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Tausendschön

Tausendschön

Titel: Tausendschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ohlsson
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immer noch warm.
    Schweigend fuhren sie durch die Stadt. Ali nahm an, dass sie kein Arabisch sprach, und er selbst konnte kein Englisch. Er starrte aus dem Fenster und sog in sich auf, was er sah. Überall Wasser und Brücken. Niedrigere Häuser und viel weniger Lärm, als er es aus anderen Städten gewohnt war. Er fragte sich, wo wohl die Markthändler waren.
    Eine Viertelstunde später parkte die Frau in einem ruhigen Viertel und wies ihn an, das Auto zu verlassen. Sie betraten eines der niedrigen Ziegelsteinhäuser und gingen dann die Treppe in den dritten Stock hinauf. Sie brauchte drei Schlüssel, um die verschiedenen Schlösser der Tür aufzuschließen. Als alle offen waren, trat sie vor ihm in die Wohnung. Er folgte ihr mit gesenktem Kopf.
    Es roch nach Putzmittel und leicht nach abgestandenem Zigarettenrauch, außerdem nach frischer Farbe. Die Wohnung war nicht groß. Ali nahm an, dass er, wenn seine Familie erst nachgekommen wäre, eine größere Wohnung bekommen würde. Er verspürte einen stechenden Schmerz in der Brust, als er an seine Frau und die Kinder dachte. Er hoffte, dass es ihnen gut ging und dass sie zurechtkamen, bis er seine Aufenthaltsgenehmigung erhielt. Sein Kontaktmann hatte ihm versprochen, dass es schnell gehen würde. Er würde die Papiere bekommen, sowie er bei denjenigen, die seine Flucht bezahlt hatten, den Auftrag erfüllt hatte.
    Die Frau hatte ihm das kleine Schlafzimmer und das Wohnzimmer gezeigt. Der Kühlschrank war voller Essen gewesen, und im Küchenschrank hatten Teller und Töpfe und Küchengeräte gestanden. Ali hatte selten in seinem Leben selbst Essen gekocht, aber das war wohl das geringste Problem.
    Die Frau hatte ihm ein doppelt gefaltetes Stück Papier überreicht, auf dem Absatz kehrtgemacht und die Wohnung verlassen. Seither hatte er sie nicht wiedergesehen.
    Inzwischen waren drei Tage vergangen.
    Die Sorge fuhr durch seinen ganzen Körper. Sicher zum hundertsten Mal holte er das Papier heraus, das die Frau ihm gegeben hatte, und las den kurzen arabischen Text.
    Ali, dies hier ist in deiner ersten Zeit in Schweden dein Zuhause. Wir hoffen, dass die Reise gut geklappt hat und dass du dich in der Wohnung zurechtfindest. Wir haben uns bemüht, dafür zu sorgen, dass es dort alles gibt, was du brauchst. Bitte bleib im Haus, bis wir wieder Kontakt zu dir aufnehmen.
    Ali seufzte und schloss die Augen. Natürlich würde er im Haus bleiben – immerhin war er eingeschlossen.
    Die Tränen brannten ihm in den Augen und das, obwohl er doch nicht mehr geweint hatte, seit er ein kleiner Junge war. In der Wohnung gab es kein Telefon, und das Handy, das die Frau ihm gegeben hatte, schien nicht zu funktionieren. Das Fernsehen zeigte nur Programme in Sprachen, die er nicht verstand. Al Jazeera gab es nicht. Einen Computer hatte er auch nicht gesehen. Die Fenster konnte man nicht öffnen, und die Dunstabzugshaube in der Küche funktionierte nicht. Er hatte mehrere Päckchen Zigaretten geraucht und wusste nicht recht, was er tun sollte, wenn sie zur Neige gingen.
    Es gab noch mehr Dinge, die langsam zur Neige gingen. Die Milch war ebenso ausgetrunken wie der Saft. Weil er keine Lust gehabt hatte, richtiges Essen zu kochen, hatte er inzwischen fast alles Brot aus dem Tiefkühlfach aufgegessen. Die Frikadellen, die eingewickelt im Kühlschrank gelegen hatten, hatten eine graue Farbe angenommen, und die Kartoffeln, die er zu kochen versucht hatte, waren grün gewesen, als er sie geschält hatte.
    Ali lehnte den Kopf ans Fenster und trommelte mit den Fingern gegen die Glasscheibe.
    Es muss bald vorüber sein, dachte er. Sie müssen zurückkommen, damit ich die Vereinbarungen erfüllen kann.

Der Anruf von Alex war unerwartet gekommen. Mit wenigen kurzen Sätzen hatte er Fredrika erklärt, dass Peder zurück ins Haus beordert worden sei und dass sie an seiner Stelle mit Joar zu dem Verhör mit dem älteren Paar fahren werde, das die Eheleute Ahlbin entdeckt hatte.
    Nun saßen sie mit dem Mann und der Frau, die am Abend zuvor ihre Bekannten erschossen aufgefunden hatten, wie in einem Stuhlkreis in vier großen Sesseln um einen kleinen achteckigen Tisch aus einem Holz, das Fredrika nicht benennen konnte.
    Elsie und Sven Ljung waren beide Mitte der Vierzigerjahre geboren. Fredrika war über ihr Aussehen verwundert. Obwohl sie beide erst kürzlich in den Ruhestand getreten waren, wirkten die Eheleute wie zwei Menschen, die seit Jahr und Tag Rentner waren. Wurde man so, wenn man eines Tages

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