Taylor Jackson 03 - Judasmord
komplizierter. Sie war es, die ihn 2006 verraten hat. Sie hat ihn wortwörtlich dabei erwischt, wie er bis zu den Ellenbogen in dem blutigen Bauch einer Berliner Prostituierten steckte. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, also ist sie weggelaufen. Sie ging zum Konsulat und hat dort alles erzählt. Ich wurde kurz darauf angerufen – nachdem die Information einmal die Runde gemacht hatte, ist mein Kontaktmann auf den Vorfall aufmerksam gemacht worden. Aiden war aus dem Ruder gelaufen, machte jetzt ‚sein eigenes Ding‘, wie sie es nannten.“ Er schwieg einen Moment, doch als sie ansetzte, etwas zu sagen, drückte er ihren Arm, um sie zu unterbrechen.
„Ich weiß, was du fragen willst. Warum sollte er hinter dir her sein?“
Sie nickte.
„Bisher gab es nichts, mit dem Aiden mich hätte aus der Deckung locken können. Als Gegner hegte er immer eine gewisse Art … ich würde beinahe sagen Respekt für mich. Und ich für ihn. Er ist einer der komplexesten Mörder, von denen ich je ein Profil erstellt habe. Neben ihm sieht Ted Bundy aus wie ein Schulabbrecher. Aber jetzt … jetzt habe ich dich. Jetzt bin ich verwundbar. Nach allem, was wir wissen, hat er uns in Italien zusammen gesehen. Das ist die einzige Möglichkeit, die wir uns vorstellen können, wie er von der Intensität der Bindung Wind bekommen hat, die für mich nun auf dem Spiel steht. Mich umzubringen liegt nicht in seinem Interesse. Dich umzubringen würde mir unvorstellbares Leid zufügen. So denkt er. Das Problem ist: Bis er wirklich hier aufgetaucht ist, konnten wir uns seiner wahren Intentionen nicht sicher sein.“
Er drückte ihren Arm erneut. „Es gibt noch mehr, was du wissen solltest.“ Er stand auf, zog sich seine Boxershorts über und setzte sich in den Stuhl gegenüber vom Bett. Die Tatsache, dass er körperlichen Abstand von ihr nahm, war verwirrend. Taylor hatte das Gefühl, die Beichtmutter für ihn zu spielen. Und sie hatte recht.
„Ich habe Aidens Frau umgebracht.“
Taylor sah ihn aus großen Augen an. „Was soll das heißen, seine Frau umgebracht?“
„Es war ein Unfall. Ein fürchterlicher Unfall. Sie kam hinter mir her, und ich habe sie erschossen. Es war Notwehr. Zumindest hat Garrett es so genannt. Ich denke, ich hätte die Sache anders handhaben können. Ich hätte in der Lage sein müssen, sie abzuwimmeln. Aber sie hat mich für Aidens Probleme verantwortlich gemacht.Mich beschuldigt, ihn zu dem Monster gemacht zu haben, das er geworden war.
Nachdem sie ihn mit der Prostituierten erwischt hatte, entschied sie, dass sie Hilfe brauchte. Ich half ihr, direkt vor Aidens Augen unerkannt das Land zu verlassen. Ich wusste, dass er ihr nachstellen würde, denn er hatte mir versprochen, sie zu töten. Als er zu ihr kam, hatten wir sie gerade erst weggeholt und in einem sicheren Haus in Wien untergebracht. Er hat die Adresse herausgefunden. Ich habe die Warnung erst kurz vor seinem Auftauchen erhalten und Lucy gerade einmal fünf Minuten, bevor er eintraf, herausgeholt.
Ab da lief alles schief. Ohne es uns zu sagen, hatte Lucy mit Aiden vereinbart, dass er zu ihr kommen sollte. Sie wollte mit ihm zusammen sein, half ihm, einen Plan zu schmieden, um uns aus dem Weg zu räumen. Ich kann mir nicht vorstellen, was in ihrem Kopf vorging. Immerhin hatte sie doch gesehen, wie ihr Mann eine andere Frau geradezu abgeschlachtet hatte. Aber irgendwie war sie Aiden hörig.
Wir zwangen sie, das Haus zu verlassen. Sie wollte nicht gehen. Kam mit Ausreden, die wir ignorierten. Im Auto zog sie dann ein Messer und griff mich damit an. Ich war total unvorbereitet und reagierte entsprechend. Ich habe ihr ins Bein geschossen, um sie aufzuhalten. Dabei habe ich eine Arterie getroffen. Sie ist verblutet, bevor wir noch am Krankenhaus ankamen.“
Guter Gott. „Und Aiden hat dir nie vergeben.“
„Nein. Ich habe sie ihm genommen. Sie wurde in den Staaten beerdigt, und er hat ihr Grab noch nie gesehen. Er schwor, mein Leben zu einer ebensolchen Hölle auf Erden zu machen, wie seines es war. Deshalb habe ich mich bisher auch nie wirklich auf jemanden eingelassen. Doch jetzt gibt es dich. Ich konnte nicht anders. Du bist meine Welt geworden. Und das weiß er.“ Er sah aus, als wollte er noch etwas sagen, doch er blieb stumm und suchte in ihrem Gesicht nach irgendwelchen Hinweisen. Taylor spürte die Wellen der Frustration, die von ihm ausstrahlten.
Sie ging zu ihm, kniete sich vor ihn hin und nahm seine Hände in ihre. „Oh Baldwin. Das
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