobe erreicht hatte.
    Elsie blinzelte und war unsicher. » Johanna? Nun, die wird wohl auf einer ihrer Reisen sein, nehme ich an.«
    » Sie haben nicht zufällig ihre Handynummer?«
    Elsie Ljung kniff den Mund zusammen und schüttelte den Kopf.
    Sie hatten eben ihre Mäntel angezogen und wollten gehen, als Elsie Ljung sagte: » Warum haben sie nicht abgesagt?«
    Fredrika blieb einen halben Meter vor der Haustür stehen. » Wie bitte?«
    » Wenn das Mädchen nun an einer Überdosis gestorben wäre«, sagte Elsie mit angespannter Stimme, » warum haben sie dann das Abendessen nicht abgesagt? Ich habe am Vormittag noch mit Marja gesprochen, und sie klang so fröhlich wie immer. Im Hintergrund hörte ich Jakob Klarinette spielen. Hätten sie sich wirklich so verhalten, wenn sie gewusst hätten, dass sie nur ein paar Stunden später tot sein würden?«

Bangkok
    Als sie schließlich aufgab, hatte die Dunkelheit Bangkok längst in eine schwarze Decke gehüllt. In der naiven Hoffnung, dass eine ihrer zwei Mail-Adressen doch funktionieren müsste, hatte sie nicht weniger als drei Internetcafés aufgesucht, war aber jedes Mal gescheitert. Das System teilte ihr wieder und wieder mit, dass sie entweder einen falschen Benutzernamen oder ein falsches Kennwort eingegeben hätte und dass sie es noch einmal versuchen sollte.
    Schweißgebadet kämpfte sie sich durch Bangkoks Straßen.

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