Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
standen auf und verließen das Büro, und Taylor öffnete Whitney Connollys Laptop und klickte auf das Icon, das sie zu den E-Mails der toten Frau brachte. Es waren keine neuen Nachrichten eingegangen, also schloss Taylor das Programm wieder und fing an, durch die Ordner und Dateien zu scrollen. Dabei fiel ihr eine Datei ins Auge. Whitney hatte sie “Nachrichten” genannt, und sie war an dem Tag erstellt worden, als sie gestorben war.
Taylor öffnete die Datei und fand ein Sammelsurium an Bemerkungen und Kommentaren vor. Whitney machte sich ihre Notizen in einer Art modifizierter Stenografie, die eher aussah wie eine von einem Teenager an seine beste Freundin geschickte SMS. Die Wörter waren verstümmelt und abgekürzt, aber sie sah auch sechs Gedichte in voller Länge mit angehängten PostScripts; der Buchstabe Q tauchte häufig auf. Es gab einige Einträge, die QJB lauteten, was vermutlich für Quinn und Jake Buckley stand. Aber der Rest war zu speziell, als dass sie sich einen Reim darauf hätte machen können. Sie wusste, dass viele Journalisten sich ihre Notizen in einer Geheimschrift machten, damit niemand ihnen ihre Arbeit stehlen konnte, und offensichtlich gehörte Whitney zu dieser Gruppe.
Sie schloss diese Datei und schaute sich die anderen an. Die meisten waren auch in dieser speziellen Art verfasst. Sie wartete besser ab und ließ Baldwin oder einen von Whitneys Kollegen versuchen, die Texte zu entziffern.
Gerade als sie an ihn dachte, tauchte Baldwin im Türrahmen auf, als ob sie ihn aus den Tiefen ihrer Gedanken hervorgezaubert hätte. Als sie ihn sah, setzte ihr Herz einen Schlag lang aus. Dann stand sie auf und bedeutete ihm einzutreten und die Tür hinter sich zu schließen. Nachdem er das getan hatte, trat sie zu ihm, schlang die Arme um seine Taille und hielt ihn ganz fest.
Baldwin gab ihr einen tiefen Kuss, den sie bereitwillig erwiderte. Er spürte, dass etwas los war; dieses Gefühl hatte er schon seit ein paar Tagen, aber er kannte Taylor gut genug, um zu wissen, dass sie mit ihm darüber sprechen würde, sobald sie dazu bereit war. In der Zwischenzeit musste er herausfinden, ob es da draußen noch ein weiteres Opfer gab.
Taylor beendete den Kuss und lächelte ihn an, wobei sie eine Hand auf eine Art über seinen Nacken streifen ließ, dass er am liebsten den Fall vergessen und sie gleich hier auf dem Schreibtisch genommen hätte. Aber sie hörte auf, schenkte ihm noch ein wissendes Lächeln, griff dann zum Laptop und drehte ihn so herum, dass er zum Besucherstuhl zeigte. Sie drückte leicht gegen Baldwins Brust, und er plumpste auf den Stuhl. Dann schob sie den Laptop über den Schreibtisch, sodass er besseren Zugriff darauf hatte.
Er atmete tief durch, sammelte sich kurz und war dann wieder ganz der FBI-Agent. “Sind das Whitney Connollys E-Mails?”
“Ja. Ich bin sie noch mal durchgegangen und habe mir auch ihre Dateien angeschaut, aber sie benutzt irgendein wirres Abkürzungssystem, aus dem ich nicht schlau werde. Was ich mit Sicherheit weiß, ist, dass Quinn Buckleys Ehemann der Vizepräsident von Health Partners ist. Du hast gemeint, dass drei der Opfer in Krankenhäusern gearbeitet haben, die Health Partners gehören. Und Whitney bekommt E-Mails mit Gedichten, die an den Tatorten gefunden wurden. Da du sagtest, dass niemand von den Gedichten wusste, bedeutet das, der Mörder hat Kontakt mit ihr aufgenommen. Ich habe nicht beantragt, dass ihr Auto auf Sabotage untersucht wird, weil es nach einem ganz normalen Unfall aussah. Aber wenn du willst, kann ich das sofort nachholen. Außerdem müssen wir uns wohl Jake Buckleys Reisepläne der vergangenen Monate mal genauer anschauen, oder?”
Baldwin streckte seine Finger über der Laptoptastatur aus. Er biss sich auf die Unterlippe, dachte nach.
“Die letzte E-Mail kam nach Whitneys Unfall, richtig?”
“Richtig. Du kannst noch mal auf die Uhrzeit gucken, aber es war definitiv, nachdem Whitney bereits tot war. Warum? Was denkst du?”
“Ich denke, der Mörder weiß noch nicht, dass Whitney tot ist. Was bedeutet, dass er nicht hier in Nashville ist, denn ich nehme an, dass hier in den letzten Tagen viel über Whitneys Unfall berichtet worden ist.”
“Ja, es gab viele Nachrufe. Ihr Werdegang, ihre Auszeichnungen, ihr journalistisches Schaffen, solche Sachen. Nichts über ihre und Quinns Entführung. Nur sehr süße, respektvolle Geschichten. Man könnte meinen, sie wäre die beste Freundin aller Menschen in dieser Gegend
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