Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
ihn sah, küßte er mir die Hand und sagte: »Guten Morgen! Der ist, bei Gott, schön! Das ist ein guter, gesegneter Anfang!« Er ließ mich dann in dem Laden des Eigentümers meiner Wohnung sitzen und hieß mich Geduld haben, bis die Versteigerung begonnen. Dann nahm der Makler den Schmuck und rief ihn ganz heimlich im Verborgenen aus; ich wußte nicht, was er machte. Der Schmuck war sehr kostbar, und es ward 2000 Dinare darauf geboten. Aber der Makler kam zu mir und sagte: »Mein Herr, wollt ihr ihn für fünfzig Dinare geben? Wir glaubten, es sei gutes Gold, nun ist es aber falsch.« Ich sagte: »Nimm fünfzig Dinare dafür, ich wußte, daß es Kupfer war.« Als der Makler dies hörte, merkte er wohl, daß hier etwas ungerechtes vorgefallen mit dem Schmuck; er ging mit mir fort; besprach sich mit dem Obersten des Bazars, ging zum Polizeiobersten der Stadt und erzählte ihm, der Schmuck sei ihm gestohlen worden, er habe den Dieb als Kaufmann verkleidet gefunden. Als ich zu Hause saß und an nichts dachte, kamen auf einmal die Polizeidiener und führten mich zum Polizeiobersten. Dieser fragte mich nach dem Schmuck; ich sagte, was ich dem Makler gesagt; er lachte und schloß daraus, daß ich ihn gestohlen. Ich ward sogleich entkleidet und geprügelt. Ich mußte dann vor Schmerzen lügen und sagen: »Ich habe ihn gestohlen«. Da schrieb man mein Geständnis auf und hieb mir die Hand ab; ich lag einen halben Tag in Ohnmacht; man gab mir dann Wein zu trinken. Mein Hausherr trug mich fort und sagte: »Mein Sohn! du bist ein vornehmer junger Mann, hast eigenes Vermögen, was brauchst du zu stehlen und dir dadurch die Liebe aller Leute zu entfremden? Nun bist du ein verdächtiger Mensch; verlaß mich also, suche dir eine andere Wohnung und ziehe in Frieden!« Mein Herz brach, ich bat ihn, mir noch drei Tage Frist zu gönnen, und er willigte ein und ging fort; ich blieb in traurigem Nachdenken versunken und dachte: nie werde ich mit abgeschnittener Hand nach Hause zurückkehren können; ich weinte sehr heftig.
Ich war zwei Tage krank, sagte der junge Mann dem jüdischen Arzte; am dritten Tage kam auf einmal mein Hausherr mit Polizeidienern nebst dem Kaufmanne, der den Schmuck von mir gekauft und gesagt hatte, er sei ihm gestohlen worden; auch er wurde von fünf Mann Soldaten bewacht. Sie blieben an der Türe meiner Wohnung stehen. Ich fragte, was sie wollten, und sie säumten keinen Augenblick, legten mich in Ketten, fesselten mich und sagten: »Der Schmuck, den du hattest, gehört dem Statthalter von Damaskus, welcher erklärt hat, dieser Schmuck fehle ihm schon drei Jahre und seine Tochter dazu.« Als ich dies hörte, ward ich ganz betroffen; ich ging sogleich mit abgeschnittener Hand mit ihnen, bedeckte mein Gesicht und beschloß, dem Befehlshaber die Wahrheit zu erzählen; wird er verzeihen, gut; wo nicht, so mag er mich umbringen lassen. Als wir zum Befehlshaber gelangten und er mich sah, sagte er den Kaufleuten: »Laßt ihn los! ist er es, der meinen Schmuck verkaufte?« Sie sagten: »Ja!« Da versetzte der Statthalter: »Der hat ihn nicht gestohlen, warum habt ihr dem armen Manne die Hand ungerechter Weise abgeschnitten?« Dies gab mir Mut, und ich sagte dann auch: »Mein Herr, ich habe ihn nicht gestohlen; sie haben sich gegen mich verschworen; und dieser Kaufmann hier hat gesagt, ich habe ihn ihm gestohlen, er gehöre ihm; und nur weil der Polizeioberst mich so arg prügeln ließ, entschloß ich mich, um der Prügel los zu werden, gegen mich selbst zu lügen.« Er sagte: »Es soll nicht zu deinem Schaden gereichen;« und winkte sogleich dem Kaufmann, der den Schmuck mir weggenommen, und sagte: »Du mußt ihn für die abgehauene Hand entschädigen, ober ich lasse dich prügeln, bis keine Haut mehr an dir bleibt!« Er rief den Leuten, die vor ihm standen, zu, und sie ergriffen den Kaufmann und gingen mit ihm fort. Als ich nun allein beim Befehlshaber geblieben, sagte er: »Mein Sohn! sag mir die Wahrheit! erzähle mir, wie es mit diesem Schmuck gegangen, lüge aber nicht! nur die Wahrheit kann dich retten.« Ich antwortete ihm: »Bei Gott, es war gleich meine Absicht, dir alles zu erzählen.« Hierauf erzählte ich ihm die ganze Geschichte des Mädchens; wie sie mir noch ein Mädchen mit diesem Schmuck gebracht, wie sie dann eifersüchtig geworden und sie in der Nacht getötet habe und davongegangen sei, und ich nicht wisse, wer sie war. Ich sagte ihm die reine Wahrheit. Als er dies hörte, schüttelte er den Kopf,
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