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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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ist ja wohl nicht dein Ernst«, sagte Dietrich.
    »Wieso nicht? Für fünfhundert Mark? Für wie viel würdest du es denn tun?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Ach komm, Quatsch. Ich meine, jeder hat seinen Preis. Sag mal, Rüdiger, für wie viel würdest du es tun?«
    »Was denn? Bloß einen runterholen oder richtig?«
    »Richtig. Für wie viel würdest du dich in den Arsch ficken lassen?«
    »Hm, lass mich mal überlegen. Für Zehntausend. Für Zehntausend würde ich mich in den Arsch ficken lassen. Dann könnte ich mir endlich das Motorrad kaufen, das ich schon immer haben wollte.«
    »Hört auf«, sagte Dietrich, »hört bloß auf. Ihr seid doch alle nicht ganz dicht. Was hättest du denn dann von dem Motorrad? Da hättest du doch überhaupt nichts mehr davon. Das würde doch nach Scheiße stinken, dein Motorrad.«
    »Für wie viel würdest du es tun«, wandte sich Udo an mich.
    »Eine Million«, sagte ich. »Überlegt doch, was man alles damit machen könnte. Brunnen bauen in Afrika oder so. Die Million nicht anzunehmen, hieße doch, den Tod von tausend Menschen in Kauf zu nehmen. Menschen, die man retten könnte, wenn man nicht so zimperlich wäre.«
    »Und du würdest dann das ganze Geld nach Afrika spenden, oder was?«, fragte Dietrich.
    »Natürlich nicht«, sagte ich. »Bin ich bescheuert?«
    »Also, was ist jetzt«, fing Udo-Dreidoppelsieben plötzlich an. »Die Sache, von der ich euch gestern erzählt habe – habt ihr euch das überlegt? Ich brauche noch genau vier Leute.«
    »Was meinst du? Dein dämliches Pilotenspiel? Vergiss es«, sagte Dietrich.
    »Wieso? Da ist überhaupt kein Risiko. Und jetzt ist die richtige Zeit, um einzusteigen. Ihr könnt gleich als Stewards anfangen.«
    »Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe«, sagte Rüdiger, »dein G-Geld siehst du nie wieder.«
    »Ich hab überhaupt keine tausend Mark«, murmelte Taximörder.
    »Dann leih sie dir eben«, sagte Udo-Dreidoppelsieben. »In ein paar Wochen hast du das Zehnfache und kannst es locker zurückzahlen.«
    »Hör auf damit«, sagte Dietrich. »Jetzt versuch nicht auch noch, andere mit reinzureißen.«
    »Habe ich übrigens schon erzählt, dass ich gestern ein rothaariges Model gefahren habe?«, fragte Taximörder. »Von der Milchstraße zum Flughafen. Die hatte ganz weiße Haut. Eine Australierin war das.«
    Dietrich wandte ihm interessiert das Gesicht zu.
    »Eine rothaarige Australierin? Weißt du, wie die hieß?«
    Taximörder schüttelte bekümmert den Kopf. Die Poppertolle schob sich vor seine Augen.
    »Im Ernst?«, fragte ich Udo-Dreidoppelsieben, »du hast bei einem Pilotenspiel mitgemacht? Das weiß doch jeder, dass das gar nicht funktionieren kann. Das ist doch wie diese Geschichte mit dem Schachbrett und den Reiskörnern.«
    »Natürlich funktioniert das. Ich brauch nur noch vier Spieler. Vier Spieler … also, wie ist es? Die nehmen auch Frauen.«
    »Danke nein. Hast du wirklich tausend Mark eingezahlt? Tausend Mark? Ich fass es nicht.«
    »Selbst wenn du da noch heil raus kommst«, sagte Dietrich, »dann hast du immer noch all die Spieler, die du angeworben hast, auf dem Gewissen. Die haben dann für dich bezahlt und selber alles verloren.«
    Udo-Dreidoppelsieben bekam einen roten Kopf.
    »Leute wie ihr«, keuchte er, »Leute wie ihr sind schuld daran, wenn solche Spiele platzen.«
18
    Dietrich fand, dass ich lesen sollte. Er kam mit einem ganzen Stapel Bücher an. Ich kniete gerade auf dem Fußboden in meiner neuen Wohnung und malte mit einer großen Quaste taubenblaue Striche auf die Spanplatten, die über die unebenen Bohlen des alten Bodens genagelt worden waren. Aus den Ritzen quollen Sägespäne. Ich hatte mir einen Staubsauger angeschafft und fünfmal staubgesaugt, aber die Späne quollen immer noch. Vorher war eine Tischlerei in dem Raum gewesen. Der Tischler hatte angefangen zu spielen, und schließlich war er auch noch im Gefängnis gelandet. Als mein Telefon zum allerersten Mal klingelte, war jemand dran gewesen, der geschrieen hatte, dass er sofort sein Geld zurückhaben wollte.
    Ich kleckste die Ritzen zwischen den Platten mit Farbe zu. Das war die einzige Möglichkeit, die Sägespäne in Schach zu halten. Dietrich stellte den Bücherstapel auf meinen Schreibtisch. Ich wischte mir die Finger an einem Stück Zeitung und dann noch einmal an meiner Hose ab und kam näher.
    »Das hier, das sind richtige Bücher«, sagte Dietrich. »Du solltest langsam mal anfangen, was Richtiges zu lesen. Hast du überhaupt

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