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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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Berechtigungsmarke freirubbeln und überprüfen, ob mein Berechtigungs-Code mit einem der Berechtigungs-Codes auf dem beiliegenden Gewinnchancen-Zertifikat übereinstimmte, denn dann würde ich sogar mit 99,76%iger Wahrscheinlichkeit gewinnen.
    »Kleben Sie Ihre Berechtigungsmarke in das dafür vorgesehene Feld und vergessen Sie nicht, Ihre Berechtigungs-Urkunde zu unterschreiben. Nur so wird sie gültig. Stellen Sie sich doch bloß einmal vor, Frau Herwig, was Sie mit 10 Millionen alles machen können. Mit so viel Geld ändert sich Ihr ganzes Leben. Rechnen Sie es sich ruhig aus:
    Gewinn: 10.000.000,00 DM
    Traumhaus: 1.500.000,00 DM
    Luxuslimousine 100.000,00 DM
    Kreuzfahrt in der Karibik 20.000,00 DM
    Bleiben Ihnen immer noch: 8.380.000,00 DM
    Wenn Sie die restlichen 8.380.000 DM zu 3,5 % Zinsen anlegen, haben Sie ein monatliches Zusatzeinkommen von über 24.000 DM. Na, wie würde Ihnen das gefallen?«
5
    Ich wollte mein Taxi in der Firma abholen, aber der Chef, Mergolan selbst, war nirgends zu sehen. Auf seinem Sessel saß stattdessen die hagere Gestalt von Udo-Dreidoppelsieben.
    »Was machst du denn da?«, fragte ich. »Hast du hier jetzt einen Bürojob?«
    »Nicht ganz«, sagte Udo und wischte sich mit dem Handrücken über den Schnauzbart. »Oder doch. Um es genau zu sagen, … ich meine, ich bin jetzt der Chef.«
    »Du bist jetzt der Chef?«
    »Ja, ich habe die Firma gekauft.«
    »Du hast die Firma gekauft?«
    »Ja, nun wiederhol doch nicht ständig, was ich sage. Ich hab die Firma gekauft.«
    »Firma Mergolan? Den ganzen Betrieb? Taxen, Werkstatt, Büroräume …?«
    Udo nickte stolz.
    »Wo hattest du denn das Geld her?«
    »Ich hab einen Kredit aufgenommen. Nusske hat für mich gebürgt.«
    Er drehte den Kopf und brüllte »Nusske«. Aus der Werkstatt kam ein Mann mit schütteren Haaren, aber sonst beeindruckend gutaussehend. Er trug einen braunen Ledermantel. Er sah so gut aus, dass er Schauspieler hätte sein können.
    »Das ist Nusske. Mein bester Freund«, strahlte Udo.
    »Ich heiß eigentlich Matthias«, sagte Nusske. »Der Name kommt, weil ich früher mal einen Nussstand auf einem Wochenmarkt hatte.«
    Sogar seine Augen waren nussbraun.
    »Jetzt hat er ’ne Autowerkstatt«, erklärte Udo-Dreidoppelsieben.
    »Wie praktisch«, sagte ich.
    »Nee, nee, ich hab mit dem Laden hier nichts zu tun«, sagte Nusske.
    »Nusske hat bloß für den Kredit gebürgt«, erklärte Udo.
    »Ich hoffe, ihr wisst, was ihr da getan habt«, sagte ich.
    »Ja, ja.«
    Nusske kratzte sich an seinem hübschen schütteren Hinterkopf.
    »Ich hab das total lange überlegt«, sagte Udo-Dreidoppelsieben, »aber sogar mein Therapeut hat gesagt, ich soll es tun.«
    »Du hast einen Therapeuten?«
    Udo-Dreidoppelsieben war so ziemlich der Letzte, dem ich einen Therapeuten zugetraut hätte.
    »Ja, schon ewig, aber erzähl das bloß nicht weiter. Besonders nicht, weil ich ja jetzt hier der Chef bin.«
    »Versteht denn dein Therapeut etwas von Taxibetrieben?«
    »Genau das habe ich auch gefragt«, sagte Nusske.
    »Mein Therapeut hat gesagt, ich soll endlich mal was wagen«, erklärte Udo, stieß sich mit dem Fuß vom Schreibtisch ab und rollte auf seinem Chefsessel rückwärts gegen die Wand.
    »Na, dann … Wie heißt denn der Laden jetzt?«
    »Erst mal bleibt es bei Mergolan – bis ich die Quittungsblöcke aufgebraucht habe.«
    Ich sah zu Nusske. Nusske wirkte besorgt.
    »Ist Zwodoppelvier frei?«, fragte ich.
    Da ich mich immer erst im letzten Moment entschied, ob ich überhaupt arbeiten wollte, hatte ich auch meinen Anspruch auf einen festen Wagen verloren. Meist bekam ich die Schrottkisten, die sonst keiner wollte.
    »Nein, aber du kannst den Zwonullsechs haben. Ist ’n ganz neues Auto. Kannst sofort loslegen«, sagte Udo, schwang auf seinem Drehstuhl halb herum und angelte nach dem Schlüsselbrett hinter seinem Rücken.
6
    Der Zwonullsechs war noch nicht mal ein Mercedes, sondern ein VW Jetta. Immerhin war die Puffreklame wieder von allen Taxis abgekratzt worden. Der Funny Club hatte sich beschwert, und mit dem Funny Club wollte es sich niemand verscherzen. Gleich die erste Fahrt wurde unangenehm. Osterstraße. Zwei Trenchcoats zum Großneumarkt. Sie rochen intensiv nach After Shave. Old Spice, vermutete ich.
    »Oh, ’n Mädchen, was für’n Glück! Lass dich mal ansehen«, sagte der, der hinten saß, und beugte sich zwischen den Sitzlehnen nach vorn. Er starrte mich aufdringlich an. Sein Gesicht schwebte zehn Zentimeter neben

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