Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
wiederholte, schlug er mich und lief fort; aus Furcht vor der Mutter blieb ich mit meinen Brüdern den ganzen Tag vor den Toren der Stadt; nun wird es aber Nacht und, bei Gott! ich fürchte mich sehr vor ihr; o mein Vater, sage ihr nichts, sie möchte sonst noch kränker werden.« Als ich die Worte meines Sohnes hörte und seine Furcht und sein Weinen sah, wußte ich, daß ich die junge Frau unschuldig ermordet, und daß der verruchte Sklave gelogen, da er die Geschichte der Äpfel nur von meinem Sohne vernommen; als ich dies einsah, weinte und schluchzte ich mit meinen Kindern; da kam dieser alte Mann, ihr Vater, mein Oheim, dazu; ich erzählte ihm alles, was vorgefallen; wir weinten miteinander bis Mitternacht und trauerten drei volle Tage über den Tod der Unschuldigen. An allem diesem war aber der Sklave Schuld. Dies ist meine Geschichte mit der Ermordeten. Nun, bei deinen Ahnen! laß mich hinrichten, denn ich mag nicht mehr leben; räche das Unrecht, das ich getan!« Als der Kalif dies hörte, war er sehr erstaunt darüber und sagte: »Ich werde niemanden als den verruchten Sklaven hängen lassen; ich will tun, was den nach Genugtuung Verlangenden befriedigen und dem erhabenen König gefallen muß.« Djafar ging weinend weg und sagte: »Nun ist mein Tod nahe, der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht; doch hat mich der Geist des Allmächtigen zum ersten Male gerettet, so wird er es vielleicht auch dieses Mal wieder tun; und, bei Gott, ich werde wieder drei Tage nicht aus dem Hause gehen; möge Gott, was geschehen soll, vollziehen!« Er blieb so bis zum dritten Tage gegen Mittag und verzweifelte halb an seinem Leben; schon ließ er Richter und Zeugen kommen, schrieb sein Testament und nahm weinend von seinen Töchtern Abschied. Da kam ein Bote vom Kalifen und meldete ihm: »Der Kalif ist in höchster Wut und hat geschworen, der Tag werde nicht vorübergehen, ehe du gekreuzigt worden.« Djafar, seine Sklaven und alle, die im Hause waren, weinten; als Djafar von seinen Töchtern und allen Hausleuten Abschied genommen hatte, kam die jüngste Tochter zu ihm; sie hatte ein leuchtendes Gesicht, und er liebte sie am meisten von allen; er drückte sie an seine Brust, küßte sie und weinte wegen der Trennung von seinen Kindern und seiner Frau. Als er sie aus Liebe recht fest an sich drückte, fühlte er etwas Hartes. Er fragte: »Was hast du in der Tasche, meine Tochter, das ich spüre?« Da sagte die Kleine: »Einen Apfel, auf dem der Name unseres Herrn, des Kalifen, geschrieben steht; unser Sklave Rihan hat ihn gebracht, wollte mir ihn aber nur für zwei goldene Dinare geben.« Als Djafar vom Apfel und dem Sklaven hörte, schrie er auf und griff in die Tasche seiner Tochter, zog den Apfel heraus, erkannte ihn und sagte: »O die Rettung ist nahe!« Er ließ sogleich den Sklaven rufen, und als er erschien, sagte er: »Wehe dir Rihan, wo hast du diesen Apfel her?« Da sagte der Sklave: »Bei Gott, mein Herr! wenn Lüge etwas hilft, so hilft doch die Wahrheit noch einmal so viel. Ich habe diesen Apfel nicht in deinem Schlosse, nicht im Schlosse und nicht im Garten des Kalifen gestohlen, sondern als ich vor vier Tagen in den Straßen der Stadt umherging, sah ich Kinder spielen, und ein kleiner Knabe ließ diesen Apfel fallen; ich schlug den Kleinen und nahm ihm den Apfel weg; er sagte weinend: »O Mann! dieser Apfel gehört meiner kranken Mutter, die so sehr danach gelüstet, daß mein Vater ihr drei von einer Reise bringen mußte; ich habe einen davon genommen, gib mir ihn also wieder zurück.« Ich wollte ihn aber nicht zurückgeben, sondern brachte ihn hierher und verkaufte ihn meiner kleinen Gebieterin für zwei Dinare. Dies ist meine Erzählung.« Als Djafar dies hörte, wunderte er sich sehr, wie alles Unglück von seinem Sklaven entsprungen; er stand freudig auf, ergriff die Hand des Sklaven, führte ihn zum Kalifen und erzählte ihm die Geschichte von Anfang bis zum Ende. Der Kalif war höchst erstaunt und lachte heftig; dann sagte er: »Dein Sklave ist also der Urheber alles Unglücks?« – »Freilich!« antwortete Djafar; »doch wundere dich nicht so sehr über die Geschichte, sie ist nicht befremdender, als die des Vezier Ali aus Kahirah und Bedruddin Hasan aus Baßrah; doch erzähle ich sie nur unter einer Bedingung.« Der Kalif, der sehr wünschte, sie zu hören, sagte dann: »Nun, wenn sie schöner und wunderbarer ist, als diese, so schenke ich dir das Leben deines Sklaven, wenn nicht, so lasse ich ihn
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