Taxi 503 (German Edition)
ihn kritisch. Eigentlich hatte sie es lieber, wenn die Fahrgäste hinten saßen, sie mochte es nicht, jemandem zu nahe zu kommen. Doch ihn jetzt zu bitten, nochmal zu wechseln, das kam ihr dann auch blöd vor.
„Also bitte noch einmal: Wo wollen Sie denn genau hin?“, hakte Abby misstrauisch nach.
„Es geht um eine Recherche“, erklärte Marc ihr. „Na ja, ich wollte mich mal ein bisschen in der Szene umsehen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und im Umfeld von - sagen wir mal: nicht so privilegierten Leuten.“
Irgendwie klang das jetzt ungeheuer dämlich. Vielleicht gehörte sie ja auch dazu? Zu den nicht so privilegierten Leuten?
„Sie wollen also in die Niederungen unserer Stadt eintauchen, ja?“, Abbys Stimme klang schärfer als beabsichtigt. „Was ist das für eine Recherche? Für einen Film?“
„Genau“, gab Marc zu. „Okay, das klingt vielleicht alles komisch, aber ich möchte halt einfach einen Eindruck gewinnen, wie die Menschen dort leben, wie sie reden, wo sie einkaufen…“
„Wie ein Zoobesuch“, schnaubte Abby verächtlich. Sie musste sich eingestehen, dass sie das traf. Aber Kurt und Robert hatten wohl Recht: Für so einen Auftrag war sie genau die Richtige, das musste sie sich selbst bitter eingestehen.
„Nein, nein“, antwortete Marc hastig. „Hören Sie, wenn Sie das nicht möchten, dann sagen Sie es direkt.“
Abby senkte den Blick. „Nein, ich fahre Sie natürlich wohin Sie wollen“, sagte sie heiser.
5
„Wo soll es denn zuerst hingehen? Irgendeine Vorstellung?“, fragte Abby ihn dann.
„Nein, ehrlich gesagt nicht“, gestand Marc ihr. „Das überlasse ich Ihnen.“
Abby startete den Wagen und fädelte sich in den Verkehr ein.
Marc zog seine Mütze aus der Jackentasche und setzte sich seine Sonnenbrille auf, etwas verwundert betrachtete Abby ihn von der Seite.
„Ist das Ihre Tarnung?“, sie schaute ihn kurz ungläubig an.
„Na ja, man muss mich ja nicht direkt erkennen“, antwortete er.
„Okay, Herr Warnke…“, Abby belächelte ihn milde. „Ich schlage vor, ich fahre Sie erst nach Hause, dann tauschen Sie mal Ihre ganze Markenware gegen normale Sachen. Oder sind die gefälscht?“
„Nein, natürlich nicht“, protestierte Mark energisch.
„Dachte ich mir“, grinste die freche Fahrerin spöttisch. „Oder besitzen Sie so etwas nicht? Normale Sachen?“
„Doch… aber… ist das so auffällig?“
„Na ja. Ihre Turnschuhe waren teuer, die Jeans ebenfalls. Und das Fleeceshirt mit den Pfoten war doch bestimmt auch nicht gerade billig, oder? Wenn Sie nicht auffallen wollen, dann ziehen Sie sich etwas anderes an“, dozierte Abby und warf ihm einen kurzen Blick zu. „Und eine andere Sonnenbrille.“
„Sie kennen sich aber gut aus“, knurrte er.
„Kann sein“, nuschelte Abby.
‚Nur weil ich mir so etwas nicht leisten kann, heißt das doch nicht, dass ich mich nicht dafür interessiere’ , giftete sie ihn innerlich an.
Zielsicher chauffierte sie ihn zu seiner Wohnung. Die Adresse hatte sie noch im Kopf, nicht viele Fahrgäste wollten in diese piekfeine Ecke der Stadt.
„Sie haben ein gutes Gedächtnis“, stellte Marc fest.
„Ja“, antwortete Abby nur. „Soll ich Sie später abholen?“
„Nein, warten Sie. Ich bin doch gleich wieder da“, bat er und flitzte nach oben in seine Wohnung.
‚Normale Sachen’ , rumorte es in ihm. Er musste sich eingestehen, darüber gar nicht nachgedacht zu haben. Schließlich fand er eine einfache Jeans, eine ganz neutrale Jacke und Schuhe.
Fünf Minuten später saß er wieder in ihrem Taxi.
„Besser?“, er schaute sie erwartungsvoll an.
Abby nickte nur, dann fuhr sie los.
Als erstes steuerte sie das Rotlichtviertel der Stadt an.
„Muss ich Ihnen was dazu erklären?“, fragte sie ihn provokant, als sie an den ersten Prostituierten vorbeikamen, sie drosselte das Tempo.
„Nein, ich kann mir meinen Teil schon dazu denken“, murmelte er. Ein paar der Damen kamen aufreizend näher an das Taxi.
„Sie können ruhig schneller hier vorbeifahren“, sagte er unruhig.
„Ich dachte, Sie wollten recherchieren“, Abby schaute ihn unschuldig an.
„Aber nicht hier“, er rollte mit den Augen.
„Okay“, grinste sie, dann beschleunigte sie etwas.
Durch die Sonnenbrille hindurch musterte er die kleine Taxifahrerin eine ganze Weile. Wenn sie es bemerkte, dann ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Sie war richtig hübsch, warum versteckte sie das alles nur hinter
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