Tausendundeine Nacht mit dir
bemühend. Zwar befand sie sich am Rande der Erschöpfung, aber das ging ihn nichts an.
„Warum kommen Sie nicht herein und erholen sich bei einem kühlen Getränk?“
„Das geht nicht. Ich muss einige Hundert Flugblätter verteilen.“
„Würden Sie mir eines davon geben?“
Wortlos reichte sie ihm ein Blatt, das er aufmerksam studierte.
„Gute Arbeit“, meinte er schließlich anerkennend. „Sie haben an alles gedacht: die wichtigsten Eckdaten Ihres Projektes, Biografien, eine Zusammenfassung des Drehbuchs und Informationen darüber, wie man Sie erreichen kann. Selten zuvor habe ich eine so aussagefähige Übersicht in Händen gehabt.“
Carlos Lob und der Ausdruck in seinen Augen erfüllten sie mit Freude. Eine Bestätigung aus seinem Mund bedeutete ihr sehr viel. Im nächsten Moment schalt sie sich selbst eine Närrin. Carlo Gabellinis Meinung war überhaupt nicht von Bedeutung. Schließlich hatte er ihren Aufenthalt in Cannes zu einem Albtraum werden lassen!
„Geben Sie mir die Hälfte Ihres Stapels“, schlug er vor. „Ich werde Ihnen helfen, die Zettel zu verteilen, sonst sind Sie ja den ganzen Tag damit beschäftigt.“
War das seine Art, sich zu entschuldigen? Wenn ja, sollte sie darauf eingehen?
„Ich bin gut in diesen Dingen“, fügte er mit ernstem Gesichtsausdruck hinzu. „Ich bin schnell und zuverlässig.“
Es nützte nichts. Sie konnte seine Hilfe gut gebrauchen. „Ich habe die Strecke zwischen dem Carlton und dem Grand Hotel schon abgearbeitet, nun bleibt noch der Rest der Croisette.“
„Gut.“ Er sah ihr tief in die Augen, was ein angenehmes Prickeln bei Estrella auslöste.
„Ich nehme die rechte Seite der Promenade. Sie die linke. Wir treffen uns dann am Ende.“
Zwei Stunden später waren alle Flugblätter verteilt. Einige Leute hatten Estrella erkannt, und sie hatte eine ganze Weile damit verbracht, sich mit ihren Fans fotografieren zu lassen und Autogramme zu geben.
„Darf ich Sie jetzt auf einen Drink einladen?“ Carlo hakte sie unter, um sie durch die Menschenmenge zu führen.
Estrella nickte dankbar. Sie fühlte sich völlig erschöpft, und ihr Kopf schmerzte von dem Sonnenlicht und dem Lärm. „Gern.“
Besorgt betrachtete er sie, während er ihr eine Hand auf die Stirn legte. „Geht es Ihnen gut?“
Seine Berührung tat ihr unendlich gut. „Ich bin nur durstig“, beruhigte sie ihn.
Carlo nickte, aber seine Bedenken waren noch nicht zerstreut. „Lassen Sie uns in den Schatten gehen.“
Kurz darauf saßen sie im Restaurant des eleganten Martinez Hotels,dessen Schiebeglastüren alle weit geöffnet waren, um die leichte erfrischende Brise hereinzulassen. Carlo bestellte Tee und Gebäck. Allmählich entspannte sich Estrella. Von ihrem Tisch aus hatten sie einen atemberaubenden Blick auf den Strand.
„Ich hatte keine Ahnung von Andres Drogenproblemen“, brach Carlo schließlich das Schweigen.
„Er hat sich bemüht, sie zu verbergen“, gab sie leise zurück.
„Hat er dafür all sein Geld ausgegeben?“
Unbehaglich zog Estrella die Schultern nach oben. Sie sprach nicht gern über Andre. Er war ein so schwieriger und verletzlicher Mensch gewesen. Die Beziehung zu ihm zählte zu den unangenehmsten Erfahrungen ihres Lebens. „Für Drogen und Glücksspiele. Er hat sich mit den falschen Leuten eingelassen. Etwas Genaues weiß ich allerdings nicht, denn über solche Dinge hat er nicht mit mir gesprochen.“
Seufzend fuhr Carlo mit der Hand durch sein dichtes schwarzes Haar. „Ich lag mit meinen Vermutungen falsch. Es tut mir so leid!“
Estrellas Herz machte einen Sprung, als sie ihn ansah. Völlig undenkbar, sich mit Carlo einzulassen, und dennoch fühlte sie sich stark von ihm angezogen.
„Sie waren nicht der Einzige, der von Andre getäuscht wurde“, erklärte sie nach einer kleinen Weile, in der sie sich bemühte, ihre hoffnungslosen Gefühle zu unterdrücken. „Er konnte sehr charmant sein, wenn er wollte. Sein schauspielerisches Talent war überaus groß, darum bin ich auch auf ihn hereingefallen.“
„Wie sehr muss er dich verletzt haben, cara!“
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wäre unsere Beziehung glücklich gewesen, hätte ich keinen Grund gehabt, Europa für eine Weile den Rücken zu kehren und die Moderation für den Film zu übernehmen. Andres Betrug hat mir geholfen, meine eigentliche Aufgabe im Leben zu finden.“
„Man nennt so etwas Schicksal.“
„Nein.“
„Schicksal“, wiederholte er mit
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