Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
fing an zu weinen und schlug die Hände übereinander und sagte: »Ich gehöre Gott an, und nehme zu ihm meine Zuflucht.« Dann wandte er sich zu mir und sagte: »Mein Sohn, ich will dir die ganze Sache klar machen.«
»Wisse, daß das Mädchen, das dich zuerst besucht hat, meine ältere Tochter ist: ich hatte sie sehr streng bewachen lassen. Sie heiratete dann einen Vetter in Ägypten, der aber bald starb, und sie kam zurück, nachdem sie in Ägypten ganz verdorben war. Sie ging nun drei-, viermal zu dir, und brachte dir zuletzt auch meine mittlere Tochter, ihre Schwester. Diese beiden waren von einer Mutter, und liebten einander so sehr, daß sie keinen Augenblick voneinander getrennt bleiben konnten. Als sie nun dies Abenteuer mit dir hatte, offenbarte sie es ihrer Schwester, welche sie zu begleiten wünschte, und da du es ihr erlaubtest, nahm sie sie mit; dann ward sie eifersüchtig und schlachtete sie, und kam wieder nach Hause, ohne daß ich von etwas wußte. Erst als man an jenem Tage zu Tische ging, vermißte ich meine Tochter, und als ich nach ihr fragte, fand ich meine ältere Tochter weinend und voll Verzweiflung; sie sagte mir: »Mein Vater, ich weiß nur, daß, als man zum Gebete rief, sie ganz angekleidet mit Mantel und Kette und sonstigem Schmuck ausging.« Ich verließ sie, wartete geduldig, sagte niemandem etwas, um kein Aufsehen zu erregen; und so vergingen Tage und Nächte; der älteren Schwester trockneten die Tränen nicht mehr von jenem Tage an, sie aß und trank nicht mehr, so daß auch sie uns das Leben betrübte und verleidete. Sie sagte: »Bei Gott! ich werde immer weinen, bis ich den Todeskelch leere.« Sie peinigte sich lange und ward immer trauriger. Dies ist nun vorüber. Du siehst, was Menschen, wie mir und dir widerfahren kann; ich sehe, wie diese Welt nur eine Täuschung ist und wie der Mensch in ihr nur ein Bild ist. Nun, mein Sohn! möchte ich, daß du mir sogleich gehorchst: da doch das Schicksal dich deiner Hand beraubte. So nimm mein Haus an und heirate meine jüngste Tochter, die von einer anderen Mutter ist; ich will dir viele Güter und Waren als Mitgift geben und auch ein gutes Einkommen bestimmen! Du sollst die Stelle eines Sohnes bei mir einnehmen.« Ich sagte: »Mein Herr; wodurch verdiene ich dies? ich willige gerne ein.« Er ging dann sogleich mit mir in sein Haus, ließ Zeugen rufen und den Ehe-Kontrakt mit seiner Tochter schreiben und ich ward ihr Gatte; er nahm dann von jenem Kaufmann viele Güter und schenkte sie mir und ich war in der schönsten Lage bei ihm; am Anfang des Jahres hörte ich, daß mein Vater gestorben; ich sagte es ihm, und er schickte einen Diener nach Ägypten, um vom Sultan Firmane zu holen, die er dann mit einem Boten nach Mossul schickte, um mir das ganze Vermögen meines Vaters zu holen. Nun lebte ich sehr vergnügt; und dies ist die Ursache, warum ich meinen rechten Arm an der Brust liegen ließ, du wirst mich also wohl entschuldigen, o Arzt!« Ich wunderte mich sehr über diese Geschichte, blieb noch einige Tage bei ihm, bis er zum zweiten Mal ins Bad ging, dann schenkte er mir eine bedeutende Summe, gab mir Lebensmittel mit und sagte mir Lebewohl. Ich reiste von da gegen Osten, kam nach Bagdad, durchzog das persische Irak, bis ich zu euch hierher kam und hier recht glücklich lebte; da widerfuhr mir diese Nacht die Geschichte mit dem Buckligen. Nun, ist meine Geschichte nicht wunderbarer, als die des Buckligen?«
Als der König von China die Geschichte des jüdischen Arztes gehört, schüttelte er den Kopf und sagte: »Nein, bei Gott! diese Geschichte ist nicht wunderbarer, als die des Buckligen; ich werde also euch alle Vier umbringen lassen, weil ihr gemeinschaftlich den Buckligen umgebracht, und Geschichten erzählt habt, die nicht befremdender sind, als die seinige. Nun bleibt nichts übrig, als daß du, Schneider, als Urheber alles Unglücks noch eine recht wunderbare, entzückende Geschichte erzählst, schöner als die des Buckligen, sonst laß’ ich euch alle hinrichten.«
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1 Es darf hier nicht an Äthiopien gedacht worden, sondern an einen Teich, der in der Gegend von Kahirah diesen Namen hatte.
2 D. h. sie war so schön, daß man den Schöpfer preisen mußte.
Geschichte des ersten Bruders des Barbiers
D er Älteste war ein Schneider in Bagdad; er arbeitete oben in einem Laden, den er gemietet, und unten war eine Mühle und ihm gegenüber wohnte ein reicher Mann. Als nun eines Tages mein buckliger Bruder in seinem Laden
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