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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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Arschlochhausen? Willst du nicht irgendwann damit aufhören, deinen Jahrhundertwende-Muff zu verbreiten?«
    »Hoho, kleine Töpfe kochen schnell über«, lachte Rüdiger.
    Dietrich warf mir einen gequälten Blick zu. Es tat mir nicht mehr leid, dass ich ihn betrog.
    »Wieso sitze ich eigentlich hier und höre mir die ganze Scheiße an«, sagte ich und stand auf.
    »Weil es zu spät ist, als dass du jetzt noch einen anderen Beruf erlernen könntest«, sagte Rüdiger. »Du wirst langsam alt. Du findest keinen anderen Job mehr. Du wirst noch in zehn Jahren hier sitzen.«
    »Du auch«, sagte ich.
    Dietrich rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, ganz Schmerzensmann. Ich hätte ihn gern geschlagen.
    »Von wegen«, sagte Rüdiger wie nebenbei. »Ich ziehe in vier Wochen nach Köln und fange in einer Werbeagentur an. Abgesehen davon, habe ich gestern Bescheid bekommen, dass Suhrkamp mich drucken will.«
    Udo-Zwonullfünf wurde totenbleich.
    »Es werden ausschließlich Aphorismen sein, Extrakte. Das Leben, eingedampft auf seine Wesentlichkeit.«
    »Ja, ja, du bist ein Maggi-Suppenwürfel, genau wie Peter Altenberg«, sagte ich mürrisch und zog meine Jacke an. Dass es Rüdigers Meinungen jetzt auch noch gedruckt geben sollte, war schwer auszuhalten.
    »Aber für dich sehe ich keine Chance, wenn du dich nicht endlich auf deine mütterlichen Instinkte besinnst und ein Kind bekommst. Ich weiß übrigens, dass Dietrich sich sehr ein Kind wünscht.«
    »Lasst mich da raus«, sagte Dietrich.
    »Halt bloß die Fresse«, sagte ich.
    »Hoho, kleine Töpfe kochen schnell über, was?«, sagte Rüdiger.
    »Ich habe heute wieder ein Model gefahren«, sagte Taximörder. »Die sah aus wie Tatjana Patitz, bloß jünger. Vielleicht war sie es sogar selbst.«
32
    Ich wollte gerade zur Arbeit, als Majewski hereingestürmt kam und sofort anfing, mein Hemd aufzuknöpfen. Diese ungebremste Energie. Ich beneidete ihn darum. In seiner Gegenwart fühlte ich mich selber immer gleich ein Stück lebendiger.
    »Hör auf«, sagte ich, »ich habe meine Miete für März noch nicht zusammen. Ich komm nachher zu dir rauf. Jetzt kann ich nicht.«
    Das stachelte ihn natürlich nur noch mehr an.
    »Aber ich muss heute weg«, rief er und zerrte an meinem linken Ärmel. »Die Peru-Story. Das wird mindestens zehn Tage dauern, bis ich wieder zurück bin.«
    Plötzlich ließ er von mir ab und machte ein ernstes Gesicht.
    »Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe und wie es mir zu schaffen macht, dass du immer noch mit Dietrich zusammen bist? Hast du nicht selbst gemerkt, dass das mit uns mehr ist? Ich meine, etwas richtig Großes. Für mich wäre es keine abwegige Vorstellung, dich eines Tages zu heiraten.«
    »Nun mal langsam«, sagte ich. Ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, dass er das ernst meinte, war aber trotzdem besorgt.
    »Ja, könntest du dir das denn nicht vorstellen? Was meinst du, was wir für großartige, hübsche Kinder bekommen würden, so blonde …«
    »Du vergisst die großartigen hübschen Frauen, die überall auf dich warten.«
    »Ja, du hast recht. Treu zu sein, würde mir schwer fallen. Ich schlafe auch immer noch gerne mit Heike. Und dann habe ich neulich eine Freundin von ihr kennen gelernt, Wiebke, die hat mich so komisch angekuckt. Ich wette, dass ich die auch ins Bett bekomme.«
    »Na dann, viel Erfolg! Ich muss jetzt jedenfalls los.«
    Majewski hielt mich am Ellbogen fest.
    »Wenn ich sicher wäre, dass du mich richtig liebst, wenn ich mich auf dich verlassen könnte, dann würde ich, glaube ich, auch treu sein.«
33
    Udo-Dreidoppelsieben fragte, ob ich ihn am nächsten Tag in der Firma vertreten könnte. Er müsste mittags weg. Ein Banktermin. Einige Fahrer kämen aber schon am frühen Nachmittag, um ihre Taxis abzuholen.
    »Ist ganz easy. Du musst nur die Schlüssel rausgeben und die Briefumschläge mit dem Geld entgegennehmen. Ich zahl dir acht Mark die Stunde. Auf die Hand. Ich meine, dafür, dass du die ganze Zeit bloß rumsitzt, ist das nicht schlecht. Um sechs, wenn das dann richtig losgeht, bin ich wahrscheinlich schon wieder zurück.«
    Also fuhr ich am nächsten Tag hin. Als ich ankam, drückte Udo mir einen Eimer und einen Lappen in die Hand.
    »Du sitzt hier doch sowieso bloß rum. Da kannst du ja zwischendurch auch mal das Fenster putzen.«
    Außerdem lagen noch zwei Werkstattrechnungen auf dem Schreibtisch, die ich in den Computer eintippen sollte. Ich wusste aber gar nicht, wie man einen Computer

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